Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

I / ANZEIGE DIE KULTURNEWS FÜR LIECHTENSTEIN MITTWOCH, 31. AUGUST 2005 SEITE 19 GEFILMT Welches besondere Projekt das TaK für Kinder im Alter zwi­ schen 7 und 12 Jahren anbietet. 
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ERWÄRMUNG Was die zuletzt zuneh­ menden Klimakatastro­ phen mit der globalen Erwärmung zu tun ha­ ben. 22 
TV-ABEND Auf welchen Sendern es heute Abend was zu sehen gibt und wo es gemütlich oder action- reich zugeht. 
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Ü! LEKTION Was Gwyneth Paltrow ihrer Meinung nach besser macht als ihr Exverlobter Brad Pitt. 24 BLATT 
IN EWS Fröhliche Ausfahrt Das Cever «MI 
Jfirg Hansatmaniis itauir CD ztort das BIM «Bseabahn bei Mwiumi» 
van WsssHy Kandlnsfcy ans dam Jahr 1909. BALZERS/KERPEN - Der mehrfach inter­ national ausgezeichnete liechtensteinische Pi­ anist und Eisenbahn-Liebhaber Jürg Hansel­ mann hat mit der beim deutschen Label Pre- zioso erschienenen CD «Die Eisenbahn in der Klaviermusik» einen neuen, ungewöhnlichen Tonträger vorgelegt. In nur zwei Tagen nahm Hanselmann in der Aula der Kantonsschule Sargans und im Triesner Guido-Feger-Saal 31 Klavierstücke auf, die die Faszination ver­ schiedenster Tonsetzer des 19., 20. und 21. Jahrhunderts für die schienengebundene Fort­ bewegungsart widerspiegeln. Neben Marcel Popt, Charles-Valentin Al- kan, Gioacchino Rossini, Joseph Joachim Raff, Sergej Bortkiewicz, Walter Niemann, Otakar Sin, Werner Wehrli, Willy Burkhard, Istvän Szeldnyi, Wladimir Deschewow, Jifi Pauer, Paul Dessau, Ernst Kfenek, Darius Mil- haud, Francis Poulenc, Arthur Honegger, Bo- huslav Martini Cesar Bresgen, Pavel Jefdbek, Janina Gar&ia, Soulima Strawinsky und Wer­ ner Thotnas-Mifune ist auch Jürg Hanselmann selbst als Komponist vertreten. Hanselmann, der beim Bartök-Schüler Sändor Veress in Bern Komposition studiert hat, hat mit «Drei Eisenbahnstücken», von ihm im November 2004 in Triesen uraufgeführt, und mit der 2005 entstandenen dreisätzigen «Railway So­ natina» die Literatur der Eisenbahnmusik um zwei wundervoll unterhaltsame Stücke berei­ chert. Eisenbahnliebhaber werden schon an Hanselmanns Satzangaben, in denen er be­ rühmten Lokomotiven wie dem «Tigerli» oder dem «Krokodil» huldigt, erkennen, dass sie es mit einem der ihrigen zu tun haben. Jürg Han- selmanns Frau und Duo-Partnerin Sandra Hanselmann wirkt auf «Die Eisenbahn in der Klaviermusik» ebenfalls mit, unter anderem bei Thomas-Mifunes Komposition für zwei Klaviere «Kleine Lokomotive». Walter Lambert schrieb nicht nur einen de­ taillierten, geistreichen und informativen Text für das umfangreiche Booklet, sondern drängte Hanselmann auch dazu, einen eige­ nen kompositorischen Beitrag beizusteuern. Siehe auch nebenstehendes Interview. (al) Salzburger Festspiele erfolgreich SALZBURG - Die Salzburger Festspiele 2005 verbuchen einen Gewinn von 450 000 Euro (rund 680 000 Franken). Mit 196000 verkauften Karten für 183 Vorstellungen be­ trug die Auslastung 93 Prozent. Die Renner in der Gunst des Publikums waren Verdis «La Traviata» und die Mozartopern «Die Zauber­ flöte» und «Mitridate». (sda) 
