Präs. nach kurzer Besprechung mit dem Reg.-Komm.:
Antrag zu Z 4 Ziffer 6: „Pfrnndgüter können zur Tra-
gung der Gemeindelasten nur dann ins Mitleid gezogen
werden, wenn der Nutznießer ein Einkommen von fl. 600
u. s. w. wie oben.
Mit 10 — 2 Stimmen angenommen.
Ziffer 6 des H 4, wohin dieser Zusatz eingereiht wird,
muß nun Ziff. 9 werden, 7 wird 6 :c.
Marxer's Antrag bezüglich der Belastung der Pfrün
den und mit den Wuhrbaulasten mit 3 — 10 Stimmen
abgelehnt.
Reg.-Komm.: Mit Rücksicht aus die so eben voraus
gegangenen Abstimmungen glaube ich, daß H noch eine
Vervollständigung benöthige; was hat nämlich in dem
Falle zu geschehen, wenn sich einer nicht abfinden will?
Ich schlage deßhalb vor: „Wird über die Abfindung kein
Uebereinkommen erzielt, so hat die Regierung darüber im
Entscheidungswege festzustellen."
Keßler: Es scheint in den Gemeinden das Bestreben
ausgesprochen, daß man überhaupt abwesenden Bürgern
keinen Gemeindenutzen lassen will. Wenn die Regierung
den Abfindungsbetrag festsetzt, so muß man ihnen den
Nutzen zukommen lassen; freilich wird die Autonomie der
Gemeinde dadurch stark beschränkt. Nach dem Gesetz soll
auch ein Stellvertreter für die Verrichtung der Gemeinde
lasten zulässig sein; denn sonst ist gerade das, was auch
Hr. Wanger verlangt, unmöglich gemacht.
Wanger: Die Regierung wird immer entscheiden, ob
auf Verlangen der Gemeinden eine Kaution zu stellen sei.
Präs.: Ich finde es nöthig, auf die Gründe hinzu
weisen, welche die Kommission leiteten, und zu beantra
gen, daß auch an abwesende Bürger der Nutzen abzugeben
sei. Dadurch wird es unbemittelten Bürgern möglich ge
macht, auch auswärts des Verdienstes wegen zu wohnen.
Wird der Satz geändert, daß die Anwesenheit in der Ge
meinde als unumgängliche Bedingung gesetzt werde für
den Ausbezug, dann wird solchen unbemittelten Bürgern
das Leben außer der Gemeinde unmöglich gemacht.
Fischer: Ursprünglich war man nicht dafür; wer nicht
in der Gemeinde wohnt, soll auch den Nutzen entbehren.
Nur aus Rücksicht für Aermere ging man von dieser An
sicht ab. Uebrigens hat die Gemeinde das Recht, den
Nutzen zu geben oder zu nehmen; kann sich zufällig Ei
ner nicht mit der Gemeinde abfinden, so muß er eben
den Nutzen entbehren oder zu Haus bleiben. Das ist
im Sinne der Gemeindeautonomie.
(Büchl verläßt den Saal.)
Präs.: Ich bringe den Vorschlag des Hrn. Reg.-K.
zur Abstimmung: „Wird keine Abfindung zu Stande ge
bracht :c. (wie oben) mit 13 — 1 St. angenommen.
ZH 19, 20, 21, 22 angenommen.
H 23. Das Bürgerrecht wird erworben:
1) durch die Geburt von ehelichen Kindern der Gemeinde
bürger nnd heimatberechtigten Hintersassen, dergleichen
von unehelichen Kindern der Gemeindebürgerinnen
oder bisheriger heimatberechtigter Hintersassinnen;
2) durch die Legitimation von Seite eines Gemeindebür
gers;
3) u. s. w.
