Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

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Vaduz ^ Samstag 
Rro. SS. 
25. November 18KS. 
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Kurze politische Rundschau. ^ 
Den Wienern geht über den Werth der „Klein 
staaten" seit den Antwortnoten des Frankfurter Se 
nates plötzlich ein Licht auf. Sie zollen der klaren, be 
stimmten Sprache dieser Noten großen Beifall und der 
alte Spott über die „Schwaben draußen im Reich", die 
an keiner der Nöthen der Großen leiden, verstummt. 
Die „Presse" sagt: Die Frankfurter hätten nicht nur 
sich selbst, sondern auch Oestreich und ganz Deutschland 
einen unschätzbaren Dienst geleistet." - 
Minister Belcredi in Wien verlangt in einem Rund 
schreiben an die Statthalter Abschaffung der V ielsch re i« 
berei, des schleppenden Geschäftsganges, möglichst viel 
mündliche Verhandlung mit den Leuten und Anbahnung 
der Selbstverwaltung in den Gemeinden. Wer die Sache 
nicht verstehe oder nicht verstehen wolle, werde entlassen 
werden u. s. w. Als ob sich so ein alter Karrengaul 
plötzlich in einen englischen Renner auf Kommando ver 
wandeln lasse. 
Endlich geht den Süddeutschen das Licht auf über 
den Werth, welchen eine Bündner Alpenbahn auch 
für sie hätte. Der Handelsverein in Ulm petitionirt 
bei der Stuttgarter Regierung um Unterstützung einer 
Eisenbahn durch Graubünden nach Italien; Würtem- 
berg möge einen Beitrag leisten und auch die angren 
zenden Staaten zu einem solchen auffordern. Dieser 
Gedanke hätte den Süddeutschen schon längst konunen 
sollen, wenn diese sich betheiligt hätten, wäre der Luk 
manier schon langst gebaut, zum großen Vortheile der 
baierischen und schwäbischen Bahnen. — Es verlautet 
Würtemberg und Bayern würden das Königreich Ita 
lien anerkennen. 
Die Schweizerzeitungen sind mit den Beschlüssen 
des Nationalraths in seiner gegenwärtigen Session nicht 
besonders zufrieden. Man hatte vielfach eine gründliche 
Revision der Bundesverfassung erwartet. Die National 
räthe aber begnügten sich einige Steine einzusetzen, in 
der Meinung, das Gebäude werde nun wieder einige 
Jahre ausdauern. 
In I kalten ist der Landtag oder das Parlament 
wieder versammelt. Die Abgeordneten werden viel Kopf 
zerbrechen haben, bis sie Geld für die Staatsmaschine 
aufbringen helfen. Unsinnige militärische Rüstungen 
haben die Finanzen fast ruinirt; es sollen 100,000 
Mann in Urlaub gehen. 
Ebenso gedenkt Napoleon ans Sparen. Die franzö 
sische Armee soll bedeutend vermindert werden. Durch 
Zurückziehen der Truppen aus Rom und vielleicht auch 
aus Mexiko werden große Summen im Seckel bleiben. 
Wenn Napoleon mit dem guten Beispiel vorangeht, fol 
gen wohl auch deutsche Staaten nach; das sind die be 
sten Bürgschaften des Friedens. 
Die Engländer haben sich in schlimme Händel mit 
den Amerikanern eingelassen. Dazu kommt noch die 
Verschwörung der „Fenier", welche Irland aufrühren 
und von England losreißen wollten. Diese Leute finden 
in Nordamerika manche Unterstützung und sie wären 
durch Kaperschiffe im Stande, dem englischen Handels 
stande und der Regierung das zu vergelten, was diese 
durch Begünstigung der südstaatlichen Kaperschiffe dem 
Norden Arnerika's geschadet haben. 
Es war besonders in englischen Zeitungen viel die 
Rede von einem amerikanischen Staatsbankerotte. Neben 
der Gesammtstaatsschuld von 2700 Millionen haben 
auch die einzelnen Staaten (in der Schweiz Kanton ge 
nannt) noch eine Schuld von 2000 Millionen. Allein 
man wird deshalb nicht so bald etwas zu fürchten ha 
ben bei dem gesteigerten Erwerbsleben der Amerikaner 
nach dem Kriege. Mit einem Federstrich waren (in 
wenig Monaten) an 800,000 Mann Soldaten entlassen; 
die Leute warfen die Büchse in den Winkel und griffen 
wieder zu ihrem bürgerlichen Gewerbe in Werkstätten 
oder Läden, oder zu Pflug und Hacke. Der General 
ist Geschäftsmann, Advokat, oder was ihm sonst gefällt, 
lebt ohne Pension und hilft durch seine Kenntnisse und 
Geschicklichkeit zur Vermehrung des Volkreichthums. Ge 
wiß die Amerikaner werden die ökonomischen Schäden 
des Krieges in eben so viel Jahren ausbessern, als an 
derwärts Jahrzehnte dazu nöthig sein würden. — Eine 
reiche Einnahme macht der Staat jetzt aus den Zöllen. 
Seidenwaaren, Luxusartikel u. dgl. sind seh? hoch be 
steuert, das bringt dem Lande viel Geld, und dies wird 
namentlich nur von solchen bezahlt, welche etwas ver 
mögen. In Amerika hat sich der Schutzzoll glänzend 
bewährt. Anderwärts brachte er oft große Nachtheile. 
Aber freilich,, in Amerika ist Niemand in seinem Erwerb 
. behindert, er kann treiben was er für gut achtet, dort 
ist dem gesunden Menschenverstände der freieste Spiel 
raum gelassen: und so herrscht denn überall ein Ge 
triebe, ein freudiges Schaffen und dafür ein reichlicher 
Gewinn. — Nicht so erfreulich stehts im politischen Le- 
	        

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