Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

— Die Jahreseinnahmen der Kirche in Italien be 
tragen 76 Millionen Franken, wovon 46 Mill. Nutzer 
trag ves Kirchenvermögens. 
— In München klagt man über theures und schlech 
tes Bier. 
— Die Truppen, welche Napoleon seit 1849 zum 
Schutze des hl. Vaters in Rom aufstellen ließ, haben 
bis heute die Summe von 56 Mill. Franken gekostet. 
Bereits sind 4000 Mann Franzosen aus Rom abgegan 
gen. Die Abziehenden werden vom hl. Vater mit Me 
daillen und Rosenkränzen beschenkt. Viele verschaffen 
sich Photographien des Papstes und bitten denselben, 
daß er seinen Namen darunter schreibe. Als der Papst 
bei einem Spaziergange diesem Ansuchen mehrerer Sol 
daten ausweichen wollte, weil er nicht Feder und Tinte 
zur Hand habe, zog ein Soldat diese Dinge aus der 
Tasche und bot zugleich seinen Rücken als Schreibtisch, 
so daß der hl. Vater lächelnd diesem Ansinnen entsprach. 
— Bärenjagd in Bundes. Am 3. d. hatten 
die drei Jäger Lechthaler, Federspiel und Erhard in Ta> 
rasp eine glückliche Bärenjagd. Sie Hütten die Spur 
eines Bären bei frischem Schnee in das Thal Valatscha. 
Lechthaler und Erhard postirten sich und Federspiel ver 
folgte den Bär. Dieser lief dem Lechthaler zu. Der 
unerschrockene Jäger ließ ihn auf 10 Schritt Distanz 
nahe kommen und feuerte, während das Thier im Ga 
lopp war, den ersten Schuß los und dann den zweiten. 
Der Bär machte einen gewaltigen Triller und fiel zur 
Erde. Beide Schüsse hatten ihm den Herzkasten durch 
bohrt und der zweite das Herz selbst zerrissen. Die bei 
den Jäger eilten freudenvoll herbei und alle drei brach 
ten ihre Beute glücklich ins Dorf, wo sie mit Glücks 
wünschen und Jubel empfangen wnrden. 
— E isenbahnunfa ll. Freitag den 11. d. Abends 
vor 7 Uhr ist an der Lanquart ein junger Hr. Christian 
de Daniel, Kaufmann von Cbur, beim Einsteigen in 
den Eisenbahnzug unter die Räder gekommen, so daß 
dem Unglücklichen am folgenden Morgen das eine Bein 
ob und das andere unter dem Knie abgenommen werden 
mußte. 
— Schweiz. Im Kanton Uri war bisher noch 
eine Kantonslotterie. Der Nationalrath hat nun be 
schlossen, daß in der Schweiz keine Lotterien mehr 
bestehen dürfen. — In Uri hatte ein Buchdrucker, Ry- 
m'ker, ein Buch herausgegeben, worin Angriffe auf die 
katholische Religion gemacht wurden. Das Gericht ver 
urteilte ihn zu Kerkerstrafe und (20) Prügel durch den 
Henker. Es war nun dieses Falles wegen eine Peti 
tion beim Nationalrath eingegangen, damit Abschaffung 
der Prügelstrafe in der Schweiz ausgesprochen werde. 
Die Herren Nationalräthe gingen auf dieses Gesuch 
nicht ein — und die Prügelstrafe bleibt sonach aufrecht. 
