Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

Häuser mit Kalk zu weißen, nachts zündete man in al 
len Gassen Scheiterhaufen zur LuftreinigMg an und 
brannte Geschütze los. Die Schreiner konnten nicht 
mehr genug Särge liefern, man ließ von Galeerensträf 
lingen eine Grube machen, wohin man während der 
Nacht die Leichen versenkte. — Alle Verkaufsläden sind 
geschlossen, die Leute wandern fort sammt dem unentbehr 
lichsten Hausgeräthe. Eine Stadt von 15000 Seelen 
wurde verlassen bis auf 5060. Dazu droht noch eine 
Hungersnoth. — In Konstantinopel, wo die Seuche 
ebenfalls große Verheerungen angerichtet hat, man spricht 
von ^0,000 Menschen ist sie verschwunden. 
Italien hat eine Weinernte, wie man sie in 
hundert Jahren nicht erlebte. Die Folge ist ein fabel 
haftes Sinken der Weinpreise. — Die italienische 
Staatskasse leidet dagegen außerordentlich Mangel. 
Um die Jabresauslagen vollends zu decken, bedarf eS 
noch 260 Mill. Fr., welche durch Schuldenmachen auf 
gebracht werden müssen. 
In Amerika werden täglich neue Quellen des 
Reichthums aufgefunden. So bat man erst kürzich einen 
bisher noch wenig bekannten Landstrich, Revada, bereist 
und daselbst eine Fülle reichhaltiger Silberlager entdeckt. 
Zahlreiche Ansiedler haben sich in diesen Gegenden nie 
dergelassen, um den Bergbau zu betreiben. Man schätzt, 
daß im Jahre 1865 mehr als 25 Mill. Dollars an 
Silber ausgebeutet werden und rechnet, daß die jährli 
chen Gewinne in !0 Jahren sich auf 100 Millionen 
steigern werden. Außerdem bietet dieses Land noch an 
dere werthvolle Produkte. Unter andern Schätzen findet 
man dort ein Salzlager von mehreren Meilen Länge 
und Breite und 12 bis 20 Fuß Tiefe. Dieses Salz 
ist vollkommen rein und ohne alle Zubereitung verwend 
bar. Zentnerschwere Blöcke, die wie das bellste Eis 
aussehen, kann man losbrechen und man darf sie nur 
zerbröckeln, um das Salz gebrauchen zu können. Das 
ganze Salzlager gewährt den Anblick eines großen Kry- 
stallseeS. 
AuS dem Süden der Vereinigten Staaten kommen 
Berichte von andauernder Mißhandlung der Neger, 
welche, wenn sie sich bestätigen, der menschlichen Natur 
zur unauslöschlichen Schande gereichen. Man hat die 
Neger unter dem Versprechen von Lobn zu den Ernte 
arbeiten gedungen, alsvann mit Konföderationspapier 
bezahlt und fortgejagt. Bei Dobsan fragten die Arbei 
ter eines Guts den Herrn nach beendigter Ernte, ob er 
jetzt einen Mietkontrakt mit ihnen machen wolle. Die 
Antwort war, er könne keine freien Arbeiter brauchen. 
Nachdem die Entlassenen einige Tage hilflos umhergeirrt 
waren, kamen sie zu ihrem alten Herrn zurück mit der 
Bitte, sie als Sklaven zu behalten und zu ernähren. 
Er versprach sie wieder annehmen zu wollen, wenn sich 
jeder 100 Hiebe geben lasse. Die Armeu gingen die 
Bedingung ein und bekamen richtig ihr Traktement. Die 
Einwanderung von freien und fleißigen deutschen und 
andern Leuten in dem Süden nimmt übrigens sehr zu ; 
denn für tüchtige Oekonomen ist da etwas zu machen. 
Ein Privatbrief eines deutschen Kaufmanns in New- 
Nork warnt vor der Auswanderung, weil bei der 
herrschenden Flauheit der Geschäfte durchaus kein Man 
gel an Arbeitern vorhanden sei. Die hohen Löhne in 
Papiergeld seien nur scheinbar, weil die Preise aller Le 
bensbedürfnisse um das zehnfache höher stünden als 
früher. ES befinden sich gegenwärtig Hunderte von 
deutschen Einwanderern in New Uork, welche ohne Ar 
beit und ohne Mittel weiter zu reisen im Elende ver 
kümmern. 
— Der diesjährige „Suser" lätzt nicht mit sich 
spassen. Aus der Schweiz werden schon 2 Fälle berich 
tet, wo infolge übermäßigen Genusses von Suser der 
Tod eintrat. 
— Oestreich sieht sich genöthigt, leine Schulden wie 
der um 100 Mill. zu vermehren. 
— In Württemberg werden jährlich an 3 Mill. Ztr. 
Steinkohlen verbraucht, wobei die Eisenbahn noch nicht 
in Rechnung ist. 
— Als am 19. Sept. die Post von Chur aufwärts 
durch das schöne Oberland fuhr, sahen die Passagiere 
in der Gegend von Taranasa, wie zwei Adler in der 
blauen Luft miteinander stritten. Der Kampf war heiß, 
es flogen Federn in allen Himmelsrichtungen und Bluts 
tropfen fielen herab auf die schwarze Erde. Die beiden 
großen Vögel stürzten auf die Straße herab und der 
Postkondukteur sprang vom Wagen, eilte hinzu und er 
schlug die beiden Kämpen. Er schickte sie mit der ab 
wärtsfahrenden Post von Truns nach Chur, wo man 
die beiden Könige der Luft Abends in der Wirthschaft 
zur Post in Lebensgröße betrachten konnte. Der eine 
hat eine Flügelweite von 6—7 Fuß, der andere ist et 
was kleiner. — Ist das ein Bild gewesen, wie eS Oest 
reich und Preußen ginge, wenn sie sich zerfleischen wür 
den und vom europäischen Kondukteur in Paris schließ 
lich in die Pfanne bauen ließen? Irgend eine Eifersucht 
ist zwischen den Vögeln jedenfalls im Spiele gewesen 
und, „wo zwei sich streiten, zieht ein Dritter den Nutzen 
daraus". (Bd. Tgbl.) 
— Die Pariser haben große Angst vor der Cholera. 
Um die schädliche Ausdünstung der Kanäle und Kloaken 
zu bannen, werden Staubwolken von Chlorkalk in die 
Abzüge gestreut. In Marseille wird ein EntpestungS- 
pulver in allen Apotheken unentgeldlich ertheilt. — In 
Hannover werden die übelriechenden Gassen durch Chlor 
kalk von dem widerlichen und der Gesundheit gefährlichen 
Gestank befreit. Man wirft alle 20—30 Schritte 2 ge 
häufte Eßlöffel voll Cholrkalk hinein. 
— Haben die Franzosen Recht? Einer schreibt in die 
Welt hinein: Das höchste Glück eines kleinstaatlichen 
deutschen Philisters oder Phäaken ä ta BiSmarck ist, 
daß er Mittags sich bei seinem Topfe Sauerkraut und 
Abends bei seinem Kruge Bier labt und im Uebrigen 
den lieben Gott einen guten Mann sein läßt. Derselbe 
Franzos, Herr Neffzer, findet eS daher ganz in der 
Ordnung, daß der Graf Bismarck alles andere für den 
kleinstaatlichen Philister selber besorgt. 
— Ein Herr Walker in London, bei dem dieses Früh 
jahr der bedeutende Uhrendiebstahl begangen wurde, hat 
die amerikanische Manier, sich vor Dieben zu schützen, 
nachgeahmt. Statt der Läden läßt er NachtS ein E,sen-
	        

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