Lauf des gesunden Menschen- und Volksverstandes ge
hemmt wurde. Kein Wunder ist es, daß diese Staaten
nicht wohl gelitten sind bei ihren großmächtigen Brüdern.
Diese Brüder, Oestreich und Preußen, können es den
Mittelstaaten nicht vergessen, daß sie auf die Stimme ih
rer Völker, auf die öffentliche Meinung ihrer Länder so
viel Gewicht legen.
Da ist hauptsächlich Preußen, wo dem Volke das
alte Sprüchlein vom „beschränkten Unterthanenverstand"
wieder aufs Neue eingelernt wird. Weiß unser Leser
auch was damit gemeint ist? — In Liechtenstein hat
man das Wort schon seit vielen Jahren nicht mehr ge
hört; es heißt: Schweige, Volk! Von der hohen Politik
verstehst du Nichts! Da wissen deine Herren Minister
bessern Rath, die haben das Recht aus alten, vergilbten
Staats- und Völkerrechtshandbüchern studirt. Dort stehts,
wie es recht sein muß. — Vernünftige Leute mei
nen freilich, daß man das Recht nicht in den alten
Scharteken, sondern in der Brust des braven und redli
chen Bürgers suchen müsse. Was die Mehrzahl eines
Volkes als Recht anerkennt, das wird selten „unrecht"
sein. Aber das stimmt eben nicht mit dem Grundsatze,
den die alte Diplomatie predigte: „Recht und Freiheit
für uns und Gewalt für Euch." — Erfreulich ist es,
daß die Preußen so tapfer für ihren Landtag einstehen.
Sie haben dem Landtagspräsidenten eine goldene Bürger
krone verehrt, zum Dank für seinen unbeugsamen Grad
sinn und seine mannhafte Verheidigung der Volksrechte.
Es ist in Berlin nämlich eine Deputation aus Köln
eingetroffen, um dem Präsidenten, Hrn. Grabow, diese
Krone zu überreichen. Grabow antwortete derselben
im Wesentlichen: „Was ich, eingedenk des königli
chen Wortes: Zwischen uns sei Wahrheit gesprochen, und
was ich geleistet, ist unzertrennlich von dem, wozu sich
die liberale Majorität des Abgeordnetenhauses in Wort
und That seit Jahren bekannte. Ich kann daher die
höchste Auszeichnung, welche der Bürger einem Bürger
zu gewähren vermag, nur im Namen dieser Majorität
entgegennehmen. Sie gebührt allen meinen liberalen
Kampfgenossen. Ich werde dieses bürgerliche Kleinod
treu aufbewahren; dasselbe soll mich stählen zum Aus
harren in dem schweren Verfassungskampfe, falls die all
seitig gewünschte Verständigung unmöglich sein sollte."
König Wilhelm wird an dieser Krone keine besondere
Freude haben, er wird es wohl merken, daß damit auf
seine Krönungsfeier zc. angespielt sein dürfte.
Im Oestreichischen Reichsrath hat es in der jüng
sten Zeit manchen harten Kampf abgesetzt. Die Abge
ordnete!! wollen um keinen Preis mehr ausgeben lassen,
als die Staatseinnahmen betragen. Das ist etwas
Neues, denn bisher wurden alljährlich so an die 20—-30
Millionen drüber hinaus verausgabt, und um diesen
Betrag die Schulden vermehrt. Die Reichsräthe thun
recht damit; auch die Minister thäten gern sparen. Aber
wo soll gespart werden? das ist eben die Frage und
der Zankapfel.
Der König von Italien mußte seine getreue Stadt
Turin in Zorn und Unwillen verlassen, da man die Fen
sterscheiben seines Pallastes mit Steinwürfen bedrohte. Er
ist nach der neuen Hauptstadt Florenz gewandert.
Aus Amerika neue Siegesberichte der nordstaatlichen
Feldherren — die Südstaatlichen haben zwei Forts (Be
festigungen) und zwei Dampfer in die Luft gesprengt,
damit dieselben nicht den Gegnern in die Hände fielen.
Es sollen Friedensunterhandlungen sein; man glaubt
aber an keine Verständigung.
Allerhand Neuigkeiten.
Vaduz, 13. Februar. Wenn es so fort geht, dann
kann der Pariser Wetterprophet Mathieu noch zu Ehren
kommen. Heute am Morgen hatten wir 10^^ Kälte,
so kalt war es in diesem Winter noch nicht. Ein Glück,
daß der Boden mit einer gelinden Schneedecke überzogen
ist.
— In Rheineck machte der Bankier Euster und
Komp. Konkurs mit 16 Millionen Franken Schulden.
Viele Gemeinden und viele Privatleute kommen um gro
ße Summen bei diesem Bankerott.
— In Rorschach lagert soviel Getreide aus Deutsch
land und Ungarn, daß die St. Galler Regierung neue
Lagerschupfen bauen läßt. — Die Schweizer wollen ei
nen Handelsvertrag mit Deutschland (Zollverein) ab
schließen; sie rechnen dabei auf einen guten Absatz ihrer
Weine. — In mehreren Kantonen der Schweiz tritt die
Blatternkrankheit auf, so namentlich in Zürich.
Die Regierung von St. Gallen empfiehlt zum Schutze
dagegen die Wiederimpfung. — Eine Würtembergerin
wollte sich mit einem St. Galler verheirathen und sie
war deshalb aus dem Würtembergischen Bürgerrecht ent
lassen worden. Nun kam die Heirath nicht zu stand.
Jetzt will man die Person in Würtemberg nicht mehr
annehmen, so daß sie augenblicklich kein Vaterland hat.
— Im Aargau, im Frickthal fiel es vier übermüthi
gen Jagdfreunden ein, Räuber zu spielen, d. h. zum
Spaß. Nachdem sie sich den ganzen Tag dem edlen
Waidwerk ergeben hatten, wobei jedoch die Flaschen et
was stark in Anspruch genommen wurden, überfielen sie
ein etwas einsames Gehöft in der Nähe von Ober-Frick
und drangen in die Wohnstube, wo sie den erschrockenen
Hausbewohner« die Gewehre entgegenhielten und „Blut
oder Geld" schrieen. Der scheints etwas furchtsame
Mann entschuldigte sich höflich, von wegen dem herr
schenden Geldmangel nicht einmal ein Fränkli im Hause
zu haben, bot dagegen ein gutes Quantum Wein, Fleisch
und Brod an, um sein und der Seinigen Leben zu ret
ten. Die Räuber fuhren denn auch mit ihrem Raub
lachend von hinnen, begaben sich, die Räuberhymne:
„Ein freies Leben führen wir!" singend wieder in ihr
Waldquartier zurück, wo sie sich um ein mächtiges Feuer
setzten und unter Johlen und Schießen ihre Beute ver
zehrten. Unterdessen war aber die Tochter des HauseS
in das nahe Ober-Frick gelaufen und hatte dem Ge
meindammann die „Räubergeschichte" erzählt. Dieser,
welcher hier eine schöne Gelegenheit sah, sich als Help
zu zeigen, versammelte die Schützen des Dorfes und die