nicht blos Kleinigkeiten, sondern auch ganze Stücke Tuch,
Leinwand, ganze Schachteln mit Seidenzeug, Hüte, halb-
dutzendweiS, Talma'S sammt Holzgestell, ganze Zuckerhüte
zc. unvermerkt zu anneriren. Nachdem an mehreren
Orten die Verluste bemerkt waren, auch der Verdacht
sich auf diese Personen gelenkt hatte und Anzeige auf
der Stadtpolizei erfolgt war, bagann die Thätigkeit der
Polizeimannschaft. Ehe aber diese die losen Vögel er
wischte, gelang es einem Handelsmanne der Stadt, auf
ihre Spur zu kommen. Als am vorletzten Samstag,
den 24. November, abermals alle drei Weibspersonen,
auf die er Verdacht geschöpft hatte, bei ihm zugespro
chen hatten, schickte er ihnen seinen Knaben zur vorsich
tigen Verfolgung nach, welcher ihnen bis St. Georgen
nachging, wo sie ihm dann entschwanden. Das führte
zur sofortigen Aufsindung des Diebsnestes, wo die un
zähligen gestohlenen Gegenstände unter dem Holz, Reis
wellen, in Strohsäcken zc. verborgen waren. Viele der
selben stammen noch von Kempten her, wo die Familie
früher gehaust hatte; doch füllt das, was in der kur
zen Zeit ihres Hierseins in der Stadt gesammelt wurde,
einen großen Saal vollkommen an. Das kleine Mäd
chen, das zu diesem Gewerbe gezwungen wurde, hörte
oft die Stimme des Gewissens, äußerte Bedenken und
Drohungen, wurde dann aber durch ^Schlüge und Nah
rungsabbruch wieder eingeschüchtert.
Bern. Eine Frau in Sonvillier beging die Unvor
sichtigkeit, bei Licht eine Lampe mit Petroleum zu füllen
und kam dabei der Flamme so nahe, daß der Inhalt
der Flasche in Brand gerieth. Vor Schmerz uud Schre
cken ließ die Frau die Flasche fallen, das brennende
Petroleum verbreitete sich im Zimmer, die Vorhänge lo
derten auf und mit Mühe wurde der Brand gelöscht.
Die Frau hat beide Hände verbrannt, ihrem Kinde
brannten die Kleider lichterloh und einem Arbeiter sind
ebenfalls die Kleider und die rechte Hand verbrannt.
— Ein Vagant aus dem Kanton Thurgau, der in
Ebnat eine Uhr gestohlen, stand letzthin wegen Diebstahls
vor Bezirksgericht Neutoggenburg. Nach Anhörung der
Amtsklage begann derselbe seine Vertheidigung damit,
daß er behauptete, das Gericht dürfe ihn aus dem Grunde
nicht strafen, weil ein Beweis für das eingeklagte Ver
gehen nicht vorliege, denn es habe ihn Niemand gesehen,
als er die Uhr gestohlen. Für diesen Rechtsgrundsatz
berief er sich sogar auf die alten Römer. Das Gericht
war indeß anderer Meinung und verurtheilte ihn zu 2
Monaten Arbeitshausstrafe.
Für das Abliefern eines genau beschriebenen Ratten
pinschers wird in Maueranschlägen in Wien 200 Gul
den geboten. Diese Anzeige hat ihre eigene Geschichte.
Der Hund gehörte einer jungen schönen Dame, die ihn
nebst einer halben Million Gulden von ihrer Tante ge
erbt hatte. Die reiche, schöne Dame hatte auch einen
Courmacher, den das häßliche, bissige, verwöhnte Thier
oft ärgerte. Die einzigen Streitigkeiten zwischen Ihr
und Ihm gabs über den Hund. Eines TageS war er
verschwunden, der Diener der Dame hatte ihn auf der
Straße ausgesetzt und vorder von dem Bräutigam ein
gutes Trinkgeld zc. erhalten. Die Braut war trostlos,
todtunglücklich. „Aber warum, meine Theure? Ein so
häßliches Ähier!" Weißt Du's denn nicht? Meine Tante
hat mir das Geld nur unter der Bedingung vermacht,
daß ich den Hund bis an sein natürliches Ende treu
verflöge; wenn nicht, so fällt die Erbschaft an die Ar
menkasse. — Der Mann erschrack, das hatte er nicht
gewußt und daher die Prämie. Leider läßt aber auch
die Armenkasse nach dem Hunde suchen. Da sitzt der
Hacken.
Wenn Napoleon nur lesen wollte, was ihm Freude
macht, so dürfte er die geheimen Polizeiberichte nicht
mehr lesen. Aus diesen geht hervor, daß sein Stern
und seine Popularität gewaltig im Sinken ist; alle
Welt in Paris und in den Provinzen raisonnirt und
zwar viel ungenirter als je vorher. Napoleon liest diese
Berichte mit großer Aufmerksamkeit und überlegt sich, ob
er ein Sicherheitsventil an der Staatsmaschine öffnen
muß und welches!
Das Schwurgericht zu Paris hat 5 Mitglieder der
Erdroßlerbande zur Galeere verurtheilt und zwar de
ren Chef Eadot zu lebenslänglicher. Es waren 450
Fragen zu beantworten. (Das Handwerkszeug dieser
Pariser Thugs war ein verbesserter mexikanischer Lasso,
d. h. ein starker Lederriemen mit einer Schnalle, der
nächtlichen Wanderern rücklings übergeworfen und so
lange zugezogen wurde, bis das Opfer in Ohnmacht
fiel, worauf sie es rasch ausplünderten.) Man fürchtet,
daß noch andere unbekannte Mitglieder der Bande in
Paris mstiren.
Das neue französische Heer soll 800,000 Mann
stark werden; 400,000 Mann bilden die aktive Armee,
400,000 die Reserve, die Natiönalgarde wird auf 300,000
Mann gebracht. Die Dienstzeit beträgt sür die aktive
Armee wie für Reserve 6 Jahre. An den neuen Ge
wehren wird in Frankreich, Belgien und England eifrig
gearbeitet; auch in Suhl geschahen Anfragen, ob man
nach dem vorgelegten Muster monatlich mindestens 3000
Stück fertigen könne. (Der Antrag soll abgelehnt wor
den sein.)
Der französische Militiir-Ctat für 1867 beträgt
340,762,000 Francs für ordentliche, 4,801,000 Francs
für außerordentliche Ausgaben.
Lamirand, Kasfirer der Bank von Frankreich entfloh
mit 400,000 Franks und wurde ergriffen. Vor dem
Gerichte sagte er: Ich konnte nicht mit leeren Händen
abreisen; wäre ich ab er ein Dieb gewesen, so
hätte ich 5 Millionen mitnehmen können. Braver
Mann!
In St. Etienne hat ein Herr Tracol eine Erfindung
gemacht, welche den Seidenwürmern gefahrlich werden
kann. Er zieht nämlich Seide aus den jungen Schos
sen der Maulbeerbäume. Personen, welche nähere Ein
sicht genommen haben, sind von dem Erfolge überzeugt.
In London hat sich das Gerücht verbreitet, der Prinz
Von Wales, der englische Thronfolger, sei in Peters
burg vom Pferde gefallen und gestorben. (?)
Die amerikanische Polizei scheint so lange Arme zu
haben wie ein König. Der Hauptanstifter der Ermor
dung Lincolns war John Surrat, er entkam über