Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1864)

Die höchste Klasse ist mit 60 fl. die niedrigste mit 1 
fl. besteuert. Die Steuer wird von der Landes-Kassa 
verwaltung auf Grund der Angaben des Gewerbtreiben- 
dett und nach Einvernehmen des OrtsvorsteherS festgestellt. 
Hiegegen ist der Rekurs an die Regierung offen. 
Nundschau. 
Die Londoner Konferenzräthe sind also wieder aus 
einander gegangen, wie sie gekommen waren, d. h. eben 
so verwirrt und rathlos, wie vom Anfang. Nur unsere 
deutschen Herren find ein bischen klüger geworden, man 
weiß doch jetzt, daß sie ein ganzes, ungetheiltes Schles- 
wig-Holstein wollen. Ohne die Konferenz wären sie, 
ihre Herren Auftraggeber und wir alle wahrscheinlich 
noch ebenso wenig im Klaren, als vor 6 Monaten. 
Vielleicht hat der nähere Umgang mit dem vor Alters 
zahnlos gewordenen englischen Löwen auch ein Weniges 
dazu beigetragen, daß ihnen das Fürchten verging. Das 
ist jedeSfalls eine gute Wirkung der Konferenz. Was 
nun weiter, wird sich bald zeigen. ES gibt wahrschein 
lich nicht Ruhe, bis den Dänen der Athem ausgeht. 
Dahin kann es aber bald kommen. Von den Englän 
dern haben sie keinen Beistand zu hoffen. Der hochbe 
rühmte Maul-Held Russell, zur Zeit englischer Minister, 
hat erklärt: Englands Ebre, d. i. der Geldbeutel, erfor 
dere nicht dessen Theilnahme am Krige; England habe 
nie materiellen Beistand versprochen. Also der Esel in 
der Löwenhaut; es galt den guten deutschen Michel zu 
probiren, ob er sich noch bange machen lasse. Will's 
Gott, so hat er das verlernt. 
Das Neueste und Merkwürdigste wäre: Oestreich und 
Preußen wollten beim Bunde auf Kriegserklärung gegen 
Dänemark antragen. Was das jetzt für einen Zweck 
haben soll, ist uns nicht klar; hätte man es dem Bund 
von Anfang überlassen! 
Ueber die Kissinger und Karlsbader Zusammentreffen 
ist nichts Gewisses zu erfahren. Viele meinen, so eine 
2. Auflage der heiligen Allianz sei gar nicht so unmög 
lich, d. h. ein Zusammengehen Oestreichs, Preußens und 
Rußlands bei Sturm und Wetter, unter allen Umstän 
den. Wo der preußische Hr. v. Bismarck mithilft, und 
der war dabei, da kommt gewöhnlich nicht das Beste 
zu Tage. 
Aus Süddeutschtand ertönt wieder eine Trauerkunde. 
König Wilhelm von Württemberg, ein echtkonstitutionel 
ler, streng rechtlicher und deutsch gesinnter Fürst, ist todt. 
Er starb 83 Jahre alt, ihm folgt sein Sohn Karl l. 
Möge er die Pfade seines edlen Vaters wandeln! 
Kaiser Maximilian ist bereits in seinem neuen Hei 
mathtande angekommen. Er hat eine Ansprache an die 
Bevölkerung erlassen, wie sich das in solchen Fällen von 
lelbjt versteht. Dabei gedenkt er der glorreichen franzö 
sischen Ration, die mit Napoleon an der Spitze der Ci 
vilisation allerortS neue Wege bahne. — In Nordame 
rika erwartet man wieder einmal das Ende der Süd 
staaten. 
In München tagt jetzt eine Zollkonferenz, um alle 
Deutschen in einen gemeinsamen Zollverein zu bringen. 
Bislang war sie aber ebenso unfruchtbar als die Londo 
ner. Es muß doch einen thatsächlichen, greifbaren Wi 
derstand, etwas Unüberwindliches in den ökonomischen 
Verhältnissen Preußens und vieler deutschen Staaten 
geben, daß gar keine Vereinigung, kein Nachgeben von 
einer oder der andern Seite zu weg kommt. Preußen 
würde unmöglich so starrköpfig sein, wenn es nicht irgend 
wo ein Rückhalt an der Bevölkerung hätte. Jedenfalls 
ist die Zollfrage gegenwärtig in einem kritischen Moment. 
Schleswig - Holstein. 
Auf der Insel Sylt westlich von Schleswig in der 
Nordsee lebt ein kernhafter deutscher Schlag Leute, wet 
terhart von den Fahrten auf allen Meeren und treu an 
Schleswig und Deutschland hängend trotz aller Tyrannei 
der Dänen. Zur Volksversammlung in Hadersleben, die 
sich für das Verbleiben bei Deutschland energisch auS- 
sprach, zogen unter großen Gefahren sieben Männer von 
Sylt und von da gingen sie nach Berlin, um in dem 
selben Sinne zu wirken. Die Sieben sind der Kaufmann 
W. Hendrichs, der Landmann A. I. Siemonsen, der 
Schiffskapitän U. Bleichen, desgl. K. Bleichen, der Dr. 
me6. Jenner, der Schiffskapitän I. P. Prott und der 
Bauernvogt Hein. Am 14. Juni wurden diese Sieben 
von dänischen Soldaten gefangen und widerrechtlich nach 
Kopenhagen geschleppt. Aus frühern Vorgängen weiß 
man, welches Schicksal ihnen von der Rachsucht der 
Dänen bereitet werden wird. 
Wird ihr Märtyrerthum sür die nationale Sache Früch 
te bringen? Hoffentlich! Denn darüber kann nach diesem 
Akte der schnödesten Gewalt doch wohl kein Zweifel mehr 
sein, daß deutsches Land nicht mehr an Dänemarks Will 
kür überlassen werden, daß von Abreißung einzelner Thei 
le Schleswig's nicht mehr die Rede sein kann! Dänemark 
hat wieder einmal gezeigt, welch Schicksal Städten und 
Bezirken — wir denken mit Schrecken an Hadersleben, 
wenn je der Däne dorthin zurückkehrt! — bevorsteht, 
welche seiner Rache preisgegeben würden. Hat deutsches 
Blut darum Schleswig befreit, um die wackeren Männer, 
welche im Vertrauen auf deutsche Kraft und deutsches 
Wort dem Zuge ihres Herzens und ihrer nationalen 
Pflicht folgten, wieder dem bittersten Elend auszuliefern? 
Wie will Deutschland, wie will Preußen von den SchleS- 
wigern erwarten, daß sie für die deutsche Nationalitat 
oder auch nur für ihr Beisammenbleiben mit ihren schleS- 
wig'schen Brüdern in unzweideutiger Weise sich erklären) 
wenn jeder Schutz vor dänischer Rache mangelt? UnS 
will bedünken, die deutschen Gesandten in London könn- 
ten keine Stunde länger die Unterhandlungen mit Däne 
mark fortsetzen, ehe die 7 Sylter wieder in Freiheit ge 
setzt sind. — Die Wegschleppung der Sylter wird als 
eine absichtliche persönliche Kränkung des Königs von 
Preußen betrachtet, weil er der Sylter Deputation seinen 
Schutz in Aussicht stellte D. Z. 
Auf ein Gesuch des Professor ESmarch aus Kiel an 
das Generalkommando der alliirten Armee ist verfügt 
	        

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