Liechtensteiner Kandeszeitung.
Vaduz, Sonntag Nrv. RV. den 18. Okt. 1863.
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Lied
zu der 50jährigen Jubelfeier der Schlacht bei Leipzig, am 18. Oktober 1863.
Der unsrer Feinde List und Spott
Einst ließ zu Schanden werden.
Noch lebt der alte treue Gott
Des Himmels und der Erden;
So sei ihm heut und allezeit
Des Herzens erster Dank geweiht
Mit Worten und Geberden.
Gedenkt der Todten unterm Moos,
Der ruhmgekronten Ahnen!
Kühn war ihr Sinn, ihr Muth war groß,
Sie flogen stolze Bahnen.
Noch aber klagt der Abendwind,
Daß sie umsonst gestorben sind —
O sühnet ihre Manen!
Er ist ein eifrig starker Herr,
Der Kettcn kann zerschlagen,
Der Freiheit Sonne lenket er
Und läßt sie prächtig tagen;
O brich, du Freiheitsonnenschein,
Auch über unser Volk herein
Und ende seine Klagen!
Der Eifersucht, der Zwietracht Graus,
Den Neid, den fahlen blassen.
Werft aus den Herzen frisch hinaus
Das Grollen und das Hassen!
Ein einig Volk in Süd und Nord,
Ein Volk von Brüdern hier und dort.
Gebt Acht, so muß es passen!
So laßt zum Schwüre uns die Hand,
Die Herzen uns erheben:
Es gilt das ganze deutsche Land
Im Sterben wie im Leben!
Daß es, durch Einheit stark und frei,
Die Herrscherin der Erde sei,
Herr Gott, das wollst du geben!
Professor Dr. Robert Prutz in Stettin.
Am R8. Oktober
sind es fünfzig Jahre, seit unsere Väter bei Leipzig die
heimische Erde von der französischen Tyrannei befreiten.
Freudenfeuer 'lodern heute von den Höhen Germaniens
und in der Brust eines jeden deutschen Mannes erwachen
Gefühle dankbarer Erinnerung an die heldenmüthige Auf
opferung der Väter.
Lange Jahre hielt französische Zwingherrschaft die
reichsten deutschen Lande geknechtet, nach Tausenden zähl
ten die geplünderten und verwüsteten Wohnstätten deut
scher Bürger und Landleute und nach Millionen die er
preßten Kriegssteuern. Wehrlos sah sich die Unschuld
geopfert den frechen Gelüsten gallischer Wüstlinge; die
edelsten Männer des Volkes wurden standrechtlich er
schossen oder schmachteten auf den französischen Galee-
ten. Spione und Verräther stürzten Tausende von Un
schuldigen in Kerkerhaft, wo sie jahrelang auf Verhör
oder Urtheilsspruch harrten. Namenlos waren Elend
und Schmach des deutschen Gesammtvaterlandes.
Namenlos waren sie — aber nicht unverdient. Der
hehre Name des Vaterlandes war zum Gespötte hinab
gesunken, Vaterlandsliebe war aus der Reihe der Tu
genden gestrichen! Dynastischer Eigennutz trieb die Für
sten zum Bündnisse mit dem Erbfeinde; mit deutschen
Kriegern auf deutscher Erde errang sich Napoleon seine
schönsten Lorbeeren. Der Deutsche erröthete nicht vor
Scham und Schande, als er gegen Deutsche die Waffe
zückte im brudermörderischen Kampfe. Im großen mo
ralischen Schiffbruche der Nation war jedes Gemeinge
fühl untergegangen. Vergebens opferten sich Helden,
wie Schill, umsonst verhallte die Stimme der begeisterten
Patrioten, wie Fichte! Das Volk war geblendet und