Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

BLATT DIE KULTURNEWS FÜR LIECHTENSTEIN FREI TAG. 12. AUGUST 2005 SEITE 19 STREETPARADE Was dieses Jahr an der Street Parade los ist und wer dort die Ver­ tretung für Liechten­ stein übernimmt. 21 
KINDERSOMMER Warum der Kinder­ sommer im Landesmu­ seum 
zum wiederhol­ ten Mal ein grosser Er­ folg war. 21 
TV-ABEND Auf welchen Sendern es heute Abend was zu sehen gibt und wo es gemütlich oder actions- reich zugeht. 
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ROMANTIKER Warum sich Holly­ wood-Schauspieler bei Dates verausgabt und wer ihm bei der Part­ nersuche hilft. 
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NEWS 
Ein neues Gesicht Freier Eintritt ins Kunstmuseum VADUZ - Aus Anlass des Staatsfeiertags am Montag, 15. August ist das Kunstmuseum Liechtenstein bei freiem Eintritt von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Zwischen 14.30 und 19 Uhr fin­ den zu jeder halben und vollen Stunde 20-mi­ nütige Kurzführungen durch das Museum und die Ausstellung «Faites vos jeux ! Kunst und Spiel seit Dada» statt. 
Vlado Franjevic und Arno Oehri im Gespräch Von 14 bis 18 Uhr Kinderbetreuung durch die Museumspädagoginnen Nicole Ohnen- berg und Tonia Weibel. (PD) «Exceilence Award» an US- Schauspieler John Malkovfch LOCARNO - Der 52- jährige US-Schauspieler John Malkovich (Bild) ist ain Donnerstagabend anlässlich eines Be­ suchs in Locarno mit ei­ nem «Exceilence Award» des Filmfesti­ vals ausgezeichnet wor­ den. Anschliessend war auf der Piazza Grande der Film «Being John Malkovich» (1999) von Spike Jonze zu se­ hen. Am Mittag hatte der Schauspieler eine «Masterclass» zum Beruf des Schauspielers gegeben. Der aus Illinois stammende Malko­ vich lebt in Frankreich, und ist darum «so­ wohl Europäer als Amerikaner», wie das Fes­ tival schreibt. Er spielte oft in Filmen euro­ päischer Regisseure, etwa in «Dangerous Li­ aisons» von Stephen Frears, «The Sheltering Sky» von Bernardo Bertolucci, oder «Le temps retrouve» von Raoul Ruiz. Im jüngsten Rui/.-Film «Klimt» spielt er den Maler Gus­ tav Klimt. (sda) Peru fordert Rückgabe von Inka-Funden von US-Hochschule LIMA - Fast hundert Jahre nach der Ent­ deckung der berühmten Inka-Festung Machu Picchu will Peru die Rückgabe zahlreicher in die USA gebrachter Fundstücke erzwingen. Das peruanische Recht definiert das Machu Picchu als nationales Erbe. Die Regierung in Lima behalte sich vor, die US-Universität Ya- le zu verklagen, zitierte die Nachrichtenagen­ tur Andina den peruanischen Botschafter in den USA, Eduardo Ferrero. Die genaue Zahl der im Besitz der Hochschule befindlichen Stücke sei nicht bekannt, es handle sich aber vermutlich um mehr als hundert. Der US-Ar- chäologe Hiram Bingham hatte die nahe der Stadt Cusco gelegene Inka-Stätte 1911 ent­ deckt. Der Forscher erhielt damals die Er­ laubnis, Funde in die USA mitzunehmen, je­ doch mit der Auflage, diese später wieder an Peru zurückzugeben. Machu Picchu wurde im 15. Jahrhundert von den Inkas in 3300 Metern Höhe erbaut. (sda) 
TR9C/MAUREN - Im Kulturzen­ trum Vuk Karadzic Im serbi­ schen TriHfc veranstaltete die Belgrader University Sctiool of Fine Arts im Juli die «Multime­ dia Summer Colony 05». Neben 20 Belgrader Studenten nah­ men auch zehn geladene, inter­ nationale Künstler teil, darunter die 
