Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1863)

Boden vermehrt würde. Die Gemeinde Sennwald soll 
z. B. jetzt um 1 Million Franken mehr versteuern müs 
sen als früher. Begreiflich, daß über diese Neuerungen 
viel Unmuth unter dem Volke herrscht; besonders wird 
beklagt, daß die Steuerkommissäre nicht überall nach den 
selben Grundsätzen verfahren, wodurch denn wieder Un 
gleichheit in der Anlage entsteht. — Auch in unserem 
Ländchen ist eine Steuerrevision dringend nothwendig. 
Es übersteigt alle Begriffe, wie ungleichmäßig die Steuer 
zur Umlage kommt. Es sollen Grundstücke buchstäblich 
keinen Kreuzer Steuer zahlen, während andere, die schon 
Jahrzehnte von den Rüfen verschüttet wurden, noch hell 
te ihren Steuersatz ungeschmälert fortentrichten. Diese 
Mängel sind offenkundig und erregen viel Unmuth und 
doch will Niemand Hand anlegen zur Besserung. Eine 
Regulirung dieser Verhältnisse kostet eben Geld, 8, 9 
und 10 Tausend Gulden! Was hilft's aber, wenn man 
eine handgreifliche Ungerechtigkeit verewigt? Es muß 
ja nicht in einem Jahre geschehen. Jeder wird gerne 
sein Theil zu den Kosten beitragen, denn er weiß, daß 
er alsdann einen gerechten und gleichen Antheil zur 
Steuer beiträgt. — Gewiß, diese Frage sollte kein ein 
ziges Jahr verschoben werden! — Ein allgemeines und 
kräftiges Rech tsge fühl kann im Volke so lange nicht 
durchdringen, bis man nicht solche augenscheinliche Un 
zukömmlichkeiten hinweg fegt. 
— Für das im nächsten Jahre in Bremen abzuhal 
tende deutsche Bundesschießen sind 35,000 Fla 
schen Bordeaux (ein französischer rother Wein) und 
35,000 Flaschen deutscher Weine, also im Ganzen 70,000 
Flaschen (ohne den noch wahrscheinlich reichlich fließen 
den Champagner) zu bestellen in Aussicht genommen. 
Vorarlberg. Dornbirn, 5. Okt. Die land- 
wirthschaftliche Ausstellung des vorarlberger Lan 
des wurde an diesem Tage feierlich eröffnet. Böllerschüße 
verkündeten gegen 9 Uhr Vormittags den Beginn des 
Festes. Der Hauptplatz Dornbirn's von der Kirche gegen 
das Rathhaus war festlich geziert, aus den meisten Ge 
bäuden wehten Fahnen in den östreichischen Farben und 
in „ Schwarzrothgold ", Laubgewinde und Inschriften 
zierten Tribüne und Festplatz, zahlreiche Menschenmassen 
füllten die Straßen und aus den Fenstern aller den Fest 
platz umgebenden Häuser drängte sich Kopf an Kopf 
von theilnehmenden Zuschauern. In 2 langen Reihen 
waren 50 Stück preiswerbender Thiere ausgestellt: Stiere, 
Kühe, Rinder, Kälber, Schase und Schweine. Einige 
recht schöne Thiere, besonders Stiere und Kühe der 
Schweizerrace waren dabei. Der berühmte Montasoner 
Schlag war nicht vertreten; Furcht vor der Klauenseuche 
hatte die fleißigen Viehzüchter aus dem Hinterland abge 
halten. -— Es war recht erhebend, als sich die Führer 
mit ihren Preisthieren, deren Köpfe mit Blumenkränzen 
umwunden wurden, vor der Tribüne aufstellten, um 
aus der Hand des Vereinspräsidenten Graf Belrupt 
die weißen Fähnlein mit den Preisen in Empfang zu 
nehmen. Ein Festzug, voran die Musik, sodann die preis 
geschmückten Thiere, das Festkomite, die Preisrichter und 
eine lange Reihe von neugierigen Landleuten beendete 
