Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

Her Kaiser von Oestreich wellt in Pest, wo er den! 
ungarischen Reichstag eröffnete. Ungarn soll sein 
besonderes Recht behalten, aber von den übrigen Län 
dern des Reiches darf es sich nicht trennen. Die Rede 
'des Kaisers machte einen günstigen Eindruck; die unga 
rischen Magnaten sind in sehr festlicher und jubelnder 
Stimmung. Sie wissen es, daß man ihnen nachgege 
ben hat, vielleicht sind sie deshalb um so unnachgiebiger. 
Es ist noch keine Aussicht auf einen allgemeinen östrei 
chischen Reichsrath in Wien. 
Die Boten aus Meriko zeigen ein doppeltes Ge 
sicht ; ein ziemlich zufriedenes, wenn sie über Frankreich, 
ein sehr ängstliches, wenn sie über Nordamerika kommen. 
Das ängstliche Gesicht scheint das aufrichtigere zu sein. 
Man sagt, Kaiser Marimilian sei halb und halb der 
Gefangene der Franzosen. Die Commandanten in den 
Häfen Merikos haben Befehl, Kaiser Marimilian oder 
feine Frau zurückzuhalten, wenn sie sich nach Europa 
einschiffen wollen. Von seinem Bruder, dem östreichi 
schen Kaiser, soll Marimilian die Erlaubniß erbeten ha 
ben, 7—10,000 Mann gedienter östreichischer Soldaten 
anzuwerben. Napoleon sieht diese Anwerbung gern und 
soll als Recompens die östreichische Anleihe in Paris 
vermittelt haben. 
Die Genehmigung der Bodenseegürtelbahn ist 
nun von allen beteiligten Staaten, auch von Oestreich 
erfolgt, so daß nun die Bahn Feldkirch - Rüti gebaut 
wird. — Im Vorarlbergs Landtag wurde mitgetheilt, 
daß die Vonrrbeiten zum Projekte einer Bahn Jnns- 
bruck-Dornbirn bis zum Frühling vollendet seien. 
Ueber die Nachtheile beim Verluste der Bündner Al- 
penbahn schreibt der „Oberl.Anzeiger": „Verlieren wir 
den Alpenübergang — dann „Lebt wohl" und „Von 
Feme seid herzlich gegrüßt" ihr sarganserländischen 
Märkte. Fahrt dann mit eurer Habe, ihr guten Bau 
ern, auf den Markt, wo keine Käufer mehr sind! Mit 
dem Vertust der Märkte ist'S Unglück noch nicht voll! 
Unsere Eisenbahn rentirt dann nicht einmal mehr die 
Betriebskosten, muß falliren (deutsch übersetzt: verlum 
pen) und wir haben daS Vergnügen und die Freude 
der Verzinsung einer Eisenbahnschuld von 5 — 6 Mil- 
tiönchen, d. h. Bauer! du darfst auch mithelfen zahlen 
an den 350—300,000 Franken Zins. 
Darum, ihr Bürger, stimmt dem verwaltungsräthli- 
chen und gemeinderäthlichen Antrag mit Hand' und 
Füßen bei; Risiko habt ihr keinen, ihr müßt da nur 
bezahlen, um zu gewinnen; verlieren wir den Alpen 
übergang, so sind alle Subskriptionen nicht einzuzahlen, 
— dann aber bewahre Gott uns und unsere Nachkom 
men vor Reichthum." Die Gemeindell des Rheinthals 
haben auch bereits ziemliche Beitrage gezeichnet, z. B. 
Buchs bewilligte 10,000 Fr., Ragaz 5000 Fr. Se 
tz et en ließ sich zu nichts herbei. 
Allerhand Neuigkeiten. 
