finde zwischen dem Berufe eines Staatsdieners und an
deren Berufsarten z. B. dem eines Fabrikanten. Das
ist irrig; es besteht ein wesentlicher Unterschied: der Fa
brikant kann einen Siellvertreter für sich einstellen und
dem Gemeindedienste entsprechen. Das kann und darf
der Beamte nicht, er muß selbst aus seinem Posten ste
hen. Solche Ausnahmen sind in allen monarchischen
Staaten gemacht. Anders ist's in republikanischen. Dort
stehen öffentliche Diener in ganz anderen Verhältnissen;
es ist ihnen nicht verwehrt neben dem Staatsdienste noch
andere beliebige Geschäfte, Industrie zc. zu treiben. Das
ist uns nicht gestattet. Ich bin also einverstanden daß
man diese Klasse von persönlichen Diensten, nicht aber
von Geldleistungen befreie; aber nicht so, daß man ihnen
persönliche Dienste in Geldleistungen umrechne. Sie
nehmen nur an jenen Lasten theil, welche sie persönlich
erfüllen können.
Kind: Ich bleibe bei meiner Ansicht stehen: Werden
vollen Genuß des Bürgerrechts bezieht, der soll auch die
vollen Lasten haben, solche etwa ausgenommen, die sich
durchaus nicht mit einer amtlichen Stellung vertragen.
Präs.: Damit ist gar nichts gesagt^ wer soll bestim
men, was sich mit einem Amte verträgt oder nicht? Das
muß ich selber wissen, wie sich ein Gemeindeamt mit mei
ner Berufspflicht verträgt — das ist Gewissenssache —
und darin kann ich Niemand ein Urtheil zugestehen.
Fischer: Der Kardinalpunkt dessen was Hr. Kind
verlangt liegt darin, daß öffentliche Diener bei allen La
sten eintreten, die im gegebenen Falle auch durch einen
Stellvertreter geleistet werden können.
Kind: Das ist es eben. Würde man allgemein be
stimmen, daß sie von persönlichen Leistungen frei seien,
so käme z. B. in unserer Gemeinde der Lehrer, der Bür
ger ist und der den vollen Genuß vom Gemeindegut hat,
in eine ausnahmsweise vortheilhafte Lage; denn wir le
gen z. B. für Rheinbauten jährlich 25 Arbeitstage auf,
die jeder Bürger in natura zu leisten hat; von diesen
wäre dann der Lehrer frei.
Keßler: Ich habe vorgeschlagen man solle sie nur
von persönlichen Dienstleistungen und Naturalleistungen
befreien, nicht von Geldleistungen und von solchen Um
lagen die auf Grund und Boden vertheilt werden.
Marrer: Der Vorsteher einer Gemeinde hat auch
keine Befreiung von den Lasten, trotzdem, daß er sehr
viele Geschäfte zu besorgen hat, die ihn hindern, die be
treffende Leistung persönlich auszuführen.
Kirchthaler: Ich muß noch einen Grund hervor
heben. Mit diesem Ausnahmsgesetz schaffen wir eine
Klasse Gemeindebürger, welche zwar in der Gemeinde
wohnen, die aber nicht den mindesten Antheil an den
Schicksalen dieser Gemeinde nehmen. Es mag da ein
Unglück eintreten, welches immer, so bleiben sie theil-
nahmslose Zuschauer. Anders ist es, wenn sie überall
in Mitleidenschaft gezogen werden, dann wächst das In
teresse. Und wir haben es überhaupt nöthig, alle Kräfte
zusammenzuhalten. Jeder, der immer kann, soll die ge
meinsame Last mittragen helfen. Früher, als die Rhein
bauten z. B. noch keine solche Ausdehnung hatten, war
es anders, mit einigen Tagen Arbeit war alles abgethan;
heute müssen wir Wochen- und monatelang schaffen. Die
Lasten sind ins Unerträgliche gewachsen.
Präs.: Wir kommen von der Sache ab. Nach mei
ner Auffassung handelt es sich zunächst nur darum, ob
ein Angestellter der zugleich Gemeindebürger ist und den
Gemeindenutzen bezieht, lastenfrei sein sott. Ich glaube,
daß dieses nicht ganz billig ist. Für den bezogenen Nu
tzen soll er auch die Gegenleistung machen; aber nur
nickt persönliche.
Reg. Komm.: Zu diesem Zwecke ist es leicht eine
Abänderung des §. zu machen. Ich schlage vor: „ein
solcher Angestellter, der zugleich Bürger ist, kann nur
dann Anspruch auf den Gemeindenutzen erheben, wenn
er sich zuvor mit der Gemeinde über die Tragung der
Lasten abgefunden hat."
Wolfinger ist der Ansicht, daß man diese Perso
nen unter allen Umständen den übrigen Gemeindebewoh
nern gleich halten soll.
Nachdem noch länger resultatlos debattirt wurde, hob
der Präsident die Sitzung um 12 Uhr auf.
Nachmittag 2 Uhr, Fortsetzung.
Die Debatte über den §. 15 wurde wieder aufgenom
men. Zunächst wird beantragt den 2. Absatz des §. 15
ganz zu streichen. Dem wird nun entgegengehalten, es
sei dieser Klasse Personen oft unmöglich persönlichen An
forderungen zu entsprechen, und in solchen Fällen wür
den sie dann der Strafe verfallen. — Das will man
nun nicht gelten lassen, indem es auch gegenwärtig häu>
fig vorkomme, daß einzelne Gemeindegliedcr z. B. die
angeordneten Arbeiten nicht leisten; mit diesen würde am
Jahresschluß eine Abrechnung gepflogen, wobei man die
versäumten Arbeitstage in Geldleistungen umwandelt.
Gleiches gelte von Gemeindegliedern, welche zufällig ab
wesend seien; diese hätten ihre Stellvertreter. — Nun
würde die Frage aufgeworfen, wie es mit den Geistlichen,
resp, ihren Pfründgütern zu halten sei?
Als Gründe für eine Befreiung der Pfründgüter von
Gemeindelasten werden aufgeführt: die schwach dotirten
Pfründen wären außer Stande, diese oft sehr nahmhaf
ten Lasten zu tragen; das Einkommen reiche gegenwär
tig kaum hin, um die Eristenz eines Mannes zu sichern,
durch die Uebernahme der Lasten würde dieß noch schlim
mer. Es sei aber im Interesse der Gemeinde die Pfrün
den mit Grund und Boden zu dotiren, dadurch werde
eine Einnahmsquelle geschaffen, die vom Fallen des Geld
werthes unberührt bleibe. Ebenso wichtig sei es, den
Geistlichen ein angemessenes Einkommen zu bieten, damit
gebildete und tüchtige Männer herbeigezogen würden.
Auch das spreche für eine Befreiung, daß man die Geist
lichen mit andern Beamten gleichhalte; diese bezögen ein
reines Einkommen, der Geistliche aber müsse es noch
versteuern.
(Fortsetzung folgt.)