Musikalischer Archetypus Jiirg Hanselmann, Sandra Hanselmann und Albert Frommelt im GesprSeh BALZERS - Unter der Leitung vwi Altert Frömmelt eröffnet das S0L gemeinsam mit dem Duo Hanseimann am B. Septem­ ber Im Vaduzer-Saal die Musik­ saison, u. a. mit der Urauffüh­ rung der «Dies lrae»-Variatlonen von Jürg Hansolmann, der eben erst die CD «Die Eisenbahn In der Klaviermusik» veröffentlicht hat Das Volksblatt sprach mit dorn Duo und mit Albert From- • Arno lüfttar Volksblatt: Was ist am Thema Ei- senbahn so faszinierend für einen Komponisten? Jiirg Hanselmann: Wahrschein­ lich die Bewegung, der Geschwin­ digkeitsrausch. Für uns ist die Ei­ senbahn alltäglich. Im 19. Jh. war sie ein Quantenjtprung in der Tech­ nik und in der Geschwindigkeit. Das inspirierte natürlich auch Künstler, nicht nur Musiker, auch Maler oder Dichter. Es gibt viel Musik, die sich vom Rhythmus her auf die Eisenbahn zurückführen lässt, v. a. im Unterhaltungsbereich. Aber ich habe bewusst im klassi­ schen Sektor gesucht. Die meiste Literatur stammt aus dem 20. oder späten 19. Jh. Die meisten Bahnli­ nien wurden erst in der zweiten Hälfte des 19. Jh. gebaut, und viele waren der Bahn gegenüber noch sehr skeptisch oder haben sie ver­ flucht. Rossini soll ein Eisenbahn­ hasser gewesen sein; drum hat er so ein satirisches Stück darüber ge­ schrieben. Er selber ist nie mit der Bahn gefahren. Das, was ich ausge­ wählt habe, ist eine sehr persönli­ che Auswahl. Es gibt jemanden in England, der versucht, im Internet einen Katalog zu erstellen über Music and Railways. Ich habe spasseshalber einmal die Seite aus­ gedruckt und bin erschrocken, wie viel es war: 74 Seiten A4. Kommt von Ihnen noch mehr in der Richtung? Jiirg Hanselmann: Von mir si­ cher nicht. 
Es genUgt vorläufig. Am Anfang hatte ich sogar Bedenken, ob ich genügend Stücke finden würde für eine CD. Ich stellte einen Freund an, um in Bibliotheken oder, Antiquariaten Literatur zu mobili­ sieren. Im Laufe der Zeit kam dann schon mehr zusammen. Ich habe nicht alles, was mir unter die Fin­ ger geraten ist, aufgenommen. Sandra Hanselmann: Und du musstest ja noch halber etwas schreiben. Wie kam es dazu? Jiirg Hanselmann: Der Freund, der mich mit Literatur versorgt hat, erklärte sich bereit, das Textheft zu verfassen. Eine seiner Bedingun­ gen war, dass ich eine Eigenkom­ position beisteuere. Es wurden zu­nächst 
drei Stücke, nicht nur eins, und dieses Jahr kam noch ein klei­ ner Zyklus von drei Stücken dazu. Es ist eigentlich mehr draus gewor­ den, als ursprünglich beabsichtigt. Teilen Sie die Eisenbahnleiden­ schaft Ihres Mannes? Sandra Hansehnann: Ich lasse mich gern herum chauffieren mit dem Zug, denn wir fahren beide nicht Auto. Wir machen sämtliche Reisen mit dem Zug, auch Luxus­ reisen, um so ein bisschen aus dem Alltag auszubrechen. Ich mag die Geschwindigkeit, das Vorbeiflitzen der Natur. Wenn ich Auto fahren würde, könnte ich die Reise weni­ ger gemessen. Mit dem Zug dauert vielleicht eine Reise länger als mit einem Flugzeug, aber ich habe dann wirklich etwas davon. Albert Frömmelt: Noch ein kleiner Gedanke, der mir in den Sinn kam, als du in Triesen die «Drei Eisenbahnstücke» spieltest, Jürg: In deinen StUcken habe ich gehört, dass von Eisenbahn nicht nur eine technische Faszination ausgeht. Wenn die Eisenbahn star­ ten muss, stöhnts und fauchts, das kann ich mir sehr gut vorstellen, wie wenn ich starten muss, und denn geht's lustig drauf los, dann kommt eine Kurve und Gefahr usw. Es hat für mich eine ungeheure menschliche Dimension. Was erwartet uns am SOL-Kon- zert? Albert Frommelt: Wir fangen an mit der «Petite Suite» von Debussy, die wir schon einige Male gespielt haben; ein wunderschönes Jugend­ werk, das erste Orchesterwerk, das man kennt von ihm. Er schrieb es in Rom. Er hatte ja den Rom-Preis ge­ wonnen als Student. Die Studenten wohnten in Rom in einer Villa und mussten von Zeit zu Zeit Werke ab­ liefern. Er hasste es wie der Teufel, 
