Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

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.jU>' i£& . DIE WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN FÜR LIECHTENSTEIN SAMSTAG, 18. DEZEMBER 2004 SEITE 13 PLAN Welcher Plan nach dem Brainstorming in Liechtenstein über das Wirtschaftsleitbild ent­ stehen soll. i 4 raNEWS Trend zu Reallohnerhöhung ZÜRICH - Nach harten Zeiten können die Angestellten der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie frohlocken. Viele von ihnen werden im nächsten Jahr ei­ ne 
prallere Lohntüte bekommen. «Die Löhne steigen auf das niichste Jahr an - moderat zwar, aber klar», teilte der Verband Schwei­ zerischer Angestelltenvereine der Maschi­ nen* und Elektroindustrie (VSAM) mit. In vielen Unternehmen der Branche werde die Lohnsumme zwischen einem oder zwei Pro­ zent aufgestockt. Dies sei zwar nicht berau­ schend, bedeute aber immerhin, dass viele Angestellte mehr aufs Konto überwiesen er­ hielten. 
(sda) Rekordjahr WARSCHAU - Die Warschauer Börse eilt von Rekord zu Rekord. Am Donnerstag er­ reichte der Aktien-Index WIG mit 26 152 Punkten ein neues Allzeit-Hoch. Besonders ausländische Investment-Gesellschaften kau­ fen derzeit polnische Aktien. Grund dafür ist die 
gute Konjunktur, der stabile Zloty und das Haushaltsdefizit, das in diesem Jahr niedriger als erwartet ausfällt. Besonders ge­ fragt sind Aktien von grossen Gesellschaften wie die der Bank PKO BP, des Telefon-Be­ treibers TP SA und des Benzin-Giganten PKN Orlen. 2004 wird als erfolgreichstes Börsenjahr in die polnische Geschichte ein­ gehen. Die Umsätze von über 25 Mrd. Euro liegen noch über denen aus dem «New Eco- nomie»-Jahr 2000. (sda) Von Firmensitz getrennt TOKIO - Der verlustreiche japanische Auto- hersteüer Mitsubishi Motors (MMC) hat den Firmensitz in Tokio verkauft und dadurch rund 217 Mio. Euro erlöst. Auch andere Kon­ zerntöchter, verkauften ihre Anteile an dem Bürokomplex an die US-Investmentbank Morgan Stanley. «MMC wird den Erlös dazu nutzen, im Rahmen der Restrukturierung die Kosten zu senken und den Barmittelzufluss zu erhöhen», teilte der Konzern nach Börsen- schluss mit. / ' Im April 2006 will MMC den Firmensitz nach Kyoto verlegen." MMC erwirtschaftet als einziger Äutohersteller in Japan Verluste und leidet weiterhin unter Absatzrückgüngen. MMC hatte sich im FrUhsommef3,4 
_Mrdr Euro Kapital besorgt, bis Ende Januar soll ein zweiter Sanierungsplan ausgearbeitet werden. . (sda) 
INTERNET Welcher Internet Servi­ ce Provider aus dem Nachbarland Öster­ reich unser Land «be­ schleunigen» will. i g 
NICHT GÜLTIG Warum die Weko die Exklusivvereinbarun- gen des Feldschlöss- chen-Konzern zurück­ pfifft. ig 
ABGELEHNT Warum Italiens gröss- ter Stromversorger Enel ein Kaufangebot für Wind abgelehnt hat. 18 Spielraum mit Leitplanken Hansjörg Frick: Wirtschaftspolitik sorgt weiter für gute Rahmenbedingungen VADUZ - Liechtensteins Wirt­ schaft wird auch 2005 nachhal­ tig wachsen. Wirtschaftsminis­ ter Hansjörg Frick erinnert daran, das Sozialsystem recht­ zeitig an die gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen. » Kornella Pfeiffe r  • Volksblatt: Herr Wirtschaftsmi­ nister, die Industrieexportc sind kräftig gestiegen, gestiegen sind auch die von den Banken betreu­ ten Kundenvermögen. Wie sehen Sie das Wirtschaftsjahr 2004, was ist für 2005 zu erwarten? Hansjörg Frick: Es war ein po­ sitives Jahr der Erholung für die In­ dustrie, aber auch für die Finanz­ dienstleister. Das Gewerbe aller­ dings zeigt sehr unterschiedliche Ergebnisse: Ein Teil bekundet gros­ se Zufriedenheit. In manchen Bran­ chen hat der Konjunkturauf­ schwung aber noch nicht gegriffen, was auch mit Überkapazitäten zu tun hat. Der jüngste Konjunkturtest der Konjunkturforschungsstelle Liech­ tenstein (KOFL) deutet an, dass das Wachstum im nächsten Jahr weiter­ geht, allerdings