Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1863)

Auch der sachsische Ministerpräsident von Beust besuchte 
das Fest und hielt eine Rede, die allgemeinen Beifall 
fand. Er sagte die Zeiten seien vorüber, wo irgend ein 
deutscher Staat sich auf eine fremde Macht stützen könne. 
Nur in der Eintracht des ganzen deutschen Volkes liege 
das gemeinsame Heil, nicht nur das Volk, sondern auch 
die Fürsten hätten das begriffen. „Ein Hoch der deut 
schen Eintracht!" Alle deutschen Stämme waien ver 
treten. sogar die Schteswig-Holsteiner. Den größten 
Jubel erregte der Einzug der Oestreicher, namentlich 
der Wiener. „Da begann ein allgemeines Händeklat 
schen, die Damen wehten nicht mehr mit ihren Tüchern, 
sondern warfen diese selbst hinunter, und als es an 
Blumen zu fehlen begann, wurden die Verzierungen an 
den Schaubühnen, die Fähnchen abgerissen und den Gä 
sten zugeworfen. „„Dem Kaiser von Oestreich und 
den braven Wienern"" wurde ein Hoch ausgebracht. 
Oestreich hatte aber auch sehr bedeutende Theilnehmer 
gesandt: Landtagsabgeordnete, Gelehrte, Beamte, Perso 
nen, die den höchsten Ständen angehörten." Ihr lie 
benswürdiges Betragen öffnete ihnen die Herzen. ES 
schlingen sich auf diese Weise neue feste Bande um alle 
deutschen Stämme. Das ist eben die hohe Bedeutung 
der Nationalfeste.- der Turner, Sänger und Schützen. 
H a m b u r g. Die landwirthsch. Ausstellung war über 
aus glanzend. Viehzucht und landw. Maschinen waren 
am besten vertreten. Ein Dritttheil aller lebendigen 
Ausstellungsgegenstände war aus Oestreich geschickt. 
Auch vom benachbarten Vorarlberg waren 7 Stück Rind 
vieh zur Ausstellung gebracht und mit Preisen von l00, 
75, 50, 30, 25, und 39 Vereinsthaler gekrönt Die 
Thiere waren von der Vorarlberger-Race. Hr. Andreas 
Gaßner von Bluden; erhielt den höchsten Preis für 
einen Stier. 
Schweiz. Rorschach. Das vor 2 Iahren un 
tergegangene Dampfschiff „Ludwig" wurde am 5. Aug. 
gänzlich gehoben, ausgepumpt flott gemacht und an das 
Ufer des neuen Hafens gebracht. Gegenwärtig ist man 
damit beschäftigt, ihn auszureinigen. Der Leck ist bei 
Weitem nicht so groß, als man vermuthete, so daß wenn 
nicht Sturm, Dunkelheit und Todesangst mitgewirkt 
hätten, bei entschlossener Geistesgegenwart derselbe wohl 
noch hätte verstopft werden können. Leichname wurden 
bis jetzt keine aufgefunden, waö darauf schließen läßt, 
daß die Passagiere sich auf s Verdeck gedrängt haben und 
in den See gespült Iworden sind. Die aus der Kapi 
tänskajüte herausgeschaffte Baarschaft betrug 21 fl. 30 k. 
deutsches und 150 Fr. schweiz. Geld. Das Gold hatte 
die natürliche Farbe behalten, während das Silber un 
kenntlich schwarz ist. Die aus dem gehobenen „Ludwig" 
herausgeschafften Effekten, als Küchengeschirr u. s. w. 
sind in Herrn Bauers Wohnung geschafft worden. Sehr 
ungleich haben sich dieselben erhalten, einzelnes Porzellan 
ganz gut, anderes ganz zerbrochen. Am richtigsten weist 
wohl die Cylinderuhr, die in der Restauration des 
„Ludwig" gefunden wurde, den Untergang dieses Schiffes 
nach; ihre Zeiger stehe»! 6 Minuten vor halb 8 Uhr, 
Glas und Zifferblatt sind unversehrt, das silberne Ge 
häuse aber ganz schwarz. 