Gmelch: Ich fühle mich hier gedrungen, gegen den
Punkt 1 dieses § mich auszusprechen. Wie ich hier lese,
gibt der Entwurf den unehelich m Kindern das volle Bür
gerrecht, nnd zwar, wenn ich recht verstehe, nicht blos das
politische, sondern auch das Nutzungsrecht. Es will nicht
sagen, den unehelichen Kindern, welche jetzt schon leben,
sondern den zukünftigen. Gegen diese Bestimmung möchte
ich mich erklären, und zwar aus einem 3fachen Grunde:
1) Bin ich dagegen, da wir durch dieses Gesetz das ein
zige Hemmniß für Etwas, was nicht sein soll, hinweg
räumen. 2) Bin ich dagegen, weil wir dadurch das sitt
liche Gefühl des Volkes, ich weiß nicht, soll ich sagen an
greifen, oder wenigstens gegen das sittliche Gefühl des
Volkes uns aussprechen. Das Volk im Fürstentum ist
gegen diesen Z, gegen diesen Theil des §, und zwar aus
einem sittlichen Gefühl, und dieses Gefühl, glaube ich,
dürfen und sollen wir respektiren. 3) Bin ich gegen die
sen Theil des Z, weil er mir auch ein Recht anzugreifen
scheint, nämlich ein Recht der Gemeinde. Die Gemeinde
hat nach meiner Ansicht das Recht, auf keiuem andern
Wege Bürger zuzulassen, als auf einem Wege, der recht
und erlaubt ist. Wir können die Gemeinde etwa ver
pflichten, Bürger zuzulassen, oder wir können davon reden,
daß sie Bürger zulassen soll durch rechtmäßige Geburt,
durch Einkauf, durch nachfolgende Legitimation, durch Hei
rath ; das sind die rechten Wege, auf denen wir den Ge
meinden kommen können und sagen, sie sollen diese als
ihre Bürger anerkennen. Die Gemeinden verpflichten auf
einem Wege des Unrechts, der nicht erlaubt ist — und
das ist eben die Unsittlichkeit — auf diesem Wege die
Gemeinden veranlassen, daß sie Bürger bekommen und
vermehren, das wage ich nicht den Gemeinden znzmnu-
then. Und darum bin ich aus diesem dreifachen Grunde
für die Streichung derjenigen Worte, welche von den un
ehelichen Kindern sprechen. Es könnte am Ende meine
Ansicht, wenn es gefordert wird, auch die Gestalt eines
Antrages bekommen. Wenn die bloße Hinweglassuug der
Partie in Bezug auf die unehelichen Kinder nicht aus
reicht, so würde ich den Antrag einbringen: „die un
ehelichen Kinder bleiben in dem bisherigen Ver
hältnisse zu dem Bürgernutzen." — Ich habe das
aussprechen müssen gegenüber dem sittlichen Gefühl des
Volkes und gegenüber der Pflicht Aller, die Sittlichkeit
zu wahren und das Gegentheil zu hemmen, wo man
kann.
Präs.: Die Kommission ist hier sehr schwer beschul
digt worden, etwas, was gegen die Gesetze der Sittlich
keit läuft, bestimmt zu haben. Die Kommission hat für
diese Bestimmung auch ihre Gründe. Es ist uus sowohl
bei der Verfassung als auch beim Gemeindewesen die
Aufgabe gegeben, den Rechtsstaat hcrzustelleu, ihn mög
lichst frei und klar aufzubauen. Ich frage, stimmt es
mit den Grundsätzen des Rechtes, mit den Grundsätzen
der Sittlichkeit überein, daß eine Person, d. h. ein We
sen, welches Gott uud die Natur zum höchsten Zwecke
geschaffen hat, daß es gestraft werde, um eiuer andern
Person wehe zu thun? Ich frage, welches ist das Recht,
daß wir ein solches Wesen verkürzen? Ich bin über
zeugt, der Hr. Vorredner wird anerkennen, daß auch die
ses Wesen einen gleichen Beruf, die gleiche Bestimmung
habe. Diese ihueu erschweren dadurch, daß wir sie in
eine mindere Stellung bringen, das ist nach meiner Mei
nung nicht recht, deun der Einfluß der Gesellschaft auf
die Ausbildung des Einzelnen ist zu groß, als daß wir
Einzelne in die mindere Stellung briugeu können. Ich