Einzelne Mängel des Landesverwaltungspflegegesetzes
Gesetz ist beim Stand des Verwaltungsverfahrensrechts vor dem ersten
Weltkrieg stehengeblieben und sollte daher an die geänderten gesell-
schaftlichen Bedingungen sowie an die moderne Verwaltungsrechtslehre
angepasst werden. Im folgenden werden einzelne Vorschläge zur Behe-
bung der Mängel erwähnt.
Die den echten Rechtsmitteln angenäherten Rechtsbehelfe der Vor-
stellung, des Nachsichtsgesuchs oder der Aufsichtsbeschwerde stellen
eine unnötige Belastung der Verwaltungsbehörden dar®. Entsprechendes
gilt auch für die Säumnisbeschwerde gemäss Art. 90 Abs. 6a LVG; die
vorgesehene Dreimonatsfrist ist zu kurz bemessen. Der Beschwerdefüh-
rer verliert ausserdem eine Instanz. Diese Rechtsbehelfe beinhalten ei-
nen Anspruch auf Behandlung und sind damit eigentliche Quasi-
Rechtsmittel. Sie belasten die Verwaltung mit immer neuen Eingaben zu
bereits erledigten Angelegenheiten. Sie stellen die Verbindlichkeit von
Verfügungen in Frage und gefährden die Rechtssicherheit. Diese Quasi-
Rechtsmittel können ersatzlos gestrichen werden. Der Staatsgerichtshof
hat sich bereits mit einem aufsehenerregenden Urteil vom 10. November
1987 von dieser Vorstellung getrennt und die entsprechenden Bestim-
mungen des Staatsgerichtshofgesetzes zu Recht als verfassungswidrig
erklärt!®, Diese Quasi-Rechtsmittel könnten wohl auch im Verwaltungs-
verfahren abgeschafft werden. Stattdessen sollten die in den andern
deutschsprachigen Ländern bekannten Rechtsbehelfe des Wieder-
erwägungsgesuchs und der Aufsichtsbeschwerde vorbehaltlos ermög-
licht und im neuen Gesetz kurz erwähnt werden.
Das Landesverwaltungspflegegesetz verfolgt bei den verwaltungs-
rechtlichen Instituten der Revision (Wiederaufnahme eines Verfahrens
aus Revisionsgründen), des Widerrufes und der Nichtigkeit von Verwal-
tungsakten kein durchdachtes Konzept. Wie schon früher dargestellt!!,
vermengt das Gesetz in den Art. 104 ff. LVG die entsprechenden Be-
griffe. In der Folge steht der Verwaltung jedes Mittel zur Verfügung, um
eine an sich rechtskräftige Verfügung zurückzunehmen. Das kann
selbstverständlich nicht gemeint sein; hier müsste der Gesetzgeber drin-
gend eine Ordnung einrichten, welche Rechtssicherheit gewährleistet
und der tradierten europäischen Verwaltungsrechtslehre entspricht.
> Vgl. S. 276 ff.
6 Vgl. SCGH 1987/11/V, Urteil vom 10.11.1987, LES 1988, 5. 88 ff.
u Vgl. S. 132 f.
319