Bern. Der Obwaldner Wochenztg. wird von der 
Grimsel folgendes Kuriosum berichtet: Ein Engländer 
hatte sich auf der Grimsel unweit dem Spitalgebäude 
aus einen Stein gesetzt und seinen Bädeker durchblättert 
und war über dem Lesen eingenickt. DaS bemerkt ein 
in der Nähe umherstreichender Ziegenbock, nähert sich 
neugierig und hält die nickende Kopfbewegung des Eng 
länders für eine Herausforderung zum Kampfe. Der 
streitlustige Bock setzt sich in Bereitschaft, mißt die Ent 
fernung und rennt nach bedächtigem Anlauf mit gewal 
tigem Hörnerstoß auf den vornehmen Herrn, der sofort 
zu Boden stürzt, die Füße in die Luft streckt und ge 
waltig aufbegehrt, natürlich auf englisch, wovon der Bock 
leider kein Wort verstand. Dieser ist ob seinem Sieg 
bei so geringem Widerstand beinahe erschrocken und steigt 
mit den Vorderfüßen auf den Stein, um neugierig und 
mitleidig zugleich nach dem zappelnden und schreienden 
Sohn Albions zu sehen. 
S ch w y z. In der Gemeinde Steinerberg wurden dies 
Jahr für zirka 14,000 Fr. Kirschen gesammelt, was 
dem Zinse von 280,000 Fr. gleichkommt. Ein einziger 
Güterbesitzer habe ^30 Viertel (das Viertel gilt -4 Fr. 
50 Rp.) gesammelt. 
Luzern. Wie ein Wirth beim Worte ^genommen wird. 
In einem noblen Gasthose im Entlibuch kehrte Abends 
ein gutgekleideter Reisender ein und verlangte Nachtessen 
und Zimmer. Nach dem Essen, das er sich trefflich 
schmecken ließ, sagte er zum Wirth: „Was kostet Essen 
und Bett? ich will sogleich bezahlen, da ich morgen in 
aller Frühe abreise!" Der Wirth macht die Rechnung, 
der Gast bezahlt und geht auf sein Zimmer. Am näch 
sten Morgen bei der Zimmervisite wird der Wirth ge- . 
holt; denn in dem Zimmer, wo der Fremde gewesen, 
fehlte das Bett. Der Wirth erinnerte sich nun erst des 
Wortlautes des Fremden, daß derselbe mit dem Essen 
nicht das Schlafgeld, sondern das Bett gezahlt und 
somit seinen Diebstahl auf ehrliche Weise ausführen 
konnte. 
Frankreich. Die Franzosen bringen ihre völkerbeglü 
ckende Aufgabe an dem armen Meriko in Erfüllung. 
General Forey hat bereits eine neue Regierung einge 
setzt, französische Gesetze veröffentlicht und energische Mit 
tel angeordnet, um die Ruhe im Lande herzustellen. Er 
hat sich den russischen Muruwieff zum Muster genom 
men; so z. B. wer nach ergangenem Aufrufe nicht zu 
seiner Familie oder zu seinem Geschäfte zurückkehrt, des 
sen Vermögen wird zum Besten des Staates (oder der 
Franzosen?) eingezogen u. s f. Nun, da sich die Me 
xikaner unter dem besondern Schutze Napoleons befinden, 
kannö ihnen nicht mehr fehlen. 
— Bei Metz, nordwestlich vom Elsaß, zeigen sich 
die Wölfe in solcher Menge, daß man nachts in der 
Umgegend ein förmliches Konzert hören kann. Am hel 
len Tage begegnet man ihnen in den Feldern. Auch 
wilde Schweine kommen in solcher Masse aus den Ar- 
dennen, daß sich die Bauern derselben mit Mistgabeln er 
wehren müssen ; ganze Dörfer nehmen an solchen Kriegs 
zügen Theil.
	        

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