Volltext: Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts

Gesetzmässigkeit der Verwaltung 
Im liechtensteinischen Verfassungsrecht wird die Polizeigeneralklausel 
zum Teil bei Art. 14 LV angesiedelt'®®, Danach ist es Aufgabe des Staa- 
tes, die gesamte Volkswohlfahrt zu fördern. Diese Einordnung erscheint 
fragwürdig, da es sich bei Art. 14 LV um einen allgemeinen Staats- 
zweckartikel handelt, der den einzelnen in keiner Weise Pflichten aufzu- 
erlegen vermag. Richtigerweise müsste man annehmen, dass die 
Polizeigeneralklausel im Notverordnungsrecht des Art. 10 LV verankert 
ist!8!. Bei Art. 10 LV ist sich die Lehre allerdings nicht darüber einig, ob 
das Notverordnungsrecht des Landesfürsten nicht durch die Regierung 
ausgeübt werden muss!®; die diesbezügliche Staatspraxis ist uneinheit- 
lich'®. Soweit nach einer Lehrauffassung auch dem Fürsten ein kon- 
kurrierendes Notverordnungsrecht zusteht, sind dessen Polizeinotver- 
ordnungen nach einhelliger Auffassung vom Regierungschef gegen- 
zuzeichnen!®*, Umgekehrt benötigt die Regierung beim Erlass von 
Polizeinotverordnungen keine Sanktion durch den Landesfürsten!®. 
Die Praxis sieht die Polizeigeneralklausel in Art. 10 LV verankert. 
Dies hat allerdings den Landtag im Zweiten Weltkrieg nicht daran 
gehindert, mit Verfassungsgesetzen ausserordentliche Vollmachten auf 
die Regierung zu übertragen!®, Es handelte sich um die Anrufung extra- 
konstitutionellen Staatsnotrechts!?, Die Polizeigeneralklausel deckt 
demnach nur “kleine” und überschaubare Notstände. 
i80 Vgl. SEGH 1986/11, Urteil vom 6.5.1987, LES 1988, S. 45 (48). In diesem Falle stützte 
die Polizeigeneralklausel eine Massnahme des obersten Gerichtshofes auf vorsorgliche 
Entziehung einer Treuhänder- und Buchprüferbewilligung. Es ist durchaus zulässig, 
dass sich auch ein Gericht bei einer fehlenden formellgesetzlichen Grundlage auf die 
Polizeigeneralklausel stützt; vgl. auch Schurti, S. 258. 
VBI 1969/29, Entscheidung vom 21.1.1970, ELG 1967-72, S. 7 hat zu Recht Art. 14 LV 
nicht als Polizeigeneralklausel gelten lassen. In Österreich ist die Polizeigeneralklausel 
geschriebenes Verfassungs- und Gesetzesrecht, vgl. Art. 118 Abs. 6 B-VG und dazu 
Antoniolli/Koja, S. 599 ff.; auch in der Schweiz ist die Polizeigeneralklausel in Art. 102 
Ziff. 10 BV normiert, vgl. BGE 122 IV 261 f., 123 IV 29 (34 ff.). 
Vgl. Schuri, 5. 71 f., S. 255 f.; Hoop, S. 139 ff. und 144 ff.; Steger, Fürst, S. 78 hält den 
Fürsten für zuständig; wogegen Hans Nawiasky in seinem Rechtsgutachten über die 
Verfassungs- und Gesetzmässigkeit des Vorgehens des Regierungschefs Dr. Hoop in 
der Spitzelaffäre Baron Vogelsang, St. Gallen 1937, in Art. 10 LV ein allgemeines 
Notverordnungsrecht der Regierung verankert sieht; ebenso Hoop, S. 147. 
183 Vgl. Hoop, S. 141 und Anm. 295 m.H. 
‘84 Vgl. Steger, Fürst, S. 78; Hoop, S. 140; Ritter, Gesetzgebungsverfahren, S. 76; Batliner, 
Rechtsordnung, S. 144; Batliner, Parlament, S. 32; Ritter, Beamtenrecht, S. 66; Allgäuer, 
5. 64; Pappermann, S. 131 ff.; Batliner, Parlament, S. 32. 
855 Vgl. Schurti, S. 72, Anm. 2 m.H.; Hoop, S. 141. 
8 Vgl. die beiden Verfassungsgesetze vom 2.9.1939, LGBl. 1939/13 und vom 20.5.1940, 
LGBI. 1940/10. 
187 Vol. Hangartner I, S, 38 f. 
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