gegen 12 Uhr die Feierlichkeit. — Wir dürfen nicht ver 
gessen noch der Ausstellung von Obst, Trauben u. Acker 
erzeugnissen im Rathhaussaale zu erwähnen. Es waren 
eine reiche Auswahl prachtvoller Obstsorten von G. Lins 
in Rankweil, Pfirsiche, Trauben, Kürbiße von 50 und 
80 Pf., Hanf von 9 Fuß Höhe, fetter Käs aus dem 
Bregenzerwald, Bienen- und Seidenprodukte und vieles 
Andere zu sehen. — Diese Ausstellung war nicht reich 
und großartig, aber einfach, ansprechend und den Kräf 
ten des jungen Vereins wohl angemeßen. Es ist hier 
wie in allen Dingen: mit Kleinem fängt man an; das 
Interesse des Volkes läßt sich nicht mit einem Schlage 
erwecken, eö wächst langsam, aber sicher. Jedes derar 
tige Fest gewinnt der guten Sache neue Anhänger. Es 
ist für den einfachen Landmann, der seinen Fleiß öffent 
lich belobt steht, gewiß ein unverwischbarer Eindruck und 
eine nachhaltige Anregung zu neuem, unermüdetem Stre 
ben in seinem schweren, aber lohnenden Berufe. Matt 
herzige Seelen, giftige Verläumder, thatenlose Krittler 
gibt es überall, bei uns so gut wie anderwärts. Man 
lasse sie am Wege stehen — und eile frisch und frei zum 
fernen Ziele! 
Ein Zuschauer aus Liechtenstein. 
Feldkirch, 25. Sept. Vorgestern Abends wanderte 
die Gabe der Schützen von Feldkirch zum Landesfestschie- 
ßen nach Innsbruck fort. Sie besteht bekanntlich aus 300 
Franken in Gold (15 Napoleondor). Die Goldstücke 
sind auf 5 zierliche Fähnchen vertheilt, welche auf einem 
Schießstande in Miniatur angebracht sind. Dieser kleine 
Schießstand ist eine äußerst geschmackvolle Tischler- und 
Buchbinderarbeit, und stellt in zwölffacher Verkleinerung 
genau einen nach neuer Art praktisch und vollständig ein 
gerichteten Schießstand für drei Scheiben vor. 
Innsbruck. Der Kaiser hat das Landesschießen 
ganz unerwartet besucht. Er wurde mit ungeheurem 
Jubel empfangen. Er that selbst einige Schüße auf die 
Scheibe Tirol. 
— In Oestreich ist der politische Ehekonsens abge 
schafft worden. Eine Heiratsbewilligung von Seite der 
Obrigkeit oder der Gemeinde ist fernerhin für Ehewer 
ber nicht erforderlich. Früher war es dort anders, ge 
gen den Willen der Gemeinde durfte meist gar 
keine Heiratsbewilligung gegeben werden. Diese Neue 
rung ruft manches Bedenken in den einzelnen Ländern 
hervor. Leichtsinnige Heiraten, Verarmung, ungenügende 
Existenz der Heiratenden, werden die Gemeinden mit ei 
ner großen Last Unterstützungsbedürftiger überbürden, 
meinen Viele. Man kann das nicht absprechen; allein 
wo ist die menschliche Weisheit, welche immer voraus 
zu sagen weiß, dieses oder jenes Paar wird der Ge 
meinde ganz bestimmt zur Last fallen? 
Schweiz. Graubünden. Den Veltliner Trauben 
hat die Schwefelung sehr gut gethan. Die Lese ist mit 
Ende September vor sich gegangen und hat ein erfreu 
liches Ergebniß geliefert. 
Zürich. Am 25. Sept. wurde in Zürich ein gräß 
licher Mord verübt. Ein würtembergischer Schusterge 
selle, seit Jahren in Arbeit bei einem hiesigen Meister, 
drang Morgens 7 Uhr in die Küche eines französischen 
Sprachlehrers im „Maienriesli" und schlachtete im buch-
	        

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