SS -
Deutschland.
Liechtenstein. Vaduz. Kurze politische Rund-
schau. Das bedeutungsvollste Ereigniß der letzten 14
Tage ist uns von Paris gekommen: ein politisches Wet
terleuchten mit fernrollendem Kriegesdonner! Napoleon
ladet nach der Eröffnung der Kammersitzungen alle eu
ropäischen Fürsten zu sich nach Paris. Da sollen als
dann alle Streitfragen gelöst werden, welche die euro
päischen Staaten bewegen: die polnische Frage, die Ab
tretung des linken Rheinufers an Frankreich, die Abtre
tung Venedigs an Italien u. s. f. Fortan gibt es dann
keinen Krieg und keine Revolution, alles wird durch
„Aufstehen und Sitzenbleiben" im Fürstenrathe ab
gemacht. — Wenn aber die geladenen Fürsten nicht in
Paris erscheinen? dann hat Napoleon, er sagt es selbst,
keinen Ausweg als — den Krieg.... Am 9. Nov. wur
de der preußische Landtag eröffnet. Die Anrede des Kö
nigs war ausnahmsweise liebevoll und versöhnlich.
Manche Leute sagen, das Pariser Wetterleuchten habe
ihn etwas betroffen. — Dem östreich. Reichsrath wird
von östreich. Zeitungen ein baldiger Schluß prophezeit.
Nachdem die Steuern und Anlehen bewilligt sind, ist
nichts wesentliches mehr zu thun. Einige Landtage, der
Vorarlberger und Salzburger, hatten neue Gemeindeord
nungen berathen, allein sie erhielten nicht die kaiserliche
Genehmigung. Allzu liberale Bestimmungen sollen der
Grund der Verweigerung sein. — Auch der sächsische
Landtag wurde am 9. eröffnet. Sachsen ist ein glück
lich verwaltetes Land. Laut Bericht der Regierung kön
nen von 1864 ab jährlich ^ Mill. Steuern und Ab
gaben erlassen werden und doch bleiben noch ^ Mill.
Thaler Mehreinnahmen, welche für Eisenbahnen, Fluß-
korrektionen, Straßen :c. verwendet werden. — Der jun
ge König von Griechenland hat seinen neuen Thron be
stiegen. Er sagte dabei: „Ich bringe weder Geschick-
lichkeit zum Regieren, noch einen geübten Verstand mit,
aber aufrichtige Liebe Ich werde mich bestreben
Griechenland zu einem Musterstaate des Morgenlandes
zu machen." —
— In jüngster Zeit hat sich eine Gesellschaft gebil
det, welche den Ankaus des Hofes Ragaz, des Bades
Pfäfers, der zu beiden gehörigen Gebäulichkeiten und
Liegenschaften, der Heilquellen sammt ihren Fassungen Zc.
unternehmen will. Ragaz und Pfäfers sollen dadurch
zu einem Bade ersten Ranges erhoben werden. Dem
St. Galler Staat werden für Alles dieses 2 Millionen
Franken angeboten. Neue Kursäle, Badhallen, Anlagen,
Spaziergänge zc. sollen im großartigsten Maßstabe aus
geführt werde«. Die Armenbadanstalt wird von den
Käufern fortunterhalten und es müssen in dieselbe soviel
jährlich aufgenommen werden, als die höchste Anzahl
der letzten 10 Jahre beträgt. Für die Ortschaft Ragaz
sollen Badhaus mit 20 Bädern und eine Trinkhalle
auf Kosten der Unternehmer errichtet werden. Unter den
Theilhabern befinden sich die bedeutendsten Bankierhäuser
in Chur und St. Gallen. Man hofft, daß der St.
Galler Großerath in den Verkauf einwilligen werde.
-- Weinpanscherei. In dem Artikel in Nr. 19
findet sich ein Druckfehler: „Benderner" Sauser an
statt „Bündner". Als Entgegnung auf die letzte Ein
sendung erhalten wir von hier eine fernere Zuschrift.
Wie wir daraus entnehmen, halten die Gewährsmänner
unseres Berichterstatters (Jos. A. Seger, Heinrich Wal-
ser, Joh. Ospelt, Alois Seger) ihre Behauptung auf
recht, daß sich „etliche Viertel alter, essigsaurer,
verdorbener Wein in den mitgebrachten Fäßern be
fanden"; und sind erbötig, diese Behauptung selbst bor
Gericht zu vertreten. — Die Redaktion muß hiemit die
Diskussion dieser Frage in den Spalten dieses Blattes
abbrechen. Die Interessenten werden andere Mittel und
Wege finden sich gegenseitig zu verständigen.
Württemberg. Am 27. Oktober wurde im würt
tembergischen Stadtchen Hall ein seltenes Fest begangen.
Ein dortiger Bürger feierte die goldene, sein Sohn die
silberne und Sohn und Tochter des letztern ihre einfache
Hochzeit.
Schweiz. St. Gallen. Der Dieb, welcher in
die Kapuzinerkirche zu Rapperswyl durch das Fenster im
Chor neben dem Hochaltar einbrach und mehrere werth
volle Sachen entwendete, ist verhastet. Auf die Entde
ckung desselben führte ein bei den zurückgelassenen Gegen
ständen — Messer, Brille, ein Strang Faden — befind
liches Zettelchen mit einer Adresse, welche die Polizei auf
die Spur des Diebes führte und dadurch denselben er
wischte; es ist Georg Widmer von Herrliberg, der auch
schon im Zuchthause war.
Bern. Am 2. November kam das sechsjährige Söhn
chen des Schreinermeisters Fankhauser von Bözingen in
der dortigen Säge dem Werke zu nahe und wurde es
am Beine dergestalt zerrissen, daß ihm dasselbe amputirt
werden mußte. Das Kind hielt die schmerzliche Opera
tion mit größter Fassung aus und tröstete noch die Sei
nigen. Die Theilnahme an diesem traurigen Falle ist
allgemein und groß.
Nach dem Hdls.-C. ist der Knabe den Folgen der
Operation erlegen. Zu diesem Unglück gesellte sich noch
folgender traurige Fall: Bäcker Gerber stattete Abends
besagtem Kinde noch einen Besuch ab; doch wie erschrack
er, als er zu Hause ankam und sein mit Einwiegen ei
nes Kindes beschäftigt gewesenes siebenjähriges Töchter
chen todt am Boden liegen sah. Die Wiege war um>
geschlagen und dem Kinde gerade über dem Hals ge
legen.
Schwyz. An der Arenstraße auf schwyzerischem
Gebiet sind wieder zwei Arbeiter verunglückt. Ein Stein,
der mit rasender Gewalt von der Morschacher Höhe her
unter rollte, traf den Einen derselben in einer Weise, daß
er augenblicklich todt zu Boden sank; dem Zweiten zer
schlug er beide Beine.
Italien. Die Thaten der Briganten füllen die Spal
ten aller neapolitanischen Blätter. Eine Scheußlichkeit
folgt immer der andern und von Erfolgen der Militär-
und Polizeigewalt ist so gut wie gar keine Rede. Zn
der Nähe von Torre Maggiore wurden durch Caruso's
Bande 14 Landleute aufgehoben und 13 von ihnen wur
den die Hälse von Caruso selber mit einem Rasirmesser
abgeschnitten. Den Vierzehnten schickte man nach San
Savaro, pm die Schandthat zu erzählen.