Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1864)

Liechtensteiner Kandeszeitung. 

Vaduz, Samstag 
Rro. 
den 2. Juli 1864. 
Dieses Blatt erscheint monatlich regelmäßig 2mal, nur zur Zeit der Landtagsverhandlungen öfter, und kostet für das 
Fürstentum Liechtenstein ganzjährig t fl., auswärts 1 fl. 50. — Einrückungsgebühr für die gespaltene Zeile 4 Nkr. - 
Man bestellt die Zeitung in Vaduz bei der Redaktion und in Feldkirch bei der löbl. Wagner'schen Buchhandlung. Gesetze 
und Verordnungen, sowie die Landtagsverhandlungen erscheinen in Beilagen, wofür ganzjährig 50 Nkr. ferner zu bezahlen sind. 
Ein Gewerbsgesetz 
wurde von der fürstl. Regierung beim Landtage einge 
bracht. Es wird unsere Leser interessiren über den In 
halt dieses Gesetzes einiges zu erfahren. Wir geben des 
halb im Nachfolgenden einen kurzen Auszug. 
Im Gewerbswesen herrschte bis zur Stunde bei uns 
völlige Freiheit, jeder konnte treiben was ihm beliebte. 
Von Zunftwesen war bei uns keine Spur, die gewerb 
lichen Zustände waren völlig dieselben, wie in der benach 
barten Schweiz. Was man in anderen Staaten nach 
vielen Kämpfen mühsam erzwingen mußte, das verstand 
sich bei uns von selbst. Es wurde keiner nach dem 
Lehrzeugniß oder nach andern für die löbliche Polizei 
hochwichtigen Personalien gefragt; seine Erzeugnisse wa 
ren das einzige Dokument für den Beweis seiner Zunft. 
Aus diesen Verhältnissen ist nun leicht ersichtlich, welche 
Aufgabe einer zeitgemäßen Gewerbeordnung für unser 
Land gestellt ist. 
Nach der neuen Gewerbeordnung ist zum Betrieb ei 
nes jeden Gewerbes die Bewilligung der Behörde noth 
wendig. Die Bewilligung kann nur an Vollberechtigte 
und auf ihr besonderes Ansuchen ertheilt werden. Ver 
brecher, Personen, welche wegen Vergehen ans Gewinn 
sucht, gegen die öffentliche Sittlichkeit, wegen Schleich 
handels (Schmuggel) schwerer Gefällsübertretung, Kon 
kurs :c. verurtheilt wurden, sind vom Gewerbebetrieb 
unter Umständen und wenn es die Behörde für gut fin 
det auszuschließen. Auch hat die Behörde, außer dem 
Richter, die Befugniß in besonderen Fällen Einstellung 
des Gewerbes zu verfügen. Ausländer (nicht deutsche) 
können nur mit Erlaubniß der Regierung ein Gewerbe 
betreiben. 
Folgende Gewerbe müssen besondere Umstände nach 
weisen: 1) Buch- und Steindrucker, Buchhändler ic. die 
erforderliche allgemeine Bildung; 2) Unternehmer von 
Omnibusfahrten zc.; 3) Baumeister: ihre praktische Be 
fähigung durch Zeugnisse; ä) Kaminkehrer und Büchsen 
macher; 5) Gastwirth: die Zustimmung des betreffenden 
Gemeinderathes :e. :c. 
Gewerbe, welche durch Dampf- und Wasserkräfte be 
trieben werden, welche die Gesundheit, die Sicherkeit be 
drohen, durch üble Gerüche und ungewöhnliches Geräusch 
die Nachbarschaft gefährden, oder belästigen, müssen be 
sondere Genehmigung der Regierung einholen. Ebeuso 
ist diese Genehmigung zu Aenderungen im Fabriksbetrieb 
nöthig. Wird nach ertheilter Genehmigung der Betrieb 
innerhalb Jahresfrist nicht begonnen, oder wird der Be 
trieb 3 Jahre unterbrochen, so erlischt die Konzession. 
Der Betrieb mehrer Gewerbe und eines Gewerbes 
sammt allen Neben- oder Zweiggewerben ist gestattet, des 
gleichen der Handel mit einschlägigen Erzeugnissen,, jedoch 
nur am Wohnort. Zur Errichtung von Werkstätten an 
anderen Orten ist Bewilligung einzuholen. Jeder Ge- 
werbsmann ist verpflichtet an seiner Werkstätte eine Be 
zeichnung (Schild, Firmatafel) anzubringen. Kaminkehrer, 
Fleischer, Bäcker können ihr Gewerb nicht nach belieben 
einstellen, sondern nur nach Anzeige bei der Behörde und 
sie müssen es auf Verlangen alsdann noch wenigstens 
6 Wochen fortführen. 
Stellt sich nach ertheilter Konzession heraus, daß dem 
Bewerber ein gesetzliches Ersorderniß schon vorher man 
gelte, so kann die Konzession zurückgenommen werden, 
namentlich bei den oben Zif. 1—5 aufgezählten Gewer 
ben. Ein eigner Absatz handelt von den Gesellen oder 
Gehilfen. Fabrikanten, welche mehr als 10 Arbeiter be 
schäftigen, haben genaue Verzeichnisse über Namen, Alter, 
Heimath, Dienstverrichtungen, Löhnung zc. ihrer Arbeiter 
zu führen und jederzeit der Behörde zur Einsicht vorzule 
gen ; im Arbeitslokal haben sie eine Dienstordnung über 
Arbeitszeit, Abrechnungstermin, Aufsicht, Lohnabzug zc. 
aufzuhängen. 
Ein anderer Absatz spricht von den Verhältnissen der 
Lehrlinge. 
§. 68 bestimmt die Strafen gegen Übertretung der 
Gewerbeordnung z. B. bis 10 fl., i Monat Arrest, Kon 
zessionsentziehung. Die Unternehmer werden meistens 
mit Geld, die Arbeiter mit Arrest bestraft; und zwar er 
stere wegen unbefugten Gewerbsbetriebs, wegen Über 
tretung der Vorschriften bezüglich der Gehilfen und Ar 
beiter, wegen Bedrückung der Arbeiter. Die Unterneh 
mer fallen nur in Arrest bei besonders erschwerenden 
Umständen oder Zahlungsunfähigkeit. 
Die Gewerbsbehörde ist zunächst das Landgericht. 
Gegen dessen Entscheidung ist 14 Tage Rekursfrist offen. 
In Straffällen kann die Regierung aus rücksichtSwürdi- 
gen Gründen die Strafe mildern oder nachlassen. 
Beim Eintreiben der Strafgelder ist Beschlagnahme der 
Waaren, des Werkzeugs und der Maschinen zc. gestattet. 
Mit dem Gesetze ist zugleich eine Gewerbs-Steuet- 
regulirung verbunden.
	        

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