Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

die Schweizer nach Frankreich. — Bei Hofbällen und 
Tafeln tragen die Diener Napoleons Livreen, die 
nur ein einziges winu'ges Iäschlein für das Schnupftuch 
haben. Diese E» findung hat der „Hofmarschall, wie er 
sein soll" in Hannover gemacht. Verwunderlich ist nur, 
daß die Pariser Zeitungen sagen, es wäre gut. wenn 
auch manchem Eingeladenen die Taschen zugenaht wür 
den. — In der Nähe von Paris besteht eine Tuch 
fabrik. Sie erzeugt ihr Produkt aus Abfällen, 
Lumpen und ein wenig Wolle. 4865 hat sie an 3 
Mill. Ellen fabrizirt und 16 Mill. Franken eingenom 
men, davon die Hälfte für Arbeitslöhne abfällt. — Die 
zwei großen Pariser FastnachtSochsen wiegen 27 und 25 
Zentner Lebendgewicht. 
— Von Peter Mai er, dem Wirth an der Mahr, 
und Kriegskameraden Andreas Hofer's, ist in der Ge 
schichte nicht die Rede, und doch ist der schlichte Mann 
den größten Männern vergleichbar. Er hatte anno Neun 
für die Befreiung seines Vaterlandes tapfer gestritten 
und glaubte es nicht, daß unkerdeß sein Kaiser mit den 
Franzosen Friede gemacht und Tirol-preisgegeben hatte. 
Er schlug noch einmal mit dem Kapuziner Haspinger 
auf die Franzosen los, wurde mit den Waffen in der 
Hand ergriffen und von dem Kriegsgericht zum Tode 
verurtheilt. Alles verwendete sich für den braven Mann, 
seine Frau kam gesegneten Leibes zu dem General Pa 
raguay d'Hilliers und bat ihn vom Tode los und wurde 
von der G.'neralsfrau unterstützt. Das Urtheil wurde 
kassirt, der General ließ dem Wirth sagen, er werde 
freikommen, wenn er erkläre, er habe das Edikt des 
Vizekönigs von Italien vom 12. November 1809 nicht 
gekannt. Dieses nämlich drohte Allen die Todesstrafe, 
welche von da an noch die Waffen ergreifen würden. 
Peter Maier aber sagte: „D es L e b e n s halber lü g' 
ich nicht!" — und blieb dabei. So mußte er erschos 
sen werden und ward es auch an demselben Tag wie 
Hofer. 
Die letzte Stunde eines großen Mannes- 
Mafsimo d'Azeglio, ein großer italienischer Patriot, ist 
jüngst dahin gegangen, aufrichtig betrauert von den Be 
sten seines Volkes. Eine seltene Geistesfrische und Hei 
terkeit- war ihm während seines Lebens eigen und ver 
ließ ihn auch nicht auf dem Sterbebette. Seine Freunde 
umstanden das Sterbebett; einer derselben bedauerte, daß 
d'Azeglio so lange auf seinem Landgute geblieben wäre, 
er hätte dasselbe vor dem Winter verlassen und mit ei 
nem südlichen Aufenthalte vertauschen sollen. Lächelnd 
bemerkte der Sterbende: „Ja, du hast recht; Wachteln 
und Schwalben waren klüger als ich, sie traten ihre 
Reise bei Zeiten an; ich werde nun zur Strafe eine 
weite Reise machen müssen, aber gottlob die letzte." Ei 
nen Tag vor seinem Scheiden wandte er sich an seinen 
Schwiegersohn: „Höre, wenn ich gestorben sein werde, 
so laß mich ein wenig ausruhen von dem Schmerz, den 
ich in den letzten Tagen ausstehen mußte. Begrabt mich 
nicht sogleich, denn ich muß auch wenigstens ^8 StuN' 
den Athem schöpfen. Erlaubt aber nicht, daß die Aerzte 
inzwischen mit ihren Messern und Sonden an diesem 
Wrack (Trümmern) herumlabon'ren, denn ich will nicht, 
daß mein Eingeweide wie die Schienen einer Eisenbahn 
untersucht werden, während der Maschinist und die Lo 
komotive im Grabe liegen." 
