Andrew Johnson.
So heißt der gegenwärtige Präsident der vereinigten
Staaten. Nach Lincolns Tod ist er berufen das Ruder
des von mächtigen Stürmen schwankenden Staatenschiffs
zu führen. Er ist 1808 geboren. Mit 4 Jahren ver
lor er seinen Vater; mit 10 Jahren trat er bei einem
Schneider in die Lehre und blieb 7 Jahre bei ihm. Seine
Mutter war arm und konnte nichts auf seine Erziehung
verwenden. Er war sein Lebenlang nie in einer Schule;
aber während er als Lehrling arbeitete, begann er sich
selbst zu unterrichten. Mit Beihilfe seiner Mitgesellen
lernte er lesen; und als er sich in den zwanziger Jah
ren verheirathete, lernte er von feiner Frau Schreiben und
Rechnen. Zu seinem Studium mußte er meist nur die
Nächte verwenden, brachte sich jedoch bald zu Ansehen,
so daß er schon 1828 zum Aldermann einer Gemeinde
erwählt wurde. 1835 wurde er in die Gesetzgebung (in
der Schweiz der Große Rath) gewählt, später 18^1
kam er in den Kongreß (Nationalrath); 1855 ward er
Gouverneur von Tennessee, 1864 Vizepräsident der Union.
Johnson hatte sich bei seiner Beeidigung als Vizepräsi
dent sehr verächtlich gemacht, indem er bei diesem feier
lichen Akte betrunken gewesen sein sott. Die amerikani
schen Zeitungen lassen ihm jedoch auch wieder Gerech
tigkeit widerfahren durch Anerkennung seiner großen
Vaterlandsliebe und seines unbeugsamen Muthes. Beim
Beginn des jetzigen Krieges stand er oft mit Lebensge
fahr für die Sache der Nordstaaten ein und bezeigte sich
stets als ein erbitterter Feind der Sklavenhalter. Soweit
es von ihm persönlich abhängt, glaubt man, werde er ein
schreckliches Blutgericht über die verruchte Rebellion er
gehen lassen. — Bedeutungsvoll aber erscheint es, daß
bei dem Untergange der Sklaverei und bei der endlichen,
unbedingten Anerkennung der allgemeinen persönlichen
Freiheit eines jeden Menschenkindes, gleichviel welche
Hautfarbe es trägt, daß bei dieser Ausgabe von der
Vorsehung Männer an die Spitze der Nation berufen
wurden, welche, aus den untersten Volksschichten ent-
sproßen, in sich und ihrem Lebensgange wiederum selbst
das andere große Prinzip zur Darstellung bringen, daß
Standes- und Klassenunterschiedurtheile ihre Bedeutung
völlig verloren haben. Bis auf den heutigen Tag üb
ten Charaktergröße des einzelnen und der Massen weit
mehr Einfluß auf die Geschicke der politischen Entwicke
lung als Stand und Rang und Buchgelehrsamkeit.
Allerhand Neuigkeiten.
Vaduz, 2. Mai. Unser Landsmann, Hr. Rh'ein-
berger, Professor am Konservatorium der Musik zu
München, wurde neben Richard Wagner, Herzog, v.
Bülow und anderen hervorragenden Musikkennern in die
Commission berufen, welche Vorschlage machen soll über
die Reform des Münchner Konservatoriums.
— Die Tiroler stellen mit aller Entschiedenheit in
Abrede, daß bei ihnen die Rinderpest vorkomme. Der
schweizerische Sachverstandige, welcher die Krankheit als
sehr nahe verwandt mit der Rinderpest bezeichnet, habe
gar keine Gelegenheit gehabt, sich ein gründliches Urtheil
über die Krankheit zu bilden, weil in seiner Gegenwart
kein gefallenes Thier untersucht worden sei. Wohl aber
habe der tiroler Landesthierarzt mehrere Thiere genau
untersucht und keine Anzeichen der Pest gefunden. Be
sagter Thierarzt sei mit der Krankheit wohl vertraut, da
er früher in mehreren Gegenden, wo dieses Uebel herrscht,
Studien gemacht habe. — Um so besser!
— Am vorigen Samstag Nachmittags entstand laut
Bericht der Feldk. Ztg. auf dem Ried der Gemeinde
Tisis ein Torfbodenbrand, welcher jindeß durch Beihilfe
der Nachbargemeinden, besonders Feldkirch, in kurzer
Zeit gelöscht war.
— Der König von Preußen hat den braven Sol
daten, welche die Düppeler Schanzen erstürmten, ein
Denkmal inmitten der Festungswerke gesetzt. Heutzutage
geht alles viel schneller als vordem. Hermann, der Sie
ger im Teutoburger Wald, der vor mehr als 1800
Jahren die Römer aus Deutschland hinwegtrieb, hat
heute noch kein vollständiges Denkmal und so noch Hun
derte und Tausende nach ihm, die kein geringeres Stück
Arbeit thaten als die Preußen vor Düppel. Wir wol
len den Ruhm der gefallenen und der lebenden preußi
schen Krieger nicht schmälern, aber diese Denkmalwuth
hat doch eine gewisse Aehnlichkeit mit der Ordensgeschichte
des mecklenburger Landesherrn, der sich eigenhändig mit
dem mecklenburger Verdienstorden schmückte, zur höchst
eigenen Anerkennung seiner muthigen Ausdauer ange
sichts von Pulverrauch und Kanonendonner. Diese un?
aufhörlichen Siegesfeste, welche den König Wilhelm gar
nicht mehr zur Ruhe kommen lassen, machen den Ein
druck von eitler Selbstvergötterung, so etwa, wie wenn
einer immer und immer wieder sich vor den Spiegel
stellt und seine kräftigen Muskeln und seine martialische
Frisur bewundert. Auf diese Weise verdirbt man der
Nachwelt alle Freude und benimmt ihr die Gelegenheit
die Großthaten der Vorfahren zu feiern. Wem sollen
die Nachkommen ihre Denkmäler setzen, wenn die Zeit
genossen jede Kleinigkeit mit einem Denkstein verewigen?
— Auffallig ist gewesen, daß Hr. v. Halb hub er we
der bei dem Festmahl erschien, das am 18. April in
Schleswig abgehalten wurde, noch auch der Grundstein
legung auf Düppel und Alsen beiwohnte. Die Ein
tracht zwischen den beiden Regierungs-Kommissarien mag
also nicht so groß sein. Preußen macht erhebliche An
strengungen sich zu einer rechten Großmacht empor zu
schwingen. Es soll in möglichst kurzer Zeit eine preußi
sche Flotte geschaffen werden. Der Plan hiezu, den die
Regierung der Kammer vorlegt, verlangt, daß in 12
Jahren mit einem Kostenaufwands von 34—35 Mitt.
Thalern 10 Panzerfregatten, 10 kugelfeste Batterien und
20 Korvetten :c. erbaut werden. Damit soll Preußen
zu einer der ersten Seemächte zweiten RangeS erhoben
werden. Die Engländer sehen das nicht gern und es
verbirgt dahinter wohl nur ihr geheimer Aerger, wenn
sie spöttisch bemerken, sie wünschen mit der neuen Flotte
recht bald einen Wettkampf zu bestehen.
— Aus der Schweiz. In Chur macht man jetzt
Holzpapier; es soll sehr stark und fest sein, auch
habe eS ein geschmackvolles Ansehen. Ist übrigens nichts
Neues; die Wespen verstehen schon seit Adamszeiten die