Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1864)

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Ferner wünscht Gmelch den Zusatz: „Sorge für den 
Kirchenbesuch" besonders im Interesse der Handwerker 
schüler. Diese lassen sich in vielen Fällen die ärgsten 
Versäumnisse zu Schulden kommen und es sei 
nicht in der Gewalt des Pfarrers Zwangsmaßregeln da 
gegen anzuwenden. 
Dem gegenüber bemerkt der Präsident, es sei hier 
nicht der geeignete Ort für eine solche Bestimmung. Sie 
sei eigentlich auch nicht nothwendig, denn in dem Satze: 
„Beaufsichtigung des sittlichen Betragens 
des Kindes außer der Schule" sei eine Handhabe 
gegeben gegen solche Unordnungen einzuschreiten. 
Es bleibt sonach der ganze Artikel 5 unverändert, 
ebenso 6 ynd 7. Im Artikel 8 ist der Ausdruck „als 
Landesschulbehörde" zu streichen. 
Endabstimmung: Alle: „Ja". 
Das östr, Gesetz über Hausdurchsuchung wird ein 
stimmig angenommen. 
Das Finanzgesetz pro 1865 kommt nicht zur II. Le- 
Mg. Der Ausschuß für die Berathung der Steuerfrage 
hat sich für Durchführung der Landesvermessung ent 
schieden. Im Falle der Landtag dieser Ansicht beistimmt, 
müßte sich der Ausgabe-Etat pro 1865 bedeut^ld ändern. 
ES sei daher wünschenswerth, erst die Frage der Landes 
vermessung und dann das Finanzgesetz pro 1865 zu er 
ledigen. 
Schluß der Sitzung. 
Rund schau. 
Wiener Zeitungen rühmen das herzliche Einvernehmen 
zwischen dem Kaiser und dem König von Preußen. Durch 
die unmittelbaren persöhnlichen Berathungen der hohen 
Herrscher glaubt man die östreichisch-preußische Allianz 
auf lange hinaus gesichert. Preußen wird nun in der 
Zollfrage gewiß nachgiebiger werden und Oestreich keinen 
Widerspruch erheben, wenn Preußen sich das Herzog 
tum Lauenburg als Kriegsentschädigung anneriren wollte. 
Indeß gibt es auch Leute, deren Erwartungen, nament 
lich in Bezug auf die Zollangelegenheit, nicht so hoch 
gespannt sind. 
Erinnert man sich an die gründlich verschiedenen In 
teressen und Absichten der beiden Staaten und liest man 
neuere Berichte aus Berlin, welche den Stand der Zoll 
frage besprechen, so ist man geneigt, sich auf Seile der 
Zweifler zu stellen. Da heißt es, Preußen sei durch den 
französischen Handelsvertrag gebunden; in den Zollverein 
dürfe es Oestreich gegenwärtig nicht einlassen, dazu würde 
in keinem Fall die preußische Landesvertretung ihre Zu 
stimmung geben. Höchstens könne man Oestreich das 
Versprechen machen, nach 12 Jahren die gänzliche Zoll 
einigung zu verhandeln. Gegenwärtig dürften nur solche 
Zollerleichterungen zugestanden werden, mit welchen Frank 
reich einverstanden sei! 
König Wilhelm begab sich von Wien über München 
nach Hohenschwangau zum Besuche des Königs von 
Bayern. Ueberall begleitet ihn der getreue Hr. v. Bis 
mark. — Auch die „Bayrische Ztg." ist durcb dieseu — 
fast unerwarteten Besuch zu friede- und glückverheißenden 
Prophezeiungen begeistert worden. 
In Genf sind die extremen politischen Parteien heftig 
aneinandet gerathen, wobei es zu Straßenkämpfen, Ver 
wundungen und Tödtungen kam. Die Wahl eines 
Staatsrathes war durch Umtriebe der Minorität für un 
gültig erklärt worden. Die Majorität wollte diese Wahl 
aufrecht erhalten wissen und so begann der Tumult. 
Der Bundesrath sandte einen Kommissär nach Genf und 
ließ einige Bataillone Waadtländer Soldaten einmarschi- 
nen, so daß die Ruhe wieder einkehrte. 
Der nordamerikanische Krieg wird wahrscheinlich bald 
durch einen Waffenstillstand unterbrochen oder durch einen 
Frieden beendigt werden. In den Nordstaaten entwickelt 
sich eine große Partei, die um jeden Preis den Frieden 
möchte. 
Die gegenseitigen Verluste während des polnischen 
Aufstandes klären sich nun immer mehr und mehr ab. 
Die offiziellen Rapporte von Russen und Polen konsta- 
tiren, daß sich die Zahl der getödteten und blessirten In 
surgenten auf 30,000 belaufe; 350 Personen wurden 
hingerichtet und 85,000 nach dem Innern Rußlands 
oder Sibirien verbannt. Von der polnischen Seite hat 
das Nationalkomite 900 Personen morden lassen, welche 
überführt waren, Verrätherei gegen die polnische Sache 
geübt zu haben. Die russische Regierung hat an außer 
ordentlichen Kontributionen Polen 6 Mill., Lithauen 8 
Mill., Volhynien, Podolien und Kiew 6 Mill. aufer 
legt; überdies in Polen über 700 Eigenthümer und in 
Lithauen zc. über 2000 Eigenthümer Sequester verhängt, 
theilweije die Güter verkauft oder verschenkt. Die Na 
tionalregierung hat Polen mit 6 Mill. Silberrubeln be 
steuert, Lithauen mit 3 Mill., Volhynien, Podolien und 
Kiew mit 6 Mill., Galizien mit 2^ und das Groß- 
herzogthum Posen mit 1 Mill. Silberrubel. — Die 
beiden Anleihen der Nationalregierung umfassen 2 Mill. 
Silberrubel. — 10,000 Polen sind ins Ausland ge 
gangen; 6000 schmachten noch in den Gefängnissen. 
Allerhand Neuigkeiten. 
Vaduz, 30. August. Die diesjährige Pferdeausstel- 
lung findet am 2^4. September zu Nendeln statt. Es 
kommen dabei die von Sr. Durchlaucht zur Hebung 
der Pferdezucht gnädigst bewilligten 7 Prämien im Be 
trage von 99 fl. zur Verkeilung, darunter 30 fl. für 
die schönste trächtige oder mit einem Füllen versehene 
Stute zwischen 4 und 8 Jahren. — In jüngster Zeit 
wurde von der fstl. Negierung und Forstverwaltung im 
Einvernehmen mit den Alpvögten eine Untersuchung der 
Waldparzellen des Alpengebietes vorgenommen. Es be 
steht die Absicht, die geeignetsten Parzellen einer ratio 
nellen Forstkultur zu unterwerfen. Die Ausführung dieser 
Maßregel ist von hochwichtiger Bedeutung, weil nur auf 
diesem Wege der Entwaldung und Verödung des Alpen 
gebietes nachhaltig entgegengewirkt werden kann. 
Vorarlberg. Ueber den zum Tod verurtheilten Gas 
ser ist noch keine endgiltige Entschließung erfolgt. -- Am
	        

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