Die Familie im aesellschaftlichen Wandel
leinerziehenden Eltern waren 91% Frauen und
I% Männer.
Familienfunktionen
Die Familienfunktionen (Versorgung,
Schutz, etc.) sind durch die Geschichte hin-
durch Veränderungsprozessen unterworfen.
Verschiedentlich wird gar von einem „Funkti-
onsverlust“, oder, abgeschwächt, einer „Funkti-
onsabgabe“ der Familie gesprochen (Mitterau-
er). Das führte dazu, dass zahlreiche der früher
mehr oder‘ minder von der Familie zentral
wahrgenommenen Aufgabenbereiche heute
mehr und mehr von ausserfamiliären Einrich-
tungen, Gruppen oder Vereinen übernommen
werden. Darunter fallen Funktionen wie die so-
ziale und ökonomische Sicherung, Erziehung
und auch die Pflege der. alten Familienmitglie-
der. Dies war ein treibender Faktor auf dem
Weg zu den Wandlungsprozessen der Familie
(Mitterauer). Auf der anderen Seite sind viele
der den Familien verbliebenen Funktionen
komplexer und differenzierter geworden, etwa
hinsichtlich der Sozialisation („Pädagogisie-
rung der Kindererziehung“) und der Hausar-
beit. Als weitere Faktoren der Veränderung er-
weisen sich ausserdem die Entwicklung gesell-
schaftlicher Einrichtungen wie Spital und
Schule, neue Formen des Siedlungswesens, und
der Abbau kollektiver zugunsten individueller
Identitäten. Für den Wandel des Familienle-
bens ist der säkulare Prozess der Individualisie-
rung der entscheidende Faktor (Mitterauer).
Sozialhilfe und soziales Handeln
Die neue Situation, in welche die Nach-
kriegsfamilien gerieten, als auch der Verände-
rungsdruck, unter dem die traditionale wie
auch heutige Familie aufgrund der modernen
Gesellschaftsentwicklung stehen, erforderten
Massnahmen seitens der öffentlichen Hand wie
auch von privater Seite. Dem Staat wuchsen
während des Wirtschaftsbooms neue Mittel zu,
die zu einer neuen Sozialpolitik verpflichteten.
Das private Engagement, teilweise von Kir-
chen- und Gemeindevertretern gesteuert und
initiiert, fand seine Motivation nicht zuletzt in
gesellschaftspolitischen Überlegungen, in er-
ster Linie aber in der Überzeugung, dass prak-
tische Hilfe vor Ort geleistet werden muss
Eine institutionalisierte Sozialhilfe im eigent-
ıichen Sinne gibt es in Liechtenstein erst in Jün-
gerer Zeit. Notsituationen mussten früher mit
familien- und verwandtschaftsinternen Hilfs-
massnahmen oder durch Nachbarschaftshilfe
gemeistert werden. Die öffentliche Hand, also
aauptsächlich die Gemeinden, waren erst in
zweiter und letzter Linie zuständig, wenn es
um die Betreuung von Personen wie Alte,
Kranke, Gebrechliche oder Witwen und Wai-
sen ging. Der Kreis der Unterstützungsberech-
cigten war klein. Die heutige Sozialhilfe wurde
seit den beginnenden Siebzigerjahren differen-
zierter und spezialisierter. Sie steht, im Gegen-
satz zu früher, allen offen und wird von Stellen
der öffentlichen Hand, von privaten Sozialhilfe-
trägern und Selbsthilfeorganisationen geleistet.
Erste gemeinnützige Tätigkeiten im gesell-
schaftlich-sozialen Bereich leisteten verschie-
dene der Frauenvereine, die in den ersten Jahr-
zehnten dieses Jahrhunderts in Liechtenstein
entstanden. 1894 wurde ein „Allgemeiner
Krankenunterstützungsverein“ gegründet,
1913 in Schaan ein „Verein für Kranken- und
Wöchnerinnenpflege“ (Krankenpflegeverein)
ins Leben gerufen, der im Bedarfsfalle für eine
„geordnete Hauspflege“ sorgen wollte. Gewis-
se unterstützende Funktionen konnten die un-
ter kirchlicher Leitung stehenden Mürterverei-
ne (heute Frauenvereine) wahrnehmen, deren
erster Zweck es jedoch war, den Mitgliedern
bei der christlichen Erziehung der Kinder zu
nelfen. Erst mit der Gründung von „Familien-
hilfen“ seit 1956 in einzelnen Gemeinden er-
kämpfte sich der gemeinnützige und ehren-
amtliche Einsatz in Liechtenstein eine ausser-
ordentliche und gesellschaftlich relevante Be-
Jeutung.