Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1864)

Rachmittag 2 Uhr. 
Keßler ist abwesend. 
II. Es wird das Gesetz zur Organisation des Orts- 
schulrathes in Berathung genommen. 
Pfr. Buch! beantragt den Gegenstand heute nicht zu 
berathen, da die beiden geistlichen Herren (Gmelch, Er- 
ni) nicht anwesend seien; man möge die Sache bis zu 
nächster Sitzung verschieben. 
Es wird ihm vom Präsid. erwidert, daß man auf 
Antrag dieser Herren den Gegenstand schon einmal ver 
tagt habe; eine weitere Verzögerung wäre nicht wün- 
schettswerth. Zudem werde jedenfalls die II. Lesung erst 
in nächster Sitzung erfolgen, und es könnten alsdann 
noch immer Modifikationen des Gesetzes zc. beantragt 
werden. — 
Die Versammlung entschließt sich mit 8—2 Stimmen 
zum Eintritt in die Berathung. 
Der Artikel 1 des Entwurfs bestimmt im Einklang 
mit §. 82 des Gemeindegesetzes, daß in jeder Gemeinde 
ein Schulrath zu bestehen habe. Die unmittelbare und 
nächste Aufsicht auf jede Ortsschule hat der Lokalschul 
inspektor zu führen. 
Der Artikel 2 des Entwurfs normirt die Zusammen 
setzung des Schulraths. Der Schulrath hat zu bestehen: 
1) aus dem OrtSgeistlichen, welcher den Vorsitz führt 
und zugleich Lokalschulinspektor ist; 
2) aus dem Ortsvorsteher: 
3) aus 2 nach der Bestimmung des Gemeindegesetzes 
vom 24. Mai 1864 gewählten Schulräthen. 
Die Lehrer, sie mögen definitiv oder provisorisch ange 
stellt sein, wohnen, so oft nicht über ihre Person, oder 
über ihre Dienstführung verhandelt wird, den Sitzungen 
des Schulraths mit berathender Stimme bei. 
Die einschlägigen Bestimmungen des Schulgesetzes vom 
8. Februar 1859 lauten: „Die unmittelbare und nächste 
Aufsicht auf jede Ortsschule ist dem Pfarrgeistlichen als 
Lokalschulinspektor übergeben, er bildet mit dem Ortsvor- 
steher und Säckclmeister die Lokalschulbehörde." 
Ueber alle Ortsschulangelegenheiten hat die Lokalschul 
behörde die Aeußerung des Lehrers einzuholen. 
Der in dem neuen Gesetze sich aussprechende Fortschritt 
in Bezug auf Zusammensetzung der Lokalschulbehörde be 
steht darin, daß an Stelle des Säckelmeisters als Mit 
glied derselben, zwei aus der Mitte der Gemeindeglieder 
gewählte Schulräthe eintreten. Das Wort „Mitglieder" 
bat hier die Bedeutung von Ortsangehörigen; es sind 
also in Schulrath sowohl Niedergelassene als Gemeinde 
bürger wählbar. Da auch die Lehrer in den Schulrath 
gewählt werden können, so ist ihr Einfluß aus die Lei 
tung des Ortsschulwesens sehr erweitert. Werden sie in 
den Schulrath nicht als Mitglieder gewählt, so haben 
sie doch mit berathender Stimme an den Schulrathssitzun- 
gen theilzunehmen. 
Da der Ortsschulrath aus 4 Mitgliedern zusammen 
gesetzt ist, so kann leicht Stimmengleichheit eintreten. Fi 
scher schlägt daher vor, die Zahl auf 5 zu erhöhen. Diese 
Zahl wird aber für zu groß befunden, indem Präsident 
Schädler es wünschenswerth erklärt mit den nicht im 
Uebermaß vorhandenen geistigen Kräften möglichst ökono 
misch zu verfahren. Im Anschluß an diese Ansicht, be 
antragt Büchl 3 Mitglieder, weil ja ohnedies die Auf 
gabe des Ortsschulraths eine engbegrenzte sei. Die Ver^ 
sammlung spricht sich aber mit 7—3 St. für den Ent 
wurf aus. 
Zu Art. 3 erklärt Fischer, daß er zwar den Fortschritt, 
der sich in diesem §. ausspricht, anerkennt, und daß er, 
weil es einen Fortschritt gelte, für denselben stimmen 
werde; allein er sei damit nicht vollkommen befriedigt, 
weil er ein entscheidendes Stimmrecht für den Lehrer 
wünsche. 
Im Uebrigen wird der Entwurf ohne Aenderung ein 
stimmig angenommen. 
III. Das öfter. Gesetz über Hausdurchsuchung. 
Infolge des öster.-liechtensteinischen Zoll- und Steuer 
einigungsvertrags bildet das Fürstenthum Liechtenstein 
mit Vorarlberg einen gemeinsamen Zoll- und Steuer 
verwaltungsbezirk. Die Erreichung der Vereinszwecke 
macht einen gleichmäßigen Vorgang auch in Bezug auf 
Hausuntersuchungen in GefällSsachen nothwendig. Nach 
dem öfter. Hausschutzgesetz vom 27. Oktober 1862, dann 
nach dem Gefallsstrasgesetzbuche ist die Finanzwache auch 
ohne Ermächtigung von Seite des Gerichts ermächtigt, 
zum Behufe der finanziellen Aufsicht Hausdurchsuchungen 
vorzunehmen, während nach §.12 unserer Verfassungs 
urkunde Hausuntersuchungen nur in unabwendbaren Fäl 
len und auf Grund einer Verfügung des zuständigen 
Gerichts stattfinden können. 
Die fürftl. Negierung macht durch den vorgelegten 
Gesetzentwurf den Vorschlag, das öfter. Hausschutzgesetz 
vom 27. Oktober 1862 für Hausdurchsuchungen in Ge- 
fällssachen für die Dauer des Zoll- und Steuervertrags 
einzuführen. 
Dasselbe wird auf die Dauer des Zollvertags ein 
stimmig angenommen. 
IV. Schellenberger Straßenbauprojekt. 
Es soll der Gemeinde Schellenberg durch diese Stra 
ße eine Verbindung mit dem Flachlande hergestellt wer 
den. Die alte Straße muß. deshalb auf 1700 Fuß Län 
ge umgebaut, und außerdem an andern Stellen eine neue 
Richtung eingehalten werden. Die Kosten sind auf 1300 
fl. angeschlagen. Das Land soll einen Beitrag von 500 
fl. leisten. Der Antrag wird einstimmig angenommen. 
V. Projekt zum Bau eines Ständehauses mit Land 
richters-Wohnung. 
Dieses Projekt wird namentlich in letzterer Beziehung 
dadurch motivirt, daß es hierorts an passenden Mieth- 
wohnunqen fehlt. Die Commission erkannte die Dring 
lichkeit dieses Gegenstandes an; allein Mangel an den 
nöthigen Mitteln, (die vorhandenen Mittel sind für das 
künftige Jahr bereits anderwärts verwendet) und ander 
weitige Rücksichten gestatten es nicht, schon jetzt auf die 
ses Projekt einzugeben. Der Landtag beschloß deshalb: 
1. es sei die Nothwendigkeit des Projekt. Baues im 
Allgemeinen anzuerkennen. 
2. es sei jedoch vorerst die f. Regierung zu ersuchen, 
die erforderlichen Schritte zur Erwerbung des Bau 
platzes zu thun und dem nächsten Landtage eine neue 
Vorlage zu machen. 
(Fortsetzung folgt.)
	        

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