Liechtensteiner Vlado Fran­ jevic und Arno Oehri. »Arno Lflfflt r Wie waren Ihre Eindrücke in Träic? Vlado Franjevic: Ich war sehr angetan von dem Austausch mit den jungen Kollegen und den Orga­ nisatoren. Man spürte, wie wichtig es ihnen ist, einen Austausch mit Ausländern zu haben, auch weil über uns fcin indirekter Weg ins Ausland führt. Für mich hat das Ganze noch eine andere Bedeu­ tung, weil ich als gebürtiger Kroate noch nie zuvor in Serbien war. TrSic ist durch Vuk Karadzic, den Reformator der serbischen Spra­ che, sozusagen der Mittelpunkt des Serbentums. Ist der Krieg immer noch präsent in Gesprächen und in der Kunst, die in Träic gemacht wurde? Vlado Franjevic: In Gesprächen überhaupt nicht. Die jungen Leute vermeiden, darüber zu sprechen. Sie möchten nach vorne schauen. Aber für uns sind immer diese ne­ gativen Konnotationen da. Da nur die eigenen Erfahrungen zählen, war es für mich sehr wichtig, dort­ hin zu gehen und mich damit aus­ einanderzusetzen. Ich hatte nie das Gefühl, dass irgendjemand etwas gegen andere Völker auf dem Bal­ kan hatte. Nimmt Ihre Arbeit, obwohl Sie nicht vorbelastet sind, nicht auch Bezug auf diese Vergangenheit, Herr Oehri? Arno Oehri: Man kann nicht nicht vorbelastet sein. Wenn man halbwegs wach durchs Leben geht, hat man diese Krisenzeit im Balkan deutlich mitbekommen, auch hier in Liechtenstein, nicht zuletzt durch die Flüchtlinge. Für mich hatte Serbien fast nur aus negativen Cliches bestanden. Die Ultranatio­ nalisten gibt es immer noch, und die Regierung deckt immer noch Leute wie Radovan Karadzic und Mladic. Meine allererste Frage an Vlado war, ob wir nicht indirekt die ultranationalistische Regierung unterstützen. Vlado Franjevic: Zuerst dachte ich: sicher nicht! Später hatte ich aber ein Problem, weil die neue Re­ gierung mittlerweile die Tschetniks mit 
Partisanen vergleicht. Die feiern sie heute! Arno Oehri: Die Voraussetzun­ gen waren sehr spannend. Es war 
Vlado Franjevic: «Spiraisnkanal (Wenn ich Serbien wäre)», mit der (kup­ pe um Heike Süseler. ein Mulitmcdiakünstlercamp, und ein, zwei Monate davor war dieses Video aus Srbrenica aufgetaucht, das die Wahrnehmung sehr verän­ dert hat. Erst durch dieses Video gab es bei vielen ein kurzes Auf­ flackern des Bewusstseins: Das ha­ ben wir, im Sinne von Kollektiv­ schuld, getan! Ich konnte nicht einfach dahin fahren und etwas Nettes machen. Andererseits konnte ich als Aussenstehender nicht einfach den Krieg thematisieren. Eigentlich ging es ja um Kunst. Empfinden Sie es als negativ, dass der Krieg seinen Schatten über das Ganze warf? Arno Oehri: Im Gegenteil. Für mich war es unausweichlich. Dazu kommt, dass wir an einem histori­ schen Platz waren, wo dieser Vuk Karadzic gelebt hat. Es ist eine Pil­ gerstätte, wo die Leute mit Bussen hinkommen. Auf einer Bühne fin­ den Freilichtspiele statt. Jedes Jahr gibt es diesen Sabor, diese Ver­ sammlung. Das ist ein Stück glor­ reicher, verklärter, serbischer Ge­ schichte. Dann entsteht natürlich diese Reibung zwischen der älteren und der jüngeren Geschichte. Ihre in TrSid entstandene Arbeit «Ja i Ti» nimmt ziemlich eindeu­ tig auf den Krieg Bezug. Wie ist das mit dem ebenfalls dort ent­ standenen «Serbischen Wald»? Arno Oehri: Der nimmt noch di­ rekter darauf Bezug. Die Wirkung des Videos wird durch das Wort «Serbischer» im Titel erzeugt. Man sieht eine ziemlich harmlose Sze­ ne: Die Kamera bewegt sich auf ei­ nen Waldrand zu. Man sieht Schrit­ te, Bewegung. In den durch die Medien vermittelten Bildern sieht 