verhalten. Die Ex­ portindustrie dürfte der Motor der Wirtschaftscntwicklung bleiben, doch sehen die Unternehmen zu Beginn des nächsten Jahres eine leichte Abschwächung. Eine über­ hitzte Konjunktur ist also nicht zu erwarten, wohl aber ein nachhalti­ ges Wachstum, das ein Land ja braucht, um seine Sozialsysteme zu erhalten. Sehen Sie Lösungen für die schwierige Lage, in der Bau- und Gastgewerbe und die Drucke­ reien stecken? Ein Hintergrund ist, dass ver­ mehrt Auftrüge an Firmen in der Region und nicht mehr im Land - vergeben werden. Nicht alle Unter­ nehmen können dem Konkurrenz­ druck standhalten, sie können bei dem herrschenden Preiskampf nicht mehr mitmachen. Wettbewerb ist der Trend unserer Zeit. So haben im Gastgewerbe viele Wirte ein­ fach zu lange Zeit sich nicht weiter entwickelt. Sie müssen innovativer werden und vielleicht auch risi­ kobereiter. Dagegen ist das liech­ tensteinische Baugewerbe noch einmal mit einem blauen Auge da­ vongekommen. Wenn man den Konjunkturbericht vom Herbst 2004 im Detail betrachtet, schätzt das Baugewerbe die Lage schon wieder besser ein. Das Gewerbe stöhnt unter dem Preisdruck in einer Gesellschaft, in der Schnäppchenjagd ein Sport ist. Innovationen, Nischen finden ist angesagt. Wie steht es damit in Liechtenstein? Die Industriebetriebe stehen 
im­Wirtschaftsminister 
Hansjörg Frick: Wirtschaftspolitik darf nicht steu­ ernd eingreifen. mer schon im internationalen Wett­ bewerb und belegen Nischen auf den Weltmärkten. Sie investieren jährlich über 8000 Franken pro Einwohner in Forschung und Ent­ wicklung. Das ist ein Spitzenwert. Aber auch das Gewerbe ist in den letzten Jahren sehr aktiv geworden: Der 
Handel hat das «Einkaufland Liechtenstein» etabliert, das Gast­ gewerbe hat die Hotelklassifizie- rung eingeführt. Andere haben Marktnischen gefunden. Da ist jetzt einiges im Tun. Auch das KMU- Zentrum der Fachhochschule Liechtenstein unterstützt die Ent­ wicklung. Es begleitet nicht nur Start-ups, sondern auch schon be­ stehende KMU, die innovativ wer­ den wollen. Gute Rahmenbedingungen zu schaffen, ist ja Ihr Credo. Nun sind Sie doch in die Wirtschafts­ offensive gegangen. Wozu, bisher lief die Wirtschaft auch ohne Wirtschaftspolitik? Der Wunsch der Wirtschaft war immer, dass sich die Politik darauf beschränkt, gute Rahmenbedingun­ gen zu garantieren. Auch wenn Si­ cherung und Ausbau der Rahmen­ bedingungen immer noch itn Mittelpunkt unserer Wirtschaftspo­ litik 
stehen, reichen Steuervorteile allein heute nicht mehr. Um einen Vorsprung zu halten, muss man die Vorteile jn ihrer Summe weiterent­ wickeln und. das Unternehmertum starker fördern. Im Augenblick sind 
wir dabei, mit den Wirtschaftsver­ bänden über die Verordnung zum neuen Arbeitsgesetz zu diskutieren,. Es geht darum, EU-Recht zwar um­ zusetzen, aber - ohne die Arbeit­ nehmer zu benachteiligen - nur so weit wie unbedingt nötig, um Spielraum zu behalten. Neu hat die Regierung ein Wirt­ schaftsleitbild vorgestellt. Wie wird das umgesetzt? In Roundtable-Diskussionen ha­ ben Regierung und Wirtschaft das Wirtschaftsleitbild sehr intensiv diskutiert. Für die Wirtschaftspoli­ tik setzt das Leitbild konkrete Leit­ planken. Neue Gesetze, Gesetzes­ änderungen als auch Verordnungen werden künftig daraufhin geprüft, ob der Inhalt konform ist mit dem Wirtschaftsleitbild. Ein Leitbild einer Regierung ist nicht vergleichbar mit einer Fir­ menstrategie, zu der die Festlegung klarer Ziele und Benchmarks ge­ hört, denn Firmenleitungen halten sich nicht immer an die Spielregeln der Demokratie, da hat auch nicht der Souverän das letzte Wort. So muss unser Wirtschaftsleitbild mit den Grundelementen Leitsätze, Stossrichtungen und Handlungs­ empfehlungen auskommen, was je­ doch 
bei konsequenter Beachtung auch zum Ziel führt. Was muss sich in Liechtenstein ändern, um im globalen Wettbe­ werb weiter mithalten zu können? 
