Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

' ' '•...' - • '.* DONNERSTAG, 23. SEPTEMBER 2004 
VOLKS! COADT FORMEL I GASTIERT IN CHINA BLATT 
SPORT GP VON SCHANGHAI AM SONNTAG 
24 FORMEL 1 Strecke aus dem Sumpf gestampft SCHANGHAI - Der neue Kurs von Schanghai stellt alle bisherigen Formel- 1-Strecken in den Schatten. «Ich glau­ be, Schanghai wird in mancher Hinsicht Standards setzen», ist Williams-BMW- Pilot Ralf Schumacher vor der Premiere angetan. 40 Kilometer von der ostchinesischen Ha­ fenmetropole entfernt entstand ein giganti­ scher, moderner und technisch anspruchs­ voller Kurs mit einer Kapazität für 200 000 Zuschauer. Architekt ist der Deutsche Her­ mann Tilke, der unter anderen auch die neue Strecke in Bahrain konzipiert hat. Das Chi­ na-Projekt war für Tilke und seine Mitarbei­ ter eine besondere Herausforderung. In ei­ nem Sumpfgebiet mit 17 Flüssen wurden 40 000 Betonpfahle mit einer Länge zwischen 40 und 80 Metern in den Boden gerammt, um dem Kurs die Standfestigkeit zu geben. Darüber wurde meterdick Styropor gelegt. 18 Monate dauerten die Bauarbeiten, an de­ nen bis zu 8000 Menschen beteiligt waren. Der Kurs ist 5,451 Kilometer lang und da­ mit der fünftlängste in der Formel 1. Be­ sonderheiten sind unter anderem zwei lange Geraden, drei eingeplante Überholmöglich- keiten und zwei sehr anspruchsvolle Kur­ ven: "eine sich verengende «Schnecke», in der von rund 300 Stundenkilometern auf 90 km/h heruntergebremst wird, und ihr Gegenstück, eine sich öffnende Kurve mit acht Prozent Quersteigung. Schutz vor bösen Geistern Tilke hat bei den futuristischen Bauten be- wusst auch landestypische Symbolik in sei­ nen Entwurf aufgenommen. So bricht sich im Dach der Tribüne mit rund 30 000 Plät­ zen Licht in den Macht und Glück symboli­ sierenden Farben Gelb und Rot. Für die Teamgebäude wurde ein chinesischer Gar­ ten nachgebaut. Zickzackstege, mit denen böse Geister abgeschreckt werden sollen, führen über die Seen. Die Kosten für die Strecke liegen bei rund 260 Millionen Euro, das gesamte Projekt soll rund 500 Millionen Euro verschlungen haben. Ein profitables Geschäft wird der Grand Prix in den nächsten Jahren aber nicht. «Wir sind darauf vorbereitet, dass die Formel 1 in den ersten drei Jahren keinen Gewinn macht», sagt Yu Zhifei, Vizemana­ ger der Rennstrecke, «das ist die Zeit, um die Zahl der Formel-1 -Freunde. wachseVi zu lassen.» (id) 
Formel 1 im Goldrausch China garantiert der Formel 1 zumindest sieben fette Jahre P! 
FAHRERWECHSEL Jordan: Glock ersetzt Pantano Das Jordan-Team wird am Wochenende mit Timo Glock (De/22) an Stelle von Giorgio Pantano (It/25) zum Grand Prix von China in Schanghai antreten. Glocks bisherige Aufgabe als dritter Fahrer 
übernimmt der Holländer Robert Doornbos (23). Zu Panta- nos Entlassung führten laut Eddie Jordan vertragliche Probleme. Glock hatte den Ita­ liener aus dem gleichen Grund schon im Ju­ ni im GP von Kanada ersetzt und auf Anhieb zwei WM-Punkte gewönnen. Die restlichen drei Punkte des Jordan-Team gehen auf das Konto von Nick Heidfeld. Doornbos been­ dete die Formel-3000- Meisterschaft 2004 als Dritter. Der Arden-Team-Kollege des Ti­ telgewinners Vitantonio Liuzzi siegte in Bel­ gien und klassierte sich weitere drei Male unter den ersten drei. Glock wurde zunächst nur für das Rennen in China aufgeboten, wo­ gegen Dornboos auch in Japan und Brasilien zum Einsatz gelangen soll. ; (si) 
SCHANGHAI - Am Sonntag feiert der Grand Prix von China in Schanghai seine Premiere. Mi­ chael Schumacher und Ferrari haben in der laufenden Saison ja schon abgeräumt, nun wollen auch die anderen Teams ihr Stück vom Kuchen. Die Autokon- zerne nützen die Gelegenheit, sich «in die Auslage» zu stellen. Denn der Markt in China ist rie­ sig und noch lange nicht erobert. Die Formel-1-WM ist längst ent­ schieden, trotzdem steht einer der aufregendsten Grands Prix des Jah­ res noch auf dem Programm. Fünf Monate, nachdem in Bahrain erst­ mals ein WM-Lauf im Mittleren Osten über die Bühne gegangen ist, erobert die Königsklasse des Mo­ torsports mit dem Rennen am Sonntag in Schanghai (Start 8 Uhr MESZ) nun auch China. 260 Millionen Euro haben die Verantwortlichen für den Bau der ultramodernen und vom Deutschen Hermann Tiike «eher*zufällig» in Form des chinesischen Schriftzei­ chens Shang (für die Shang-Dynas- tic) gezeichneten Rennstrecke vor den Toren der neuen Wirtschafts­ metropole ausgegeben. 40 Millio­ nen Dollar jährlich hat man garan­ tiert, um den teuersten Sport der Welt die kommenden sieben Jahre in China zu haben. Das «neue Klondike» Die Formel l macht jedenfalls ei­ nen weiteren Schritt in Richtung Globalisierung, und dem stehen die involvierten Autoproduzertten und Sponsoren - vor allem die aus Eu­ ropa vertriebene Tabakindustrie - bekanntlich positiv gegenüber. «Jeder wirtschaftlich Interessier­ te blickt in den Fernen Osten. Chi­ na ist das neue Klondike», sagte et­ wa BAR-Chef David Richards in Anspielung an den kanadischen Goldrausch des 19. Jahrhunderts. 
40 Millionen Dollar jährlich hat man garantiert, iim den teuersten Sport der Welt in China zu haben. Unter den internationalen Auto- konzernen sind die boomenden und wohlhabenden Küstenregionen Chinas spätestens seit 2003 zum «gelobten Land» geworden: Der Pkw-Markt in China hat sich in den vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelt. Jeder einzelne der grossen Konzerne produziert mitt­ lerweile mit einem lokalen Partner in China - oft Limousinen der ge­ hobenen Mittelklasse. Aber auch die Nachfrage nach hoch- bis höchstpreisigcn, importierten Mo­ delle ist überraschend massiv. Ferrari-Rot immer öfter zu sehen Selbst Ferrari wird heuer