man Einheiten, die durch die Ge­ gend streifen, Leute aufspüren und mitnehmen aufs Feld, um sie hin­ zurichten. Das «Ja i Ti», das «Ich und Du», kriegt durch die Ge­ schichte in Serbien natürlich eine zusätzliche Brisanz. Aber an sich beschreibt es einen urmenschlichen Konflikt, wenn ein Ich dem andern Ich gegenübersteht und sagt: Ich, nicht du! In Träic ging es um Interaktion. Wie war das bei Ihrem Spiralen- Projekt? Vlado Franjevic: Im Zentrum meiner Arbeit steht das physische Graben der Spirale, aber es gibt ein Vor- und Nachspiel: Im Vorfeld bit­ te ich Künstler weltweit, mir schriftliche Beiträge zu den jeweili­ gen Themen zu schicken. In Est­ land 2004 ging es um Isolation, das war vorgegeben; hier hatte ich mir das Thema selber ausgedacht: «Wenn ich Serbien wäre». Mich interessierte: Was passiert mit In­ formationen? Was assoziiert ein Indonesier mit Serbien? Es ist spannend, einen negativen Gedan­ ken aus Indonesien zu bekommen und aus Kroatien einen nicht gera­ de positiven, aber irgendwie ver­ söhnlichen. Wie unterschied sich das von dem Projekt in Estland? Vlado Franjevic: In TrSi£ war in der Mitte der Spirale der tiefste Punkt, und in Estland am Aussen- rand. Mit der physischen Arbeit versuche ich, geopolitische Räume zu verbinden; einmal dreht sich die Spirale von aussen nach innen und einmal von innen nach aussen. Ich stehe an einem Ort und versuche zu graben; in Estland ging es viel leichter als in Serbien. Spannend ist 
für mich auch, dass sich immer wieder andere einbringen. Zuerst gab es eine Performance/Medita­ tion unter der Leitung von Heike Gässler; und am Schluss, am Tag der Präsentation, stiegen etwa 30 Leute in den Kanal. Das beein­ druckte mich: Plötzlich standen al­ le Leute in der Spirale; das war ein wunderschönes Bild für mich. Das kann sich jetzt weiter entwickeln auf verschiedene Ebenen: Man geht von hier dann in virtuelle Räume, von dort kann man das wieder weiterspinnen in reale Räume. Was meinen Sie mit virtuellen Räumen? Vlado Fraqjevic: Martin Kru- sche aus Österreich hat das, was ich in Estland gemacht habe, präsen­ tiert und die Texte der Autoren, die mir damals ihre Beiträge gesandt hatten, verbreitet. Er war dann mit Erde, die ich aus Estland mitge­ bracht hatte, unterwegs und ver­ teilte die überall. Man fand Spuren, die belegten, dass Leute die Behäl­ ter geöffnet hatten. Das gibt dann eine weitere Geschichte. In TrSil gab es kein übergeordne­ tes Thema? Arno Oehri: Es war sehr schön, dass es völlig frei war. Marko Lad- juiic, der Leiter des Ganzen, will nächstes Jahr eine Ausstellung in Belgrad stattfinden lassen. Und ich möchte diese Videoinstallation dort zeigen. Für die Abschlussausstel­ lung stellte ich im Amphitheater ei­ ne Photoinstallation auf: Photota­ feln, etwas kleiner als die Boden­ platten, die ich mit versteckten Holzklötzchen anhob, so dass sie ganz leicht über dem Boden schwebten. Es waren 21 Portraits von den Kunststudenten; sämtliche Gesichter hatte ich auf technischem Wege unscharf maskiert; die Ge­ sichtszüge sind nicht mehr wirklich erkennbar. Warum der Titel «Passed Glory Serbia 2005»? Arno Oehri: Ich arbeite gerne si- tuations- und ortsbezogen. Eines Morgens spazierte ich durch die Hügel und sah die verrosteten Fah­ nenstangen, die Bühne, die lang­ sam zuwächst. Ich hatte den Ein­ druck: Diese glorreiche Vergangen­ heit ist jetzt mal weg, das Land mausarm und politisch isoliert. Und da sind diese Jugendlichen in TrSid, die wie alle anderen mit die­ ser sich globalisierenden Welt kämpfen, auch um eine Identität. Viele wollen sich nicht mit dieser jüngeren Geschichte identifizieren, damals waren sie Teens und nicht selber aktiv, sondern eine "Genera­ tion Leidtragender, die jetzt unter diesem totalen Negativimage Ser­ biens leiden. Die jungen, kreativen Leute müssen dem Land ein neues Gesicht geben. i
	        

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