Die Trichinen. 
Ein neuer Todfeind des Menschen ist in den Trichi 
nen oder Haarwürmern entdeckt. Namentlich in Mittel- 
und Norddeutschland haben schon viele Menschen den 
Tod durch diese Thierchen gefunden und alle Zeitungeil 
bringen Berichte über Trichinen. Wir entnehmen der 
Hildburghauser „Dorfzeitung" nachfolgende Abhandlung 
von Dr. E. Eberhard und Reallehrer Sollmann in 
Eoburg. 
Die Entdeckung dieses dem unbewaffneten Auge un 
erreichbaren Entozoen (Eingeweiyethier) fällt in den An 
fang der 30er Jahre, wo in den Londoner Spitälern 
mehrere Fälle seines Auftretens beobachtet wurden. Der 
Wurm erregte zunächst nur bei den Naturforschern und 
Aerzten Interesse und Aufmerksamkeit. Doch im letzten 
Dezennium traten in Mitteldeutschland, namentlich in 
der Provinz Sachsen, förmliche Trichinen-Epidemien in 
einer Intensität und einem Umfang auf, daß großes 
Unglück über viele Familien, Angst und Schrecken über 
ganz Deutschland gebracht wurde. Das bebende Zagen 
vor dem Genuß ungeprüften Schweinefleisches ist kaum 
geringer, als das Entsetzen vor dem unheimlichen Gast 
aus dem Orient, vor der Cholera, die jetzt über diesel 
ben Gegenden ihre Geißel schwingt. Viele entsagen voll 
ständig und hartnäckig dem Genuß des unheilfchwange» 
ren Fleisches. Es droht einem wichtigen Zweige der 
Oekonomie und der daran sich knüpfenden Industrie 
schwere Einbuße, die sich gerade den Aermeren nicht am 
wenigsten fühlbar machen dürfte. Doch glücklicherweise 
hat dieselbe Wissenschaft, die den Feind entdeckte, auch 
das Mittel der Abwehr gefundeu, das nur rechtzeitig 
angewendet werden muß, um alle Gefabr zu beseitigen. 
Dieses Mittel — das einzig wirksume — ist das 
Mikroskop. Weder die Schärfe des bloßen Auges, 
noch die schwache Vergrößerung der Lupe reicht aus, 
den Feind zu erspüren; noch viel weniger wird die Tri- 
chinenbehaftung eines Thieres durch das. bloße Aussehen 
verrathen. Die Sanitätspolizei thut wohl daran, sich 
rechtzeitig mit der einzig wirksamen Wehr zu waffnen. 
Werden nicht von den Behörden die energischsten Mittel 
zur Aufspürung des Unheils an seiner Ursprungsstätte 
getroffen, wer steht dafür, daß nicht auch das Verbre 
chen sich dieses Mittels bediene, da ein Stückchen von 
Nußgröße ausreicht, den Nebenmenschen ins Elend oder 
in den Tod zu stoßen? 
In einem trichinenbehafteten Schweine ist das Mus, 
kelfleisch mehr oder minder stark durchsetzt mit mikrosko 
pisch kleinen Kalkkapseln, in deren jeder spiralig aufge 
rollt ein einziges durchscheinendes Würmchen — 1'riekms 
spirali« — ruht. In einer Kubiklinie kommen zuweilen 
zehn bis zwanzig Kapseln mit je einem Thiere, selten mit 
zweien vor, somit in einem Kubikzoll an 18—36M0 
Stück. Wäre die Trichinosis stärker gewesen — wie Ke 
stch bei Menschen findet, die an der Krankheit gestorben
	        

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