^ In der russ. Provinz Finnland herrscht eine
arge Hungersnoth. Wegen Mangel an Futter muß
das Vieh geschlachtet werden und das Korn reicht nicht
mehr bis zur nächsten Ernte. Während wir uns
Hierzuland eines ungewöhnlich milden Winters zu er
freuen haben, herrscht in der Türkei strenge Kälte.
Man erzählt?, daß auch im Jahre 1834 ein außeror
dentlich mildes Wetter ^während des ganzen Januar
herrschte und erfolgte ein äußerst fruchtbarer Sommer. —
Auch in Norddeutschland ist keine Kälte, im Januar
sproßten in Hamburg schon die Tulpen im freien Lan
de. — Schon vor drei Wochen fand man hier blü
hende Husiattig (Rüfiblümchen) und die Bienen sam
melten von ihm Blumenstaub. —
Berichte aus Posen lauten: Die Saat schießt
mit Macht empor, die Weide ist voller Kätzchen die
Fliederknospen dem Aufbrechen nahe, Veilchen und Gän
seblümchen stehen in voller Blüthe, in zwei Gärten so
gar veredelte Rosen. Man sieht einen blühenden Kirsch
baum, auf dem sich sogar die Früchte zu entwickeln be
gannen." — In dem Tagebuche eines verstorbenen
Bauern im Gothaischen steht aufgeschrieben, daß der
Winter 1796 ein eben so milder gewesen sei, die Wär
me wäre so bedeutend gewesen, daß der betreffende
Bauersmann am 6. Februar auf einer von ihm be
wässerten Wiese einen Schiebkarren frischen Grases ab
gemäht und gefüttert habe. Derselbe bemerkt jedoch,
daß das Vieh es nicht so gern hätte fressen mögen wie
im Frühling oder Sommer gemähtes. Ein paar Tage
darauf wäre es jedoch zugewintert und nicht wieder
aufgethaut bis Ende April. Einer dem es der Enkel
des Kälberfelder Bauern selbst erzählt hat. Aber was
ist all' das gegen die südlichen Länder? In Italien
blühten Mitte Januar Mandeln, Veilchen u. a.
Die Viehseuche macht in England immer
mehr Fortschritte; 128,000 Stück sind gefallen, Nie
mand weiß Rath, Regierung und Wissenschaft sind
gleich unmächtig. An dieser Seuche sollen in Frank
reich einst 10 Mill. Rinder zugrunde gegangen sein.
Allerlei höhere Tugenden? Daß es höheren
Blödsinn gibt — ist bekannt, auch höhere Gastlichkeit
gibt's. Davon hab ich ein Beispiel erlebt. Ich war
mit Familie bei einem Freunde auf dem Lande. Auf
einmal sieht er durchs Fenster eine Dame mit 4 Kin
dern aus der Stadt kommen. Donnerwetter! da kommt
die schon wieder. Er springt auf und ruft in die Kü
che: Bärbel, es kommt Besuch, sag': wir sind alle fort,
kein Mensch zu; Hause. Wird der Herrschaft sehr leid
thun. So — nun mäuschenstill,' Alle hinter den Ofen
— keins anS Fenster! Draußen rüuscht's — Bärbel
spricht: 's ist kein Mensch zu Hause, wird der Herrschaft
sehr leid thun! Der Besuch zieht ab — und im tief
ten Basse spricht der Hausherr: das ist höhere Gast,
'reundschaft! — Jetzt gibt's nun auch höhere Oeko-
nomIe es will eben alles immer höhet hinauSi Da
ist ein Bauet ^ ili siNem guten Dörflein, ^ im Amts
bezirk des Herzogthums — der Mann hat auf ein Paar
Ochsen zu bauen, hat aber weder Frau noch Kinder
vielleicht auch aus Oekonomie, die auch mancher Jung
geselle in der Stadt treibt. Er hat auch keinen Knecht
und keine Magd. Er besorgt Alles selbst, aber Alles!
Er ist ein Feind der Dampfdrefcherei, von der jüngst zu
lesen war. Er drischt mutterseelenallein, nicht im V.
Takt, sondern tick — tack, tick — tack. Dafür hat er
aber auch Getreide von 3 Jahren her im Stadel, von
allen Sorten. Nicht darin besteht der höhere Vortheil,
alle Körner herauszuklopfen, sondern viele darin zu las
sen ; so qibts das beste Futterstroh, brauchts keiner Schrot,
keiner Mitze an den Müller und gibt die fettesten Och
sen. Jetzund hat er kein Stückchen Vieh in allen Stäl
len, — so friert keins und fressen ihm das theure Fut
ter nicht. Im Frühjahr gibts noch Ochsen ze. genug.
Voriges Frühjahr kommt eine Saamenfrau zu ihm und
kramt ihre Waare auf seinem Tische aus. Gekehrt und
gewischt wird aus höheren Rücksichten natürlich nicht.
Einige Runkelkerne bleiben liegen, sie gehen auf, wach
sen fröhlich fort und im Herbste hat der Mann die
schönsten Runkeln in der Stube gezogen. Kartoffeln
baut der Mann auch. Er kocht für sich allemal auf 8
Tage und ißt sie kalt. Seine Ersparnisse steckt er in ei
nen Topf unter das niegemachte Bett, so braucht's kei
nen Sekretär, keine Kommode, kein Portemonnai; ein gu
ter Freund holt sie von dort, einmal zur Hälfte, einmal
ganz, freilich gegen den Willen des Besitzers. — sv
braucht er keine Sparkasse, keinen Banquier, keine Kon
sense, keine Staatspapiere. Ist das nicht höhere Oeko
nomie? Wenn's unser lieber Oekonomierath erfährt —
der Mann kennt keinen Neid — er läßt sich den zum
Kollegen beisetzen mit dem Titel: höherer Oekonomie
rath ! Dfztg.
Literartfches.
Unterhaltungslektiire. Unter der Menge gegenwärtig
erscheinender illustrirter Unterhaltungs-Blätter verdient
„die Stadtglocke" (Verlag von A. Kröner in
Stuttgart), welche in Süddeutschland, besonders in
Schwaben, eines großen Leserkreises sich erfreut, auch
bei uns im Norden mehr und mehr sich einzubürgern.
Ein reicher und gediegener Inhalt, der vorzugsweise in
ansprechenden Erzählungen, interessanten Geschichts- und
Sittenbildern, Schilderungen fremder Länder besteht, die
frische, populäre Darstellungsweise, sowie die Schönheit
und Treue der Illustrationen machen „die Stadtglocke"
zu einer schätzbaren Lektüre, deren Anschaffung bei dem
billigen Preise voti 20 Nkr. für dctö Monatsheft auch
den unbemittelten vergönnt ist.
(Vösstscht Zeitung.)