Sargans. Viehmarkt. Das „Neue Tagblatt" 
enthält nachstehenden Marktbericht aus Sargans vom 
10. d.: 
Der gestrige Martinimarkt war einer der größten die 
ses Jahrzehnts. Trotz des strömenden Regens war die 
Menschenmenge eine ungewöhnlich große und war außer 
ordentlich viel Verkehr. Auf dem Viehmarkt ging es 
lebhast her. Aufgetrieben waren zirka 5000 Stück 
Hornvieh und daher am Fuße des Gonzen das impo 
santeste Konzert, das man hören kann, — und an 400 
Pferde. Hornvieh wurde sehr viel gekauft, noch folgen 
den Tags wurden auf dem Bahnhof Sargans 14 Wa 
gen nach Cbur, resp. Italien, verladen, die am 9. dies 
nicht mehr spedirt werden konnten. Von Pferden hatten 
die Werdenberger Füllen, insbesondere die von Senn 
wald, guten Zug. Die meisten zogen ebenfalls nach 
Chur und über die Alpen. An solchen Tagen wird auch 
dem Bauersmanne klar, von welcher Bedeutung die Ue- 
berschienung eines Bündnerpasses für die Ostschweiz fein 
muß. Via Ooirs Nilano. 
— Der Grabstein des Pater Theodosius trägt neben 
Namen, Titel und Jahreszahlen (geb. 1308, gest. 1865) 
die Inschrift: dem edeln Priester, dem Erzieher der Ju 
gend, dem Pfleger der Kranken, dem Vater der Armen, 
Seine Verehrer. 
Zürich. In Marthalen ist die Lungenseuche ausge 
brochen. In einem Stalle mußte sämmtliches Vieh, 5 
Stück, geschlachtet werden. 
— In Horgen brachte eine einjährige Baumwollen 
pflanze eine Frucht zu vollständiger Reife. 
— Von der Einkom mensteuer sind inHamburg 
alle Einkommen bis zu 300 st. frei; nach unserem neuen 
bereits sanktionirten Steuergesetz sind nur 100 fl. frei. 
— In England war eine Gemeinde von 16,000 
Seelen 30 Jahre ohne (anglikanischen) Pfarrer, 
weil niemand da war, welcher das Präsentationsrecht 
besaß. Die Vorsteher des Kirchenraths predigten am 
Sonntag, aber die meisten Kinder blieben ungetanst und 
die Kirche war da fast ganz in Vergessenheit gekommen. 
— Auch Italien, wo es noch vor kurzer Zeit mit 
dem Volksschulwesen mehr als traurig aussah, macht 
auf genanntem Gebiete wesentliche Fortschritte, was sich 
unter anderem deutlich aus einem amtlichen Berichte 
über das Schulwesen der Provinz Neapel ergibt. Wäh 
rend man dort im Jahre 1861/62 139 Knabenschulen 
und 404 Mädchenschulen zählte, waren es im verflosse 
nen Schuljahre schon 239 Knaben- und 201 Mädchen 
schulen. Die Zahl der Schüler betrug im verflossenen 
Jahre 15,621 Knaben und 10,209 Mädcken gegen 
4486 und 5625 im Jahre 1861/62. Die Anzahl der 
Abend- und Sonntagsschulen stieg in diesem Zeitraume 
von 18 auf 145, und die Schülerzahl von 420 auf 
5086. Kleinkinderbewahranstalten sind k es statt 4 
jetzt 21 mit 2178 Kindern. Der Gesammtaufwand'für 
die Elementarschulen und Kleinkinderbewahranstalten ist 
in dieser Zeit von 123,263 auf 597,171 Franken Er 
höht worden. Auch die Gehalte des Lehrerpersonals er 
fuhren eine namhafte Erhöbung, von 450 auf 650 Fr. 
Die Schülerzahl hat sich also in diesen 3 Jahren ver 
dreifacht, der Aufwand für die Schulen vervier 
facht. Die Volksbildung, vernachlässigen und an den; 
Schulen über Gebühr sparen, ist selbst in materieller 
Hinsicht das Verkehrteste, was ein Staat thun kann. 
— Die bisherigen Erfahrungen mit der italienischen 
Baumwollenkultur sind günstig genug ausgefallen, um 
unternehmende Kapitalisten auß den Gedanken zu brm-
	        

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