Volltext: Die Armee, die es nicht geben durfte

bereitungen zum Grenzübertritt nach Liechtenstein. Es wird dunkel, 
man macht sich auf den Weg, den entscheidenden, und, wie alle die 
kriegsmüden Männer und Frauen hoffen, letzten Marsch dieses Krieges. 
Dank des Einsehens hoher Offiziere im OKH hatte General Holmston, 
wie erwähnt, die Genehmigung zur Rettung der Reste seiner Armee 
erhalten, und so räumen die deutschen Grenzwachen die Sperre zur 
liechtensteinischen Grenze beiseite. Bei heftigem Schneetreiben mar- 
schieren die Männer die steile und schmale Straße zum liechtensteini- 
schen Schellenberg hinauf. Die Spitze bildet ein Schützenpanzerwagen, 
es folgt das Fahrzeug mit dem Befehlshaber, dann die übrigen Wagen. 
Links und rechts von ihnen marschieren in langer Reihe die Kader der 
beiden Regimenter. Nach dem Passieren der neutralen Zone zwischen 
den beiden Staaten beseitigen sie selber das an der liechtensteinischen 
Grenze befindliche Hindernis, räumen die Spanischen Reiter und Sta- 
cheldrahtverhaue beiseite. Dies dauert nur wenige Minuten, und sie set- 
zen ihren Marsch fort, der inzwischen, in Rufweite der Grenze, auch auf 
liechtensteinischer Seite nicht unbemerkt geblieben ist. Plötzlich peit- 
schen Schüsse, sie sind mehr als Warnschüsse gedacht, weil sich die 
Soldaten offensichtlich nicht aufhalten lassen wollen. Das weitere 
haben wir bereits zu Anfang geschildert. 
Inzwischen hat einer der Männer der Grenzwacht telefonisch gemeldet, 
was da vor sich geht. Der Zivilinstrukteur des Grenzwacht-Rekruten- 
Detachements informiert seinerseits telefonisch den Chef der Eidgenös- 
sischen Grenzwache, Oberstleutnant Dr. Wyss, der die Bewegungen der 
Truppe schon seit Tagen beobachten läßt, allerdings den Grenzübertritt 
an einer anderen Stelle, eberrbei-Tisis, erwartet hat. Später dann, als er 
dem General persönlich gegenübersteht, beglückwünscht er ihn zur 
erfolgreichen Durchführung seines Planes und bezeichnet diesen als 
militärisches Meisterstück, Ein Urteil, das übrigens auch die wenige 
Wochen später nach Liechtenstein kommenden hohen alliierten Offizie- 
re teilen. Sozusagen im alten, an sich aber längst begrabenen Offiziers- 
geist: die Spielregeln wurden eingehalten, jeder tat seine Pflicht, und 
nun, da das „Spiel” aus ist, wird alles nur noch vom strategischen Stand- 
punkt aus betrachtet... 
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