Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

schluß dem Rechte entspricht, das ist eine Frage. Jeder 
Mensch ist von Geburt an der Gesellschaft, dem Staate 
verpflichtet, denn er kann nur in der Gesellschaft eristiren. 
ES ist also folgerichtig, daß Jeder dem Staate eine Ge 
genleistung macht. Wir verlangen nun diese Gegenlei 
stung in sehr niederem Maße, und erst dann wenn der 
Mensch erwerbsfähig ist, mit dem 18. Jahre. — Der 
heutige Beschluß weicht aber von diesem Grundsatze ab, 
indem er einer Klasse von Staatsbürgern die Vortheile 
der staatlichen Einrichtungen ohne Gegenleistung zukom 
men läßt. 
Kirchthaler: Mir scheint, es lag nicht ursprüng 
lich in der Absicht der Versammlung, diese Steuer fal 
len zu lassen; sondern durch die verschiedenen, sehr we 
nig abweichenden Anträge ist eine Begriffsverwirrung 
eingetreten. 
Reg.-Komm.: Die Regierung wollte mit dieser Per 
sonalsteuer eine zweifache Aufgabe ihrer Lösung entge 
genführen. Erstens sollte dadurch die Grundsteuer we 
sentlich entlastet werden, 2. war es in der Absicht,der 
Regierung im nächsten Jahre eine Revision und eine 
Ermäßigung der Tar- und Stempelgebühren vorzuberei 
ten. Dadurch hätte sich aber ein Ausfall in den Staats 
einnahmen ergeben, welcher auf andere Weife zu ersetzen 
war. Das sollte nun durch die Personalsteuer 3. Klasse 
geschehen. 
Präs.: Ich schlage diese Motive hoch an, allein noch 
höher steht mir, daß durch den Wegfall dieser Steuer 
das Recht verletzt wurde. 
Erni: Ich finde es sehr sonderbar, daß über einen 
Artikel debattirt werden kann, welcher bereits verworfen 
ist. Ueberdies sehe ich darin keine Rechtsverletzung. 
Recht wird nur verletzt, wenn ein Gesetz verletzt wird, 
so lange'noch kein Gesetz besteht, kann manlnur von Billig 
keit, aber nicht von Recht reden. Zudem haben wir 
ähnliche Vorgänge auch schon anderwärts, z. B. bei 
unserem Nachbarvolke im Kt. St. Gallen erlebt, wo 
Vorschläge der Regierung und der Vertretung vom Volk 
in letzter Instanz abgelehnt wurden. Ich sehe also nicht, 
wozu die Lamentationen über den durchgefallenen Para 
graphen dienen sollen, 
Präs.: Was Sie sagen, ist ganz richtig; immerhin 
aber soll man aus parlamentarischer Rücksicht der ge 
schlagenen Partei es gestatten, ihren Klagen Luft zu 
machen. — Es wird nun in der Debatte des Abschnit 
tes fortgefahren. 
Erni wünscht eine Abänderung des §. 63, welcher 
die Kapitalsteuer festsetzt und zwar zu ^ ^0- Im Kan 
ton St. Gallen seien Einkommen aus Dienstgehalt und 
aus Kapitalzinsen wenigstens gleichgehalten. Wir 
aber besteuern das Kapital noch mäßiger. Und doch 
sei die Lage eines Mannes der 10000 fl. auf Zins zu 
4 v/g stelle und davon 2 fl. Steuer zahle, eine ganz 
andere, als die Lage z. B. eines Schullehrers, welcher 
von 200 fl. Einkommen auch 2 fl. Steuer zu zahlen 
habe. Das ist kein billiges.Verhältniß. Ich mache den 
Antrag Kapitalzinse ebenfalls mit 1 zu besteuern. 
Präs.: Ich möchte nur anführen, daß dieser Gegen 
stand in der Kommission ernstlich erwogen wurde. Wir 
/ 
haben U ^ angenommen, weil dadurch wirklich eine 
Kapitalsteuer möglich wird, während mit 1 U nur eine 
Besteuerung des Hypothekarschuldners herbeigeführt wird. 
Besteuert man das Kapital zu hoch, so werden es die 
Eigenthümer zurückziehen, anderwärts anlegen, oder die 
Steuer auf Schuldner übertragen. 
Erni: Dem ist vorgebeugt durch die Wuchergesetze. 
Es darf keiner mehr als 5 ^ nehmen. 
UReg.-Komm. erinnert an die gegenwärtigen Geld 
verhältnisse, wo ein Kapitalist leicht 6, 7 und 8 ^ aus 
seinem Gelde durch Aktienunternehmungen :c. ziehen 
könne. Da seien die Wuchergesetze illusorisch, wenn sich 
ein Geldbedürftiger mit dem Wuchergesetz wappnet, dann 
wird er weit kommen. 
Erni: Ich wünsche, daß am gegebenen Orte über 
meinen Antrag abgestimmt wird. — Indeß habe ich noch 
einen andern Wunsch. Es heißt im Gesetz, daß dieje 
nigen Kapitalien, welche inländische Besitzer im Ausland 
angelegt haben, steuerfrei sein sollen. Ich sehe keinen 
Grund ein für diese Befreiung. 
Reg.-Komm.: Dann ist Liechtenstein das einzige 
Land, wo die Kapitalien doppelt besteuert werden. Nir 
gends wird ein solcher Vorgang angetroffen werden. 
Man besteuert allgemein nur die im Lande angelegtem 
Kapitalien, ebenso wie man nur den inländischen Boden 
besteuert. 
Nachdem nun die im IV. Abschnitt durch Hinwegfall 
der 3. Klasse bewirkten Aenderungen angebracht waren, 
erfolgt die weitere Annahme des Gesetzes unverändert 
(auch mit 1/2 "/o Kapitalsteuer) bis an's Ende. Der 
Namensaufruf über die Endabstimmung ergibt: 13 Stim 
men „Ja" — Marrer „Nein". 
Es erfolgt nun noch einstimmige Genehmigung dsr 
„Fondrechnungen pro 1864" und hierauf Schluß der 
Sitzung. 
Land und Hailstvirthschaftliches. 
IV.») 
Wie sind Durchforstungen zweckmäßig an 
zuwenden? 
Wenn die Durchforstung die angegebenen Vortheile 
gewähren und nicht nachtheilig werden soll, so muß über 
das Holzalter zum Beginne derselben, über deren Wie 
derholung in einem und demselben Walde, dann über 
die Richtung und Ausdehnung des DurchforstungS- 
hiebes nach den obwaltenden Umständen, erst entschieden 
werden. 
Das Alter der Wälder, in welchem die Durchforstung 
beginnen soll, ist dasjenige, wenn die Stämmchen schlank 
aufzuschießen beginnen, und der heftigste Kampf um Lust 
und Licht eintritt, was nach Verschiedenheit der Holzart 
zwischen dem 10—20jährigen Alter geschieht. 
*) Vergleiche Nr. 19.
	        

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