Unterstreichen möchte ich, dass die liechtensteinische Wirtschaft sehr erfolgreich mithält und bemer­ kenswerte Zahlen vorweisen kann. Das Ziel muss also sein, ein guter Standort für Industrie und Finanz­ dienstleistung zu bleiben, um den Weg in führender Position weiter­ gehen zu können. Via Wirtschafts­ politik da steuernd eingreifen zu wollen, davon rate ich ab. Der Staat kann aber die Rahmen­ bedingungen verbessern und an Image und internationalem Vertrau­ en arbeiten. Das ist eine der gros­ sen Herausforderungen. Eine wei­ tere ist, die Amtswege im Land zu verkürzen, kundenfreyndlicher zu werden und Bürokratie abzubauen, um flexibler und effizienter als Dienstleister für die Wirtschaft handeln zu können. Die Arbeitslosenquote verharrt auf 2,2 Prozeht. Das Plus von 1,7 Prozent mehr Arbeitsplätzen im Jahr 2004 hat nicht durchge­ schlagen. Wie alarmierend ist die Entwicklung? Das ist bedauerlich, weil hinter dieser Zahl eben 654 Einzelschick­ sale stecken. Ich befürchte aber, dass wir uns damit abfinden müs­ sen, dass die Arbeitslosigkeit sich auf einem höheren Niveau einpen­ delt, wie wir es uns früher gewohnt waren. Was die Arbeitsvermittlung angeht, haben wir einige Anstren­ gungen unternommen. Wer aber längere Zeit arbeitslos ist, hat oft eine schwache oder gar keine Aus­ bildung. Für diese Menschen wird es immer schwieriger, weil die Wirtschaft Spezialisten und immer besser ausgebildete Arbeitskräfte braucht. Wo ich noch Potenzial se­ he, sind die 20 Prozent Arbeitslo­ sen unter 25 Jahren. Dafür braucht es neue Massnahmen, um ihnen zu helfen, einen adäquaten Job mit Zukunftsperspektive zu finden, aber auch um die Verlockungen des Sozialstaats zurückzuschrauben. Renten- und Sozialsystcmc hal­ ten noch lange. Doch auch die Liechtensteiner werden immer älter. Wo sehen Sie Reformbe­ darf? In den letzten fünf Jahren hat Liechtenstein sein Sozialsystem nochmals massiv aufgestockt. Die Möglichkeit, vor 64 in Rente zu ge­ hen, haben wir stark ausgebaut, was versicherungsmathematisch nicht aufgehen kann. Andererseits lassen sich solche Leistungen in de­ mokratischen Ländern nicht ein­ fach wieder abschaffen. Da stehen grosse Herausforderungen im Raum. Dazu gehört auch die IV, die ganz massive Kostensteigerungen verzeichnet. Nicht durch Arbeits­ unfälle, sondern durch Stress und Druck im Arbeitsleben. Hier braucht es ganz neue Modelle für die Lebensarbeitszeit. 
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