Volltext: Der Bodenmarkt in Liechtenstein

gruente - Umschreibungen des Grundstücksbegriffes parallel nebenein­ ander existieren.22 Mit dieser von ihnen gepflegten Mehrgleisigkeit versuchen die beiden Staaten mutmasslich, auf ihre Weise dem offenbar stets existenten, prin­ zipiellen Dilemma zu entrinnen, wonach beim Grundstücksbegriff im­ mer zwei Grundpositionen, nämlich jene des "Grundbuchsgrund­ stückes" und jene des "Wirtschaftsgrundstückes", in gewisser Weise an­ tithetisch hervortreten.23 Das heisst, auf der einen Seite steht eine betont formale Anschauung, die hauptsächlich eine umkehrbar eindeutige la- gemässige Zuordnung einzelner abgegrenzter Teile der Erdoberfläche im Auge hat. Auf der anderen Seite ist man mit einer Auffassung kon­ frontiert, die sich vornehmlich an Teilen der Erdoberfläche als Einheiten im wirtschaftlichen Geschehen interessiert zeigt, ohne besondere Rück­ sicht auf deren räumlichen Bezug. Zur Auflösung jener Polarität setzen Deutschland und Österreich also auf eine Strategie der simultanen Definitionspluralität, indem sie für mehrere - voneinander relativ unabhängige - Teilgebiete der Rechtsord­ nung jeweils eigene terminologische Erläuterungen zum Ausdruck "Grundstück" festschreiben. Sie können damit besser der Tatsache Rechnung tragen, dass jedes der Segmente der Rechtsordnung eine an­ dere Zielsetzung verfolgt. Mit anderen Worten: Eine solche Taktik eröff­ net die Chance, eine optimale Abstimmung der zentralen Begriffsbe­ stimmungen mit den spezifischen Gesetzesabsichten herbeizuführen. Demgegenüber sind Liechtenstein und die Schweiz einen grundsätz­ lich anderen Kompromiss zum Abbau des Spannungsfeldes eingegan­ gen, das aus den verschiedenen dem Grundstücksbegriff anscheinend per se innewohnenden Facetten resultiert. Diese beiden Staaten wahren, was die Grundstücksdefinition betrifft, innerhalb ihrer Rechtsordung ziemlich strikt die logische Konsistenz, indem sie - wie zuvor schon be­ tont - alle grundstücksrelevanten Bestimmungen auf den selben Bezugs­ punkt focussieren. Selbiger muss, um auch nur annähernd die sachnot­ 22 Eine auf deutsche Verhältnisse abgestimmte Zusammenschau über den in der Rechts­ ordnung herrschenden Definitionspluralismus bei der Festlegung, was ein Grundstück sei, enthält das Taschenbuch von Bub und Schmid: Grundstücke erwerben, 1990. Die erkleckliche Bandbreite der diesbezüglich vom österreichischen Gesetzgeber ausge­ schöpften Definitionsmöglichkeiten wird ausführlich vorgestellt und diskutiert bei Wytrzens: Grundverkehrsinformationssysteme, 1989, S. 13ff. 23 vgl. Weimar und Weimar-Gläser: Das Grundstück im Rechtsleben, München, 1970, S. 13. 33
	        

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