aber er musste schreiben. Ich finde es ein schönes Stückchen. Dann spielen wir den Faurd, dann das Neue, und nachher einen Chabrier, die «Suite pastorale»; sie ist so ur­ französische Musik wie Volksmu­ sik. Am Schluss spielen wir «Prin- temps», das erste gross angelegte OrchesterstUck von Debussy. Das dünkt mich schon ein rechter An­ spruch. Es ist ein toll aufgebautes Stück! In den ersten drei Abschnit­ ten im ersten Satz heisst es immer «poco crescendeo». Der Frühling, der poco anfängt! Flöten und Kla­ vier ergeben eine kühle Frühlings- stimmung. Ganz verrückt, die Atmosphäre! Von Mal zu Mal kommt mehr dazu. Im zweiten Satz gipfelt das in einem archaisch-ge­ waltigen Frühlingstanz, da muss der Boden 
zittern! Wie fügt sich da das neue Stück in das Programm ein? Albert Frommelt: Das Pro­ gramm hat dadurch eine Brücke, eine Gegenspannung. Das tut dem Programm sehr gut «Dies irae» ha­ ben unzählige Komponisten ver­ tont, das ist ein gewaltiges Thema. Jürg Hanselmann: Ja, es gibt viele Komponisten, die das Motiv irgendwie verarbeitet haben, ohne ihr Werk «Dies irae» zu nennen. Ei­ ner der berühmtesten ist Rachmani- noff; ihn 
hat das Thema sein Leben lang verfolgt. «Dies irae» ist fast ein musikalischer Archetypus. Albert Frommelt: Es ist ein Text, der im 12. Jh. in den Abruz- zen, vermutlich von Thomas von Celano, verfasst wurde und seit Jahrhunderten die Menschen 
be­ schäftigt. Wie wird im neuen «Dies irae» der Text musikalisch umgesetzt? Jürg 
Hanseimann: Der Text ist nicht das tragende Element der Komposition, sondern die alte, gre­gorianische 
Vertonung. Ich habe zwar der Partitur den Text vorange­ stellt, aber dem Zuhörer wird das nicht bewusst. Albert Frömmelt: Die gregoria­ nische Melodie kommt am Anfang immer wieder vor. Dann geht es ziemlich lange, bis es offensicht­ lich wird. Das Thema hat für mich einen mystischen Raum, die Strei­ cher, wie einen Kirchenraum, und in dem drin klingt dann die Melo­ die auf. Jürg Hanselmann: Und wird dann weiter variiert. Ist das Ihre erste Komposition für grosses Orchester? Jürg Hanseimann: Meine erste, die aufgeführt wird. Sandra Hasehnann: Es ist das erste Mal überhaupt, dass von dir aus etwas an die Öffentlichkeit ge­ langt. Da waren immer andere, die sagten: Jetzt komm! Zeig doch dei­ ne Sachen mal! Albert Frommelt: Für «Dies irae» hätte ich, wenn ich hätte müs­ sen, gekämpft. Es ist wichtig, dass wir alle grossen Werke aus der Li­ teratur machen, aber mich dUnkt ungeheuer wichtig, dass bei uns Leute schreiben. Wir hatten vorge­ schlagen, zur Souveränitätsfeier nächstes Jahr ein Konzeit zu ma­ chen ausschliesslich 
mit Werken hiesiger Komponisten. Blöder­ weise ging das 
unter. Wir möchten es gerne 2007 
nachholen. Jürg hat schon eine Idee für ein neues Werk. Ist das auch wieder etwas mit zwei Klavieren? Jürg 
Hanseimann: Nein, ich möchte etwas rein Orchestrales ma­ chen. Ich lasse mich immer ein bisschen inspirieren aus der Situa­ tion heraus, von den Leuten, die zur Verfügung stehen, aber das Ziel ist, etwas nur fürs Orchester zu schrei­ ben.
	        

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