Volltext: Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts

Grundsätze des Verwaltungsverfahrens 
sung ohne vorherige Mahnung, entschieden, dass es hier geboten er- 
scheine, “dem Verfahrensbetroffenen das Recht auf eine mündliche Ver- 
handlung sowie auf Befragung der wichtigsten Belastungs- und Ent- 
lastungszeugen” zu gewähren! 
Im Verfahren kann gemäss Art. 76 Abs. 1 LVG vor Kollegialbehörden 
die gesamte Ermittlung des Sachverhalts einem prozessleitenden Vertre- 
ter (Verhandlungsleiter) übertragen werden, der bis zur Schliessung des 
Ermittlungsverfahrens den Prozessstoff sammelt und aufbereitet. Die 
Kollegialbehörde kann im Schlussverfahren ebenfalls (nach-Jermitteln; 
sie bleibt auf jeden Fall für die Beratung und die Beschlussfassung 
zuständig!®, Der Verhandlungsleiter kann bedeutungslose Vorbringen 
der Parteien schon im Ermittlungsverfahren abschneiden (Art. 55 Abs. 4 
LVG). Das Landesverwaltungspflegegesetz ist in diesem Punkt large. 
Selbstverständlich müssen alle gestellten formellen Rechtsbegehren der 
Parteien von der Kollegialbehörde beraten und beurteilt werden. Der 
Verhandlungsleiter darf nicht in eigener Kompetenz darüber befinden, 
ohne dass die Frage dem Kollegium vorgelegt wird. 
Gemäss Art. 79 Abs. 1 LVG gilt der Grundsatz der freien Beweis- 
würdigung. Danach entscheidet die Regierung “nach ihrer freien, aus 
dem ganzen Inhalte der Verhandlung und dem Gegenstande der Beweis- 
aufnahme geschöpften Überzeugung”. Die freie Beweiswürdigung ver- 
schafft der Behörde kein Ermessen; sie ist vielmehr gehalten, die aufge- 
nommenen Beweise nach deren Überzeugungskraft und Schlüssigkeit 
zu beurteilen. Die Behörde muss die materielle Wahrheit erforschen; 
Parteivereinbarungen über Tatbestandsfragen sind für die Behörde uner- 
heblich!*, Eine antizipierende Beweiswürdigung, d.h. das vor der kon- 
kreten Beweisabnahme gemutmasste Beweisergebnis ist nicht zuläs- 
sig'®. Hingegen ist der vorab erfolgende Ausschluss bestimmter Beweis- 
mittel mangels Tauglichkeit beweisrechtlich nicht zu beanstanden. 
Der Untersuchungsgrundsatz führt dazu, dass die Behörde den Tat- 
bestand von Amtes wegen abzuklären hat. Das legt den Schluss nahe, 
dass die Behörden bei Erlass eines Verwaltungsakts die Beweislast zu 
tragen haben!*, Das ist allerdings nicht richtig, denn auch das Verwal- 
42 Vgl. SCGH 1996/6, Urteil vom 30.8.1996, LES 1997, S. 148 (152), 
45 Vgl. StGH 1980/8, Urteil vom 10.11.1980, LES 1982, S. 4 (6). 
+44 Vgl. Adamovich/Funk, S. 398. 
45 A.A. Antoniolli/Koja, 5. 609 £ 
46 So Adamovich/Funk, S. 398. 
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