Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1864)

auf allerlei Gedanken, wenn man so von der Weite zu 
sieht. — Da fallt mir noch Eins bei, weil ich vom Li- 
zitiren rede. Es ist eine wundersame Geschichte von ei 
nem Rankgrabenstreulizitationsprotokoll. Aber ich will 
davon ein ander Mal berichten. 
Die in unserem Lande gesammelten Gelder für Schles- 
Wig-Holstein wurden an das Feldkircher Comits abge 
liefert und von diesem an das Hamburger Comits des 
Schleswig-Holsteinischen Vereins gesandt. Ueber den 
Empfang der Gelder erhielt das Feldkircher Comite fol 
gende Bescheinigung 
Gestern empfieng vpn dem Schleswig-Holstein'schen 
Hülfscomit6 zu Feldkirch das Comite des Schleswig-Hol 
stein'schen Vereins in Hamburg fl. 1105.10, von wel 
chem Gelde fl. 80.10 in Lichtenstein, fl. 1025 in Vor 
arlberg gesammelt sind und von dem fl. 947.52 in 
Banknoten, fl. 157.58 in Silber eingiengen 
Namens des hiesigen Comites statte ich hiemit dem 
verehrlichen Feldkircher Hülfscomite den wärmsten Dank 
ab und verspreche, daß die später einzuschickende Abrech 
nung nachweisen soll, das Geld sei nur für nothleidende 
Schleswig-Holstein'sche Beamte und Einwohner verwen 
det worden. 
Hamburg, 24. März 1864. 
F. Wulfs m. p. 
Ein Berger, der über den Gulmen ins Holz gieng, 
will einen Bären gesehen haben. Der Mann ist seiner 
Sache ganz gewiß und gibt nicht zu daß er sich etwa 
getäuscht haben könnte. Schade daß die Witterung so 
schlecht ist, sonst würden bärenkundige Leute einen kom- 
missionellen Untersuch vorgenommen haben. Doch das 
ist am Ende auch überflüssig, so oder so, ein Bär ists 
auf alle Fäll'. 
— In Ungarn wurden in jüngster Zeit zahlreiche 
Hausdurchsuchungen und Verhaftungen vorgenommen. 
Man hat viele Waffen u. dgl. gefunden und vermuthet 
es sei eine Revolution im Anzug. — Auch in unserm 
nachbarlichen Feldkirch sind in letzter Zeit mehrfache Haus 
durchsuchungen geschehen, angeblich durch unerlaubte 
Waffeneinfuhr veranlaßt. Es sollen bereits mehrere Per 
sonen verhaftet und andere flüchtig sein. — Das sind 
unliebe Ereignisse, die mehr oder weniger hemmend auf 
die ruhige Entwicklung gesetzmäßiger Zustände zurückwir 
ken müssen. 
— Aus Bregenz 31. März schreibt die Feldk. Ztg.: 
Gestern früh wurde der bekannte Mörder Gasser aus 
der hiesigen Frohnfeste von zwei Gendarmen nach Feld 
kirch eskortirt. Da derselbe gegen den von der Staats 
behörde erhobenen Anklageantrag und Beschluß des Ge 
richtshofes nicht appellirte, dürfte die Schlußverhandlung 
noch im Laufe des April erfolgen. Wie gesagt wird, 
sollen 16 Zeugen dabei zu erscheinen haben. 
— Es gibt auch bei uns noch gar viele Leute, die 
da glauben, jeder Batzen für ein Schulbuch sei ins Was 
ser geworfen, und die in dem Schulzwang eine unver 
antwortliche Tyrannei erblicken. Für solche Rechenmeister 
sind, nachstehende Ziffern lesenswerth. In Frankreich konn 
ten im Jahre 1862 von 4990 des Verbrechens ange 
klagten Personen 1983 wederlesen noch schreiben; 2220 
nur lesen und dabei mangelhaft schreiben; gut lesen 
und schreiben konnten 466; höhere Schulanstalten als 
die Primärschule hatte» besucht 321. Also: je mehr 
Schulen und je besser die Schulen, um so weniger Zucht- 
bäuser, von anderen Dingen gar nicht zu reden. 
Unsere Nachbarn über dem Rheine sind als sehr gute 
Wirthschafter bekannt; wenn sie einen öffentlichen Auf 
wand machen, so darf man voraussetzen, daß sie ihren 
Vortheil dabei wahrnehmen. Aus guten Gründen wen 
den sie daher so große Summen für das Schulwesen 
auf. Der Kanton St. Gatten zählt gegenwärtig 389 
Primärschulen, worunter 182 Halbjahrschulen, und 29 
Realschulen. Das ganze Schulwesen des Landes erfor 
dert einen Kostenaufwand von Franken 554,576, woran 
der Staat nur 86,086 Fr.leistet; die ganze übrige Sum 
me von 468,490 Frk. wird durch die Zinse der Schul 
güter (190,490 Fr.), Schulsteuern und Beiträge von 
Korporationen aufgebracht. 
— Ein dem Hofe nahestehender Mann in München 
schildert König Ludwig I!. also: „Der junge König hat 
treffliche Eigenschaften: er ist gutmüthig, wißbegierig, 
leutselig und hilft gern. Unter redlicher Mitwirkung der 
Minister wird der König ein tüchtiges Staatsoberhaupt, 
welches die Vorzüge seines verstorbenen Vaters in sich 
vereinigt. Den größten Einfluß auf den König hat seine 
Mutter, die an Redlichkeit und Liebenswürdigkeit ihres 
Gleichen sucht, und Graf La Rosse, der Erzieher des 
Königs. Der Graf besitzt zwar eine gute Dosis Adels 
stolz, aber nicht von der Sorte der hinterpommer'schen 
Junker, sondern nach Art der britischen Hochtories. Er 
ist der Verfassung warm ergeben und durch und durch 
Ehrenmann." 
— Königin Maria, Er-König Franz II. unglückliche 
Gemahlin in Rom soll wieder auf dem Heimwege nach 
Bayern sein. 
Die preußischen Kanonen scheinen jetzt die ersten der 
Welt zusein; sie übertreffen sogar die französischen. Der 
Fabrikant dieser ausgezeichneten Instrumente ist Herr 
Friedrich Krupp in Essen, in der Rheinprovinz. Derselbe 
beschäftigt in seiner Fabrik gegenwärtig 5700 Arbeiter 
und sucht noch einige tausend neue. Der Kaiser von 
Rußland hat bei ihm 80 Kanonen hestellt, die über 1 
Million Thaler kosten. — Man erzählt sich in Berlin, 
daß Krupp dem Könige von Preußen 100 Stück Kano 
nen (im Werth von einer Million Thaler) zum Ge 
schenk gemacht, den Adel aber abgelehnt habe. 
— Die preußischen Ziindnadelgewehre haben sich im 
Krieg bewährt. Die Dänen können sich nicht genug 
wundern, wie schnell und weit die Preußen schießen. 
Manche meinten gar: die Preußen laden am Abend die 
Gewehre und schießen dann den ganzen andern Tag. 
Man hat es öfters gesehen, daß preußische Kugeln auf 
1000—1200 Schritte gut getroffen haben. 
— Am 27. März wurden auf dem Zacherlkeller in 
München 120 Eimer Salvatorbier getrunl.'n. Gott 
segne eure Studia! 
— Mit welch' thierischer Grausamkeit die nordame 
rikanischen Sklavenhalter die Kriegsgefangenen behandeln,
	        

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