. Seltenes Jägerglück. Jäger Lampert am Tries- 
«erberg war vorige Woche jenseits des Culmen. Auf 
der Alpe Sücka spürt sein Hund einen Dachsbau und 
gibt Anzeichen, daß dieser bewohnt sei. Eö wurde ein 
Feuer vor dem Bau angemacht, um die Bewohner aus 
zutreiben. Bald kamen 3 Dachse zum Vorschein, wel 
che erschossen wurden, 2 andere folgten nach und muß 
ten durchs Weidmesser erlegt werden. Also 5 Dachse 
in einem Bau. Das ist kein Jägerlatein, sondern 
gutes Deutsch! Es stehen uns mehrere unbescholtene 
Jagdliebhaber Bürge für die unzweifelhafte Wahrheit 
dieser seltenen Thatsache. 
Schweiz. In Sevelen scheint es bei Groß und 
Klein sehr sparsam herzugehen; es würde sonst die 
Seveler-Vaduzer Fähre wenigstens so weit im 
Stande gehalten werden, daß auch Fuhrwerke passiren 
können Es ist diese Fähre gewiß schon - ^ Jahr un 
brauchbar für Fuhrwerke; Gott weiß, wann eine Besse 
rung eintritt! 
Auch das Gesuch des Schulraths der Buchser Real 
schule wurde abgewiesen, obwohl derselbe nur eine Ak 
tienbetheiligung von 20—30 Fr. begehrt hatte. — Der 
Sekundarschulrath wird mit Ertheilung von Freiplätzen 
an arme Knaben von Sevelen, wie es seit dem Beste 
hen derselben gescbab, etwas sparsamer sein. 
Bayrische Staatsun r u h e n. Der junge König 
von Bayern ist ein warmer Freund der Musik; er hat 
so ein Stück von seinem Großvater Ludwig, dem lei 
denschaftlichen Verehrer der Bau- und Malerkunst. Der 
junge König Ludwig ließ sich den berühmtesten Musiker 
unserer Zeit, Richard Wagner, kommen, den er mit 
vollen Händen, wahrhaft königlich bezahlte. Herr R. 
Wagner ist ein wenig sonderbar in seinen Lebensge 
wohnheiten. Er nimmt eS nicht genau mit den Batzen, 
braucht viel, sehr viel Geld :c. :c., wie daS bei genia 
len Leuten oft vorkommen soll. Die guten Münchner 
finden die Manieren Wagners etwas, ja recht unleid 
lich. Der ruhige Bürger ist sparsam, rücksichtsvoll, 
macht nach allen Seiten sein unterthäniges Compliment, 
ist stets gehorsamer Diener. Von diesen wunderbaren 
Eigenschaften ist bei R. Wagner keine Spur; keine 
Idee rücksichtsvoller Theilnahme für die süßen Gewohn 
heiten des vaterlandstreuen, königsthronaufvechthaltenden 
Bürgers der zugluftigen Jsarstadt. — Der Mann muß 
aus dem Lande, er darf nicht länger die „einheimischen" 
Gelder verprassen, am Ende macht er die Civilliste ban 
kerott, er bringts dahin, daß alle Minister nach Zu 
kunftsmusik tanzen; der ungeheuere, schwindelhafte 
Fortschritt brächt' alle Conservative ums Leben. ES 
entsteht eine gefährliche Aufregung, — das rothe Ge 
spenst ist im Anzug! 
Da entläßt der verständige Regent den Musiker, da 
mit seine trotzigen Kinder wieder freundliche Gesichter 
machen. — Wenn ein Fmst, dem der Klatsch selbst im 
geheimsten Privatgemach keine Ruhe läßt, dem man gar 
eine besondere Musik verbietet, die öffentliche Meinung 
und die. unverständige Masse verachten lernt, dann ists 
kein Wunder. Es ist ein schlimmes Zeugniß für die 
politische Reife einer Stadtbevölkerung, wenn solche Kin 
dereien die Köpfe der Majorität verdrehen können. In 
musikalischen Dingen ist ein König Privatmann, und 
dem Privaten muß es erlaubt sein, sich musizireir. M 
lassen, von wem es ihm gefällt.
	        

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