Liechtensteiner Landeszeitung.
Dritter ^alirKAUK.
Vaduz, Samstag
Nro. S4.
23. September 1865.
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Landtagsverhandlungen.
Vierter Landtag.
7. Sitzung, Vaduz, am 11. Sept. 1865.
Fortsetzung des Berichtes in Nr. 23 der Landesztg.
Zweiter Gegenstand der Tagesordnung: Berathung
deS Entwurfs einer Wuhrordnung.
Der Berichterstatter Marrer verliest die Antrage
der Kommisston.
Der §. 1. Ueber alle Rheinschutzbauten im Fürsten-
thum führt die f. Regierung die Oberaufsicht — wird
einstimmig angenommen.
Der §. 2 bestimmt eine Landeswuhrkom Mission
zum Beirath der Regierung. Die Mitglieder dieser Kom
mission werden von den betreffenden Gemeindevertretun
gen der Rheinwuhrgemeinden der Negierung vorgeschla
gen ; dieselben werden von der Regierung ernannt und
enthoben. Jeder Gemeindebürger ist wählbar, und keiner
kann die Wahl „ohne stichhaltige Gründe, worüber die
Regierung zu entscheiden hat", ablehnen.
Kirchthaler fragt wie viele Männer vom Gemeinde
rath in Vorschlag zu bringen seien, ob einer oder meh
rere und ob die Regierung an den Vorschlag der Ge
meinde gebunden sei?
Wanger: Es sollten doch auch Gründe angegeben
werden, unter welchen ein Bürger das Amt ablehnen
könne.
Neg.-Komm, bemerkt, daß solche Gründe wohl
schwer aufzustellen sind.
Wanger: Ran soll wenigstens die Möglichkeit of
fen lassen, daß die Regierung unter Umständen dispen-
siren darf.
Es folgt nun auf Antrag Wangers der Zusatz, daß ein
Erwählter das Amt unter Angade stichhaltiger Gründe
infolge Regierungsentscheidung ablehnen kann.
Reg.-Komm.: erwiedert in Bezug auf die An
frage Kirchthalers, daß jede Gemeinde nur 1 Mitglied
in Vorschlag zu bringen hätte. Man habe keinen Dreier-
Vorschlag zur Geltung bringen wollen, weil in kritischen
Fällen doch kein Vortheil daraus erwachse. Es gelte
hier einem dringenden Landesinteresse; es sei also zu erwar
ten, daß die Gemeinden nur den Tüchtigsten dafür er
wählen.
Der §. 2 bestimmt noch, daß die Wuhrkommissions-
mitglieder Taggelder von ff. 2 aus der Landeskasse be
ziehen.
Der §. 3 bestimmt die alljährliche Einberufung der
Wuhrkommisston zur Prüfung der ausgeführten Arbeiten
und zur Planirung neuer Bauten, dann zur Rechnungs
prüfung.
Der §. 4 besagt, daß die Regierung in der Regel an
die Beschlüsse der Kommission gebunden sei.
§. 5. Die Rheinschutzbauten stützen sich auf die mit
St. Gallen abgeschlossenen Staatsverträge und. werden
unter Anleitung der Regierung von jenen Gemeinden aus
geführt, in deren Markung die Wuhrstrecke liegt. Be
stehen zwischen einzelnen Gemeinden Verträge bezüglich
Wuhrbauten, so gelten diese.
Keßler hält den Zusatz für nöthig, daß die alten
Verträge ohne Regierungsgenehmigung nicht verändert
und ohne diese Genehmigung keine neuen Verträge ab
geschlossen werden dürfen.
§. 6 bestimmt, daß die Wuhrbauten auf dem
sämmtlichen Grundbesitze einer Gemeinde, die Damm
bauten aber auf dem Grundbesitze innerhalb des Ue-
berschwemmungsgebietes lasten.
Wanger: Hier macht man einen Unterschied zwischen
Wuhr- und Dammbauten. Bisher hat man diese nicht
unterschieden und ich mochte das auch in Zukunft nicht
anders gehalten wissen. Denn durch diese Unterscheidung
machen wir Streitigkeiten, Zersplitterung zc. möglich.
Reg.-Komm.: Die Billigkeit erfordert, daß zur
Dammungslast vor Allem solche Bodenstücke einbezogen
werden, welche zunächst durch den Damm geschützt wer
den. So ist es auch bei der Entwässerung, wo nur
jene Grundstücke zahlen, welche einen Nutzen hievon ge
nießen. Auch in anderen Staaten macht man diesen
Unterschied.
Präs.: Dennoch möchte ich dagegen einige Bedenken
geltend machen. Es gibt vor Allem zweierlei Berech-
nungsarten. Sodann könnten daraus nachtheilige Kon
sequenzen gezogen werden, wenn es sich einst um die
Rüfefchutzbauten handeln wird. Zum Rheinwuhrbau
haben auch Grundstücke beigetragen, die zunächst keine
Überschwemmungsgefahr zu bestehen haben. Zu Damm
und Wuhrbauten waren diese Grundstücke gut. Wird
man nun den Grundsatz des Entwurfs festhalten, dann
werden sich diejenigen Grundstücke weigern 'mitzuhelfen,
welche keine Rüfegefahr zu bestehen haben. Das wäre
aber em Unrecht.
Reg.-Komm.: Gerade diese Einwendungen des
Herrn Vorredners benütze ich zur Begründung meiner
Ansicht.