Kesler: Sodann ist noch die Unbestimmtheit im
Antrag: „Dienstleistungen, welche ihre Zeit voll in An
spruchnehmen". Wie soll man das praktisch anwenden?
Reg.-Comm.: Vor der Abstimmung sollten wir uns
überhaupt klar machen, wie es mit den Pfründen ge
halten werden soll; denn der im §.18 vorgedachte Fall,
daß ein Geistlicher zugleich Bürger in seiner Pfarrge
meinde ist, tritt doch wohl sehr selten ein. Es handelt
sich da auch um die Konsequenz; wenn Sie den Geist
lichen mit einem Einkommen von 600 fl. von den Ge-
meindelasten befreien, so müssen Sie diese Befreiung bil
ligerweise auch den Beamten, Lehrern zc. zugestehen. Ich
bin einverstanden, wenn Sie alle im §. 37 aufgezähl
ten Personen ganz oder theilweise zu!den Gemeindelasten
herbeiziehen; aber für eine ausnahmsweise Behandlung
einzelner derselben kann ich mich nicht aussprechen.
Präs.: Das ist etwas anderes mit den Geistlichen.
Dieselben werden doppelt besteuert: Einmal müssen sie
die Staatssteuern tragen und dann auch noch die Ge
meindeumlagen.
Bargetze: Ich meine — meine Ansicht ist diese,
wir reden ganz falsch von der Sache, wir ziehen ja
nicht die ganze Einnahme des Geistlichen, nicht die Ka
pitalien zu den Wuhrlasten herbei, es handelt sich ja
nur um die Güter
Eine Stimme schlägt vor, die ganze Frage noch ein
Mal an die Commission zurückzuweisen; >— eine andere
erkennt in diesem Vorgange eine unnöthige Verzögerung
und so kommt es endlich zur Abstimmung über den III.
Theil des §. 15. Derselbe wird verworfen und somit
der ganze §.15 mit Ausnahme des 1. Satzes.
Hierauf kommt der vom Präsidenten eingebrachte An
trag zu §. 18 in Abstimmung und zwar in folgender
Fassung: „Ebenso haben Bürger einer Gemeinde, welche
dem Staate Dienste leisten, wie Geistliche, Lehrer, Be
amte, Aerzte, aktive Militärs, das Recht zu einer solchen
Abfindung wegen ihrer Gemeindelasten und die Gemein
de ist verpflichtet, einer solchen Anforderung zu entspre
chen. "
Keßler stellt den Antrag, zu diesem §. einen ferne
ren Zusatz zu machen in Bezug auf die minder dotirten
Pfründen, wie folgt: Geistliche, welche Pfründgüter zur
Nutznießung zugewiesen erhielten, sind von Umlagen auf
dieselben frei, wenn ihr Gesammteinkommen die Summe
von 600 fl. nicht erreicht. Die hiedurch bedingte Be
rechnung des Pfründeinkommens, in welches die Stol
gebühren und Meßstipendien nicht einzubegreifen sind,
hat durch die Regierung zu geschehen.
Mit 10 gegen 2 Stimmen angenommen.
Sofort wird der 8. 37 wieder aufgenommen.
Reg.-Comm. schlägt folgende Fassung vor: Nieder
gelassene Staatsbürger, welche dem Staate als Geistliche,
Beamte, Aerzte, Lehrer, Offiziere, Dienste leisten, bleiben
von persönlichen Gemeindedienstleistungen befreit, und
nehmen in jener Gemeinde, in welcher ihnen ihr Amt
den ständigen Aufenthalt anweist, an den Gemeindela
sten nur insoferne Theil, als es sich um Geldumlagen
für Erhaltung der Kirche, oder Schule oder Ortsbrun
nen handelt. Besitzen sie eigenthümliche Güter, so wer
den sie nach §. 35 behandelt. — Mit 10 gegen 2 Stim
men angenommen. — Um 12 Uhr wird die Sitzung
aufgehoben.
Nachmittag 2 Uhr.
§§. 40, 41 unverändert.
§. 42, Ziff. 2: (Ein Gemeinderathsbeschluß kann durch
die Gemeindeversammlung einer Revision unterzogen wer
den sobald 5/k der stimmfähigen Gemeindeglieder es ver
langt und) „sob ald dieses Verlangen innerhalb
4 Tagen nach stattgehabter bezüglicher Ge
meinderathssitzung geschieht," — diese Bestim
mung wird bemängelt, indem das Gesetz nirgends aus
spricht, daß die Gemeinderathsbeschlüsse bekannt zu geben
seien; es sei auch nicht ausgesprochen, daß die Sitzungen
des Gemeinderaths öffentlich abgehalten werden. Es
dürfte also ein Gemeinderathsbeschluß nur 4 Tage ver
heimlicht werden, so wäre es um die Revision desselben
durch die Gemeinde geschehen.
Präs. schlägt vor: „nach stattgehabter Bekannt
machung des bezüglichen Beschlusses"
Keßler: Dann muß man sagen, daß alle Gemeinde
rathsbeschlüsse innerhalb einer gewissen Frist bekannt ge
macht werden, oder daß die Sitzungen öffentlich sind.
Reg.-Comm.: Daß die Sitzungen nicht öffentlich
seien, dafür hat man gewichtige Gründe genug.
Kirchthaler: Wie kann aber die Gemeinde unter
solchen Umständen eine Kenntniß der Gemeinderaths
beschlüsse bekommen?
Präs.: Jedenfalls kommt der Beschluß noch zur
Kenntniß und zwar dann, wenn er ausgeführt wird.
Ehe dies aber geschieht, kann er angefochten werden.
Keßler: Das Einspracherecht der Gemeinde wird
dann in vielen Fällen nur illusorisch sein.
Kirchthaler: Eine Frist von 24 Stunden werde
genügen. Wenn es Ernst gilt, bei Unglücksfällen Zt.,
da wird man sich bald zusammen finden, da wartet man
nicht 4 Tage. Dieser Zeitraum ist zu lange und bietet
Jntriguanten Gelegenheit, die besten Anordnungen zu
hintertreiben. Mit dieser Bestimmung von 4 Tagen
kann eine Gemeinde in ein ungeheures Labyrinth gera
then und in großen Schaden gebracht werden. Z. B.
bei Ausführung von Schutzbauten.
Präs.: Wenn man den Gemeinden das Recht der
Selbstbestimmung geben will, so muß man es darauf
ankommen lassen, daß sie Beschlüsse zum eigenen Scha
den machen. Aber durch Schaden wird man klug —
es wird das nicht öfter vorkommen und man wird vor
sichtiger werden. Ich bin entschieden dafür, daß man
der Gemeinde dieses Selbstbestimmungsrecht in möglich
ster Ausdehnung wahre, sie soll eine Controlle des Ge
meinderaths zu jeder Zeit üben können; sie soll ihren
Haushalt selbst leiten und ordnen, wie dies jedem Haus
halter in Bezug auf fein eigenes Haus zusteht. Und
dazu sind die Bestimmungen des ganzen III. Abschnittes
ins Gesetz aufgenommen worden.
Keßler: Die Gründe gegen den Antrag zu 8. 42
sind noch nicht widerlegt Es ist im Gesetz nirgends be
stimmt, daß die Gemeindebeschlüsse bekannt zu machen
seien; das muß aber dann irgendwo gesagt werden.
Reg. Eomm.: Dem wäre abzuhelfen, wenn man
sagt, daß die Sitzungsprotokolle zu Jedermanns Einsicht
offen liegen. Das würde den Bürgern eine Beruhigung
geben und das Vertrauen derselben zum Gemeinderath
heben.