Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1866)

den alle Strenge auf die Vertilgung der Kranken, das 
Schlachten der angesteckten oder der Ansteckung verdäch 
tigen Thiere. Wir zerstören oder vergraben solche Ge 
genstände, die durch Besudelung mit Abfällen von Kran 
ken verunreinigt sind, und wo dieses Verfahren nicht 
zulässig ist, desinfiziren wir nach wissenschaftlichen 
Grundsätzen. Bis zur vollständigen Reinigung eines 
Stalles, einer Ortschaft oder Gegend wird jegticher Ver 
kehr derselben strengstens abgesperrt, und zur Erreichung 
dieses Zweckes werden weitere Sicherheitsmaßregeln ge 
troffen. 
Der Unterzeichnete ist vom schweizerischen Bundes 
rath bevollmächtigt, in Verbindung mit den Kantons 
regierungen diejenigen Anordnungen zu treffen, welche 
zur ^Tilgung der Seuche und Verhütung neuer Ein 
schleppungen erforderlich sind. 
In erfreulicher Uebereinstimmung beeilen sich die Be 
hörden überall in der Durchführung der erforderlichen 
Maßregeln. Die entdeckten Seuchenheerde wurden schnell 
getilgt. Eine fernere Gefahr besteht nur, wenn weitere 
Verschleppungen erfolgt sind, als bisher ermittelt werden 
konnte. Leider ist es bis zur Stunde noch nicht gelun 
gen, alle Stücke östreichischen Viehes zu entdecken, wel 
che von der kranken Heerde in unser Land kamen. Bis 
dieses geschehen, haben wir keine Sicherheil, daß die 
Seuche nicht wieder ausbreche. 
Jedermann ist deßhalb verpflichtet, wenn er Spuren 
von verdächtigen Thieren kennt oder von krankem Viehe 
weiß, hievon ungesäumt der nächsten Beamtung Anzeige 
zu machen. 
Auch für Durchführung der angeordneten Tilgungs 
und Sperrmaßregeln muß allseitig auf Unterstützung und 
guten Willen gerechnet werden können. 
Wer unverschuldet durch polizeiliche Maßregeln sein 
Eigenthum verliert, darf auf Entschädigung aus öffent 
lichen Mitteln zählen. Den aber träfe schwere Verant 
wortung und Strafe, der durch Verheimlichung, Fahr 
lässigkeit oder Mißachtung amtlicher Anordnungen zur 
Ausbreitung der Seuche beitragen würde. 
Die Rmderheerden bilden einen wesentlichen Tbeil un 
seres Nationalreichthums. In manchen Gegenden sind 
sie fast die einzige Habe. Durch die Rinderpest könnte 
dieselbe in kurzer Zeit vernichtet werden. 
Dieses Unglück zu verhüten, ist heute unsere erste 
Aufgabe. Bei Lösung derselben gelte die alte Schwei- 
zertegel: „Einer für Alle und Alle für Einen", dann 
dürfen wir getrost schnelle Befreiung von dem eingedrun- 
genen Feinde hoffen, und können den Verkehr bald wie 
der von seinen lästigen Fesseln befreien. 
Zürich, 1. Oktober 1866. 
Der außerordentliche Bevollmächtigte 
des schweiz. Bundesrathes: 
R. Zangger." 
Außer den bekannten Fällen ist die Seuche bis jetzt 
noch in Au bei Altstätten und in Tablat bei St.Gallen 
zum Ausbruch gekommen. Auf östreich. Seite zeigte sie 
sich nebst Dornbirn auch in Bregenz. Im Vorkloster 
(Mehrerau) wurden nach einem Berichte der Feldk. Ztg. 
am 3. Oktober 2 Stücke und am 4. in zwei Stallun 
gen 4 Stück gekeult und mit Haut und Haaren ver 
scharrt, darunter 3 prachtvolle Milchkühe. — Ein gutes 
Mittel, um das Uebel von den Stallungen abzuhalten, 
soll darin bestehen, daß man 1) jeden Morgen die Stal 
lung lüftet (was auch sonst gut sein mag); 2) die 
Fliegen austreibt, 3) ein glühendes Eisen (Bügelstein) 
auf eine Platte oder Schüssel legt und im Stalle Essig 
darauf gießt. 
— Am 4 kamen in Lindau 28 Stück Vieh, welche 
im Montason angekauft und über Göhis, Lustenau und 
Fußach nach Lindau transportirt und dort einige Zeit 
in Kontumaz gehalten wurden, auf die Eisenbahn mit 
der Bestimmung nach Günzburq. 
— Nach den neuesten Berichten sind in Dornbirn 
weiter keine Erkrankungen vorgekommen und man darf 
somit Hoffnung fassen, daß die Seuche unterdrückt werde. 
Liechtenstein ist bis jetzt von der Rinderpest verschont 
geblieben. Es wurden aber alsbald nach den ersten 
Gerüchten von der fürstl. Regierung die umfassendsten 
und durchgreifendsten Schutz-Maßregeln ergriffen. 
Betreffend die Einschleppung der Rinderpest schreibt 
eine St. Galler Ztg. folgendes: 
Der Viehhändler Herrlimann von Bregenz hatte 40 
Stück ungarische Ochsen nach Vorarlberg gebracht. Da 
von wurden 3 Stück nach Dornbirn und 11 nach der 
Schweiz verkauft. Die in Dornbirn erkrankten sofort 
an der Rinderpest, sowie die 3 Stück welche nach Ehur 
kamen. Von den 11 nach der Schweiz transportirten 
Ochsen weiß man genau wo 7 hingekommen, der gegen 
wärtige Standort der übrigen 4 konnte noch nicht er 
mittelt werden; man vermuthet aber sie seyen in den 
Bezirk Bischosszell (Thurgau) gelangt. In dem Stall 
der sogenannten Lukasenmühle bei St. Fiden (St. Gal 
len), wo die Seuche ebenfalls ausbrach, war einer jener 
Ochsen eingestellt gewesen. Der Rest der ungarischen 
Heerde — 26 Stück — wurde von Bregenz nach Bay 
ern getrieben, wo die gleichen Erfahrungen wie in der 
Schweiz damit gemacht werden! Wie das „Bündner 
Tagblatt" berichtet, ist auf strenge Untersuchung gegen 
den in Bregenz wohnhaften Händler Herlimann gedrun 
gen worden. Es sollen schwere Jnzichten vorhanden 
sein daß er von dem Zustand seiner Heerde Kenntniß 
hatte. 
Ueber die Folgen der Rinderpest sagt ein Korre 
spondent des Winterth. Landb.: Man scheint sich in der 
Schweiz keinen recht deutlichen Begriff zu machen von 
der tiefgreifenden Kalamität, welche diese Seuche mit 
sich bringt und welche England und Holland eben in 
hohem Grade durchgemacht haben. In Holland wurde 
man die Pest fast 1^ Jahr nicht mehr los, obwohl 
die Kammern sich's eine Masse Geld nicht reuen ließen, 
die Eigenthümer der kranken Thiere förmlich zu erpro- 
priiren, um dle letztern abthun lassen zu können. Die 
Ansteckung ist so groß, daß ein Stück Holz, welches mit 
einem kranken Thiere in Berührung gekommen, Gras, 
auf welchem ein solches geweidet, noch nach Tagen ein 
gesundes anstecken kann. Das Fleisch kostet in Folge 
der Rinderpest in Amsterdam zwischen 1 und 1^ Gul 
den, Milch ist fast nicht zu bekommen. Welcher Scha-
	        

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