Kommisfiionsbericht
Wer den Entwurf einer Gewerbeordnung.
Berichterstatter Abgeordneter Keßler.
Geehrteste Herren!
Ihre Kommission hat mir den Auftrag ertheilt, Ihnen
über den von der fürstl. Regierung vorgelegten Entwurf
einer Gewerbeordnung Bericht zu erstatten.
Wie das Begleitschreiben der fürstl. Regierung sagt,
weicht derselbe von der im vorigen Jahre eingebrachten
Regierungsvorlage im wesentlichen darin ab, daß die
Berechtigung zur selbständigen Ausübung von Gewerben
im vorliegenden Entwürfe meistentheils nur von der
Anmeldung der beabsichtigten Beschäftigung bei der Ge
werbsbehörde abhängig gemacht wird, während in dem
von der. Regierung zurückgezogenen Gesetzentwurf jede
Gewerbsausübung an die Erwirkung einer behördlichen
Kommission gebunden war.
Es liegt also in dem neuen Entwurf gegen den frü
heren gehalten ein wesentlicher Fortschritt im Sinne des
freien Gewerbsbetriebs. Um den neuen Entwurf im
Ganzen gehörig würdigen zu können, wird es nothwen
dig sein, einen kurzen Rückblick auf den bisherigen Ge
werbebetrieb im Fürstenthume zu thun.
Der Gewerbsbetrieb im Fürstenthume war von Alters
her fast ganz frei; nur wenige Gewerbe waren an eine
amtliche Konzession gebunden, als Handels- und Wirth
schaftsgewerbe; für die Mühlen- und Wasserwerkgewerbe
bestand ein landesherrliches Regal, und für die Bier
brauereien sogar eine Zeitlang ein Monopol. Seit dem
Zoll- und Steuereinigungsvertrag mit Oesterreich haben
wir auch das Salz-, Tabak- und Schießpulvermonopol.
Von diesen Beschränkungen abgesehen konnte bisher Je
der Gewerbe treiben, welche und soviel er wollte. Zünfte
hat es im Lande niemals gegeben. Nicht einmal eine
Anmeldung der freien Gewerbe war erforderlich. Allein
der Gewerbstn'eb war durch kein Gesetz geregelt. Längst
hat man den Mangel eines Gewerbgesetzes gefühlt und
wiederholt Anlauf genommen, ein solches zu erlassen;
das Vorhaben gerieth jedoch immer wieder ins' Stocken,
und die altherkömmliche gewerbliche Ungebundenheit dauerte
fort.
Man kann nach der bisherigen Darstellung nicht er
warten, daß uns das Gewerbegesetz eine größere Ge
werbefreiheit gewähre, als welche wir bereits besitzen.
Der Zweck , unseres Gewerbegesetzes kann nur der sein,
in unser Gewerbswesen eine Ordnung zu bringen, ohne
zugleich lästige Beschränkungen einzuführen.
Damit ist auch der Standpunkt bezeichnet, welchen
Ihre Kommission bei Beurtheilung des Gesetzentwurfs
festhielt.
Die Detailberathung des Entwurfs führte zu mannig
fachen Abänderungsvorschlägen im Sinne des freien Ge
werbebetriebs.
I. Hauptstück.
Der 8. 1 des Entwurfes wurde in folgender Fassung
angenommen:
8: 1 Der Gewerbebetrieb im Fürstenthum Liechten
stein ist frei und der gleichzeitige Betrieb mehrerer Ge>
werbe durch denselben Unternehmer gestattet, vorbehalt
lich der in diesem Gesetze vorgesehenen Beschränkungen.
8. 2 angenommen.
8. 3 angenommen, nur die Worte zu streichen „und
durch einen geeigneten Stellvertreter".
8. 4— 3 angenommen.
II. Hauptstück.
Besondere Bestimmungen.
s. statt freie Gewerbe ist zu setzen: Gewerbe zu deren
Ausübung eine bloße Anmeldung genügt.
8. 40 angenommen mit der Abänderung:
Jeder Unternehmer einer gewerblichen Beschäftigung,
deren Ausübung nicht an eine behördliche Bewilligung
(8. 13) gebunden ist, hat von dem Antritt des Gewerbs
davon dem Vorsteher des Betriebsortes schriftliche oder
mündliche Meldung zu machen.
In dieser Meldung zc. unverändert.
8. It. I. Absatz angenommen nur ist statt „Be
hörde" der Ortsvorsteher zu setzen.
ll. Absatz in folgender Fassung:
Im entgegengesetzten Falle weist er die Partei an die
Gewerbsbehörde und untersagt derselben zc.
Hierauf folgt neuer 8. als:
8. 12. Ueber alle Gewerbsanmeldungen hat jeder
Ortsvorsteher ein Verzeichniß zu führen und von Fall
zu Fall auch die Gewerbsbehörde in Kenntniß zu setzen,
b. statt „an eine behördliche Genehmigung gebundene
gewerbliche Anlagen" ist zu setzen: Gewerbe
deren Ausübung an eine behördliche
Genehmigung gebunden ist.
§. 12 des Entwurfes fallt weg.
8. 13 mit folgender Fassung angenommen:
Gewerbe deren selbständige Ausübung von einer be
hördlichen Genehmigung abhängt, sind:
a. alle Gewerbe zc. wie der Entwurf.
b. sowie welche zc. wie der Entwurf,
e. Rauchfangkehrergewerbe.
6. die Abdeckereien.
e. die Gast- und Wirthschaftsgewerbe.
8. 14. In folgender Fassung angenommen:
Die Genehmigung zur Erreichung der in vorstehendem
8. !it. i». und b. erwähnten Betriebsanlagen, muß von
dem Unternehmer bei der Regierung nachgesucht, und
müssen dem Gesuche die zur Erläuterung erforderlichen
Zeichnungen und Beschreibungen beigefügt werden.
8. 15, 16 und 17 angenommen.
8. 18 angenommen, nur ist der Zwischensatz zu strei
chen: durch welche einer der in 8. 12 vorgesehener Um
stände eintritt.
8. 19 unverändert.
8. 20 und 21 fallen weg.
8. ?2 unverändert.
8. 23 in folgender Fassung angenommen:
Die Gasthaus- (Wirthschafts-) Gewerbe bedingen, daß
der Unternehmer:
s. einen guten Leumund besitze,
I?. durch seiye persönlichen Eigenschaften die geordnete
Führung einer Wirthschaft verbürge,
e. ein geeignetes Lokal zum Wirthschaftsbetrieb besitze.
Die Nachweisung der Bedingung o., hat der Gewerbs-
werber selbst zu liefern; jene von s. und b. hingegen die
Negierung von Ämtswegen einzuholen.