Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

Kommisfiionsbericht 
Wer den Entwurf einer Gewerbeordnung. 
Berichterstatter Abgeordneter Keßler. 
Geehrteste Herren! 
Ihre Kommission hat mir den Auftrag ertheilt, Ihnen 
über den von der fürstl. Regierung vorgelegten Entwurf 
einer Gewerbeordnung Bericht zu erstatten. 
Wie das Begleitschreiben der fürstl. Regierung sagt, 
weicht derselbe von der im vorigen Jahre eingebrachten 
Regierungsvorlage im wesentlichen darin ab, daß die 
Berechtigung zur selbständigen Ausübung von Gewerben 
im vorliegenden Entwürfe meistentheils nur von der 
Anmeldung der beabsichtigten Beschäftigung bei der Ge 
werbsbehörde abhängig gemacht wird, während in dem 
von der. Regierung zurückgezogenen Gesetzentwurf jede 
Gewerbsausübung an die Erwirkung einer behördlichen 
Kommission gebunden war. 
Es liegt also in dem neuen Entwurf gegen den frü 
heren gehalten ein wesentlicher Fortschritt im Sinne des 
freien Gewerbsbetriebs. Um den neuen Entwurf im 
Ganzen gehörig würdigen zu können, wird es nothwen 
dig sein, einen kurzen Rückblick auf den bisherigen Ge 
werbebetrieb im Fürstenthume zu thun. 
Der Gewerbsbetrieb im Fürstenthume war von Alters 
her fast ganz frei; nur wenige Gewerbe waren an eine 
amtliche Konzession gebunden, als Handels- und Wirth 
schaftsgewerbe; für die Mühlen- und Wasserwerkgewerbe 
bestand ein landesherrliches Regal, und für die Bier 
brauereien sogar eine Zeitlang ein Monopol. Seit dem 
Zoll- und Steuereinigungsvertrag mit Oesterreich haben 
wir auch das Salz-, Tabak- und Schießpulvermonopol. 
Von diesen Beschränkungen abgesehen konnte bisher Je 
der Gewerbe treiben, welche und soviel er wollte. Zünfte 
hat es im Lande niemals gegeben. Nicht einmal eine 
Anmeldung der freien Gewerbe war erforderlich. Allein 
der Gewerbstn'eb war durch kein Gesetz geregelt. Längst 
hat man den Mangel eines Gewerbgesetzes gefühlt und 
wiederholt Anlauf genommen, ein solches zu erlassen; 
das Vorhaben gerieth jedoch immer wieder ins' Stocken, 
und die altherkömmliche gewerbliche Ungebundenheit dauerte 
fort. 
Man kann nach der bisherigen Darstellung nicht er 
warten, daß uns das Gewerbegesetz eine größere Ge 
werbefreiheit gewähre, als welche wir bereits besitzen. 
Der Zweck , unseres Gewerbegesetzes kann nur der sein, 
in unser Gewerbswesen eine Ordnung zu bringen, ohne 
zugleich lästige Beschränkungen einzuführen. 
Damit ist auch der Standpunkt bezeichnet, welchen 
Ihre Kommission bei Beurtheilung des Gesetzentwurfs 
festhielt. 
Die Detailberathung des Entwurfs führte zu mannig 
fachen Abänderungsvorschlägen im Sinne des freien Ge 
werbebetriebs. 
I. Hauptstück. 
Der 8. 1 des Entwurfes wurde in folgender Fassung 
angenommen: 
8: 1 Der Gewerbebetrieb im Fürstenthum Liechten 
stein ist frei und der gleichzeitige Betrieb mehrerer Ge> 
werbe durch denselben Unternehmer gestattet, vorbehalt 
lich der in diesem Gesetze vorgesehenen Beschränkungen. 
8. 2 angenommen. 
8. 3 angenommen, nur die Worte zu streichen „und 
durch einen geeigneten Stellvertreter". 
8. 4— 3 angenommen. 
II. Hauptstück. 
Besondere Bestimmungen. 
s. statt freie Gewerbe ist zu setzen: Gewerbe zu deren 
Ausübung eine bloße Anmeldung genügt. 
8. 40 angenommen mit der Abänderung: 
Jeder Unternehmer einer gewerblichen Beschäftigung, 
deren Ausübung nicht an eine behördliche Bewilligung 
(8. 13) gebunden ist, hat von dem Antritt des Gewerbs 
davon dem Vorsteher des Betriebsortes schriftliche oder 
mündliche Meldung zu machen. 
In dieser Meldung zc. unverändert. 
8. It. I. Absatz angenommen nur ist statt „Be 
hörde" der Ortsvorsteher zu setzen. 
ll. Absatz in folgender Fassung: 
Im entgegengesetzten Falle weist er die Partei an die 
Gewerbsbehörde und untersagt derselben zc. 
Hierauf folgt neuer 8. als: 
8. 12. Ueber alle Gewerbsanmeldungen hat jeder 
Ortsvorsteher ein Verzeichniß zu führen und von Fall 
zu Fall auch die Gewerbsbehörde in Kenntniß zu setzen, 
b. statt „an eine behördliche Genehmigung gebundene 
gewerbliche Anlagen" ist zu setzen: Gewerbe 
deren Ausübung an eine behördliche 
Genehmigung gebunden ist. 
§. 12 des Entwurfes fallt weg. 
8. 13 mit folgender Fassung angenommen: 
Gewerbe deren selbständige Ausübung von einer be 
hördlichen Genehmigung abhängt, sind: 
a. alle Gewerbe zc. wie der Entwurf. 
b. sowie welche zc. wie der Entwurf, 
e. Rauchfangkehrergewerbe. 
6. die Abdeckereien. 
e. die Gast- und Wirthschaftsgewerbe. 
8. 14. In folgender Fassung angenommen: 
Die Genehmigung zur Erreichung der in vorstehendem 
8. !it. i». und b. erwähnten Betriebsanlagen, muß von 
dem Unternehmer bei der Regierung nachgesucht, und 
müssen dem Gesuche die zur Erläuterung erforderlichen 
Zeichnungen und Beschreibungen beigefügt werden. 
8. 15, 16 und 17 angenommen. 
8. 18 angenommen, nur ist der Zwischensatz zu strei 
chen: durch welche einer der in 8. 12 vorgesehener Um 
stände eintritt. 
8. 19 unverändert. 
8. 20 und 21 fallen weg. 
8. ?2 unverändert. 
8. 23 in folgender Fassung angenommen: 
Die Gasthaus- (Wirthschafts-) Gewerbe bedingen, daß 
der Unternehmer: 
s. einen guten Leumund besitze, 
I?. durch seiye persönlichen Eigenschaften die geordnete 
Führung einer Wirthschaft verbürge, 
e. ein geeignetes Lokal zum Wirthschaftsbetrieb besitze. 
Die Nachweisung der Bedingung o., hat der Gewerbs- 
werber selbst zu liefern; jene von s. und b. hingegen die 
Negierung von Ämtswegen einzuholen.
	        

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