Vollstreckungsmittel
sein muss. Es ist zwar denkbar, dass der Gesetzgeber auch nicht kon-
nexe administrative Nachteile normiert, wie etwa das obige Beispiel des
Reisepasses. Allerdings ist der Gesetzgeber dann an das Verhältnis-
mässigkeitsprinzip gebunden. Die administrativen Nachteile greifen
mitunter schwer in die Freiheit ein. Sie bedürfen daher nicht nur einer
klaren gesetzlichen Grundlage, sie müssen auch den Kerngehalt des be-
treffenden Grundrechts wahren. Beim Beispiel des Reisepasses sind in
der Tat leicht Konstellationen denkbar, bei denen die Verhältnismäs-
sigkeit nicht mehr gewahrt oder der Kerngehalt der Niederlassungs-
freiheit verletzt ist*!. Im Grunde genommen sollte der Gesetzgeber da-
von Abstand nehmen, nicht konnexe administrative Nachteile vor-
zusehen. Das geltende Heimatschriftengesetz‘? sieht deshalb keine
derartigen administrativen Nachteile mehr vor.
Fügt die Verwaltung einen administrativen Nachteil zu, ohne dass
eine entsprechende gesetzliche Grundlage vorhanden ist, muss zumin-
dest eine Konnexität zwischen Pflichtverletzung und Sanktion bestehen.
In diesem Sinne hat die Verwaltungsbeschwerdeinstanz für das Beispiel
des Reisepasses entschieden, dass dieser administrative Nachteil nicht
interpretativ auf andere Ausweisschriften, wie etwa den Heimatschein,
ausgedehnt werden darf*. Umgekehrt darf der administrative Nachteil
auch dann nicht zur Anwendung gelangen, wenn Verwandte des Pass-
gesuchstellers ihre öffentlichrechtlichen Abgaben nicht bezahlen*. In
beiden Fällen fehlen gesetzliche Grundlagen sowie der Konnex zwi-
schen Nachteil und Pflichtvergessenheit.
Das Verhältnismässigkeitsprinzip verbietet bei gegebener Konnexität,
dass die Verwaltung lebenswichtige Leistungen verweigert, weil jemand
Gebühren nicht bezahlt. So entspricht es etwa in der Schweiz einer stän-
digen Rechtsprechung, dass bei Nichtbezahlung der Rechnungen für
den Wasserbezug die Zufuhr nur gedrosselt werden darf. Das lebensnot-
wendige Wasser darf niemals ganz entzogen werden*. Das Verhältnis-
mässigkeitsprinzip gilt in Liechtenstein gleichermassen; diese Recht-
sprechung kann deshalb vorbehaltlos übertragen werden.
”# Vgl. Ritter, S. 99 f. und Anm. 14, wonach die Niederlassungsfreiheit ein unabdingbares
Recht auf Ausreise enthält.
? Vom 18.12.1985, LGBl. 1986/27, LR 153.0.
9 Vgl. VBI 1970/39, Entscheidung vom 23.9.1970, ELG 1967-72, S. 38 (39).
+ Vgl. VBI 1970/50, Entscheidung vom 17.3.1971, ELG 1967-72, 5. 40 (41).
5 Vgl. Imboden/Rhinow I, 5. 321 ff. m.H.:; Rhinow/Krähenmann, S. 172 m.H.
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