Die letzten Nachrichten aus Nordäckörikä stehm in
grellem Mißklange zu unseren Erwartungen. Eine große
Echlacht verloren, eine ganze Armee der Nordstaaten ver
nichtet, man will an 10,000 Todte und Verwundete
zählen! Nach solcher Botschaft ist es schwer an den end
lichen Sieg des Nordens zu glauben.
Deutschland. Fiirstenthum Liechtenstein. (Land-
tagsverhandlungen.) Sitzung am 30. März. Auf
der Tagesordnung stand die Berathung des Zehentablö-
sungsgesetzes. Die Kommission, bestehend aus Präsident
Schädler, Abgeord. Keßler, Kind, Gmelch, Marrer, hatte
einen umfassenden Bericht erstattet, welcher einige Tage
vor der allgemeinen Sitzung den Landtagsmitgliedern mit
getheilt worden war. Aus dem vom Abg. Keßler ver
faßten Kommissionsberichte heben wir Folgendes aus:
Das Fürstenthum Liechtenstein ist einer jener weni
gen Staaten, in welchen die Grundentlastung noch nicht
durchgeführt ist. Auch unsere Nachbarstaaten, die Schweiz
sowohl als Oestreich, haben den Zehent bereits abgelöst.
Der staatswirthschaftliche Gedanke, der überall zur Be
freiung des Grundeigenthums führte, war: das Hinder
niß der intensiven Bodenbewirthschaftung, das der Zehent
bietet, zu beseitigen, und in den Fortschritten der Land
wirthschaft den Gewerbfleiß und die Erwerbskraft des
Volkes überhaupt zu fördern. Durch die Beseitigung
des Zehents wird die Steuerfähigkeit der Grundbesitzer
erhöht. Vom finanziellen Standpunkte aus betrachtet,
ist der Zebent eine Steuer vom Rohertrag, die gar keine
Rücksicht nimmt auf den Reinertrag und daher mit den
obersten Grundsätzen der Besteuerungswissenschaft im
grellsten Widerspruche steht. Der Zehent ist eine Last,
die in dem Maße drückender wird, als die Bodenkultur
rationelle Fortschritte macht und einen größern Aufwand
von Kapital und Arbeit erfordert. Wer wollte das wi
dersprechen?
Werfen wir einen Blick auf unsere eigene Agrikultur
md ziehen wir die übermäßigen Arbeiten und Kosten
'er Entwässerung und der Rheinufer- und Rüfeschutz-
auten in Betracht. Mit welchem Rechte, wird jeder
ragen, nimmt der Zehentherr an dem größeren Boden
erträge Theil, da er doch nichts dazu beiträgt? Die
Zehentpflichtigkeit eines Grundstücks kann nur so lange
als erträgliche Last erscheinen, als die Landwirthschaft
auf der niedrigsten Stufe steht und der Grundbesitzer den
Rohertrag lediglich der Selbstthätigkeit der Bodenkräfte
verdankt.
Der Zehent beschränkt nicht nur die Produktion land
wirtschaftlicher Erzeugnisse zum Nachtheile der Konsu
menten, sondern auch die Konsumtion zum Nachtheile
der Industrie und des Handels. Der Zehent ist ein
Haupthinderniß des Aufblühens der Landwirthfchäft und
alter übrigen Zweige volkswirthschaftlicher Thätigkeit. Die
Zehentpflicht wirkt aber auch demoralisirend auf die acker
bautreibende Bevölkerung. Jedes Mittel wird angewen
det, um die als ungerecht und drückend erkannte Last
möglichst zu verringern. '
Im Fürstenthume Liechtenstein hat man längst die
Nothwendigkeit der Zehentablösung eingesehen.
Mit h. Erlaß vom 7. April 18Ä und 20 Juli
1852 wurde die Ausarbeitung eines Zehentablösungö^
Gesetzes angeordnet. Da das Gesetz nicht erschien, peti-
tionirten die alten Landstände wiederholt und beantrag
ten endlich bei dem außerordentlichen Landtage am 31.
Dezember 1858 die Wahl der Vertrauensmänner, unter
deren Zuziehung der Gesetzentwurf ausgearbeitet werden
sollte. Die geistlichen Stände, welche der Ablösung an
fänglich nicht hold waren, stimmten später bei, nachdem
sich das bischöfliche Ordinariat für eine gerechte Zehent
ablösung erklärt hatte. Am 27. Juni 1859 endlich
wurde der erste Gesetzentwurf zur höchsten Sanktion vor
gelegt. Allein es erfolgte die Genehmigung des Gesetz
entwurfes noch nicht, sondern eS wurden vorerst noch
Erhebungen über sämmtliche Zehenterträgnisse des Landes
angeordnet. Am 26. April v. I. wurde sodann der wie
dervorgelegte Entwurf genehmigt. Der neuorganisirjen
Landesregierung und Landesvertretung war es vorbehal
ten, dieses wichtige Gesetz zu erledigen und zur Ausfüh
rung zu bringen.
Ehe ich zu dem Gesetzentwurf selbst und zu den Kom
missionsanträgen übergehe, möge eS noch gestattet sein,
eine kurze Darstellung unserer Zehentverhältnisse zu geben.
Die Gemeinde Balzers hat das Erscheinen des Zehent-
ablösungsgesetzes nicht abgewartet, sondern letzten Winter
durch freiwilliges Uebereinkommen mit dem Zehentherrn
die Zehentablösung ausgeführt. Der Zehent erstreckte sich
aus alle Gattungen von Früchten, als: Türken, Gerste,
Weizen, Veesen, Roggen, Erdäpfel, Wein und Hanf.
Von dem altkulturbaren Boden bezog der Ortspfarrer den
ganzen Zehent, von dem neuurbar gemachten Boden zwei
Drittel und die höchste Herrschast ein Drittel.
Nach dem Uebereinkommen vom 1. Dezember 1863
erhält die fürstl. Domänenverwaltung für ihren Zehent
antheil in Balzers eine Ablösungssumme von 2143 fl.
ö. W.
Die Pfarrpfründ Balzers 14,000 fl. in Geld, dann
720 Klftr. Ackerland und 81 Klstr. Rebland.
Zu Triefen wird der Zehent von Wein, Früchten,
Hanf, Flachs, Rüben und Obst :c. gegeben. Den Groß-
und Kleinzehent hat die Gemeinde im Jahre 1772 zu
3/4 damaliger Zehentlagen abgelöst, und ^ ist dem
Pfarrer geblieben. In den sogenannten Neufeldern be
zieht die fürstl. Obrigkeit ^ und die Pfarrpfründ ^/z
des Zehenten Zu der Triesner Pfarrei gehörte ehemals
auch Triesnerberg; daher kommt es, daß der Pfarrer von
Triefen jetzt noch von den Feldlagen, Maseschen, Litzi
und Eichholz 2/g des Zehents bezieht. Ein Drittel die
ses Zehents gehört der h. Obrigkeit.
Vaduz. (Kirchliches.) Es wird uns Folgendes
mitgetheilt: Auf Wunsch des bischöflichen Ordinariates
Chur sollen die Priesterkonferenzen, die einige Jahre aus
gesetzt wurden, wieder eingeführt und abgehalten werden.
Es versammelte sich daher letzten Montag, den 18. Mai,
die gesammte Geistlichkeit des Fürstenthums bei dem Hrn.
Landesvikar, um die vorgelegten Statuten zu berathen
und dann der bischöflichen Genehmigung zu unterbreiten.
Die Konferenzen sollen seelsorgliche und wissenschaftliche
Interessen gleichmäßig umfassen, jährlich zweimal abgehal-