Volltext: Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts

Widerruf von Verfügungen 
geht nach Art. 87 Abs. 4 LVG Verfügungen oder Entscheidungen die 
materielle Rechtskraft ab. 
c) Widerrufs- und Nichtigkeitsgründe 
Das Landesverwaltungspflegegesetz nennt in Art. 106 Gründe, die den 
Widerruf oder die Nichtigerklärung der Verfügung rechtfertigen. Eigen- 
tümlicherweise werden die Widerrufs- und Nichtigkeitsgründe mitein- 
ander vermengt. Im Grunde genommen kann nur eine Verfügung wi- 
derrufen werden, die “existiert”, d.h. formell rechtskräftig ist und keine 
gravierenden Fehler aufweist. Eine nichtige Verfügung kann definitions- 
gemäss nicht zurückgenommen werden, denn ihr Anschein von Gel- 
tungskraft lässt sich nur mit einer ex tunc, deklaratorischen Nichtig- 
erklärung beseitigen“. Die Unterscheidung von Widerrufs- und Nich- 
tigkeitsgründen ist im Einzelfall schwierig. Im folgenden werden diese 
wie im Landesverwaltungspflegegesetz zusammen behandelt. 
Die Verletzung erheblicher öffentlicher Interessen wegen Missachtung 
zwingender Gesetzesvorschriften® führt nur dann zur Rücknahme, 
wenn es nachgerade “unerträglich” wäre, die Verfügung in Kraft zu be- 
lassen. Demnach genügt es nicht, wenn die Gesetzesauslegung aufgrund 
derer die Verfügung erlassen wurde, fragwürdig oder unhaltbar ist. Viel- 
mehr muss nebst der eigentlichen Rechtswidrigkeit ein qualifizierendes 
Element hinzukommen. Das österreichische Recht nennt in diesem Zu- 
sammenhang ausdrücklich die Gefährdung des Lebens und der Gesund- 
heit von Menschen oder aber schwere Schädigungen der gesamten 
Volkswirtschaft. 
Der Widerruf kann auch zugunsten des Betroffenen zur Wahrung 
seiner durch zwingendes öffentliches Recht geschützten Ansprüche und 
* Nach Antoniolli/Koja, S. 568 können nach überwiegender österreichischer Lehre und 
Rechtsprechung nichtige Bescheide nur ex nunc vernichtet werden. Bis zur konstitu- 
tiven Nichtigerklärung gelten nichtige Bescheide als rechtskräftig; zu Recht vertreten 
Walter/Mayer Nr. 447 die gegenteilige Auffassung, wonach ein zeitweise rechtskräftiger 
und zugleich “nichtiger” Verwaltungsakt ein Widerspruch in sich selbst ist. Vgl. aber 
immerhin zur allgemein anerkannten absoluten Nichtigkeit Antoniolli/Koja, S. 524 ff. 
Vgl. Art. 106 Abs. 1 lit. a Halbsatz 1 und lit. c Halbsatz 1 (rechtliche Unmöglichkeit) 
LVG: die österreichische Parallelvorschrift des $ 68 Abs. 3 AVG stellt mehr das öffent- 
liche Interesse in den Vordergrund, ohne die Verletzung von Gesetzesvorschriften zu 
nennen. 
% Vgl. $ 68 Abs. 3 AVG und dazu Walter/Mayer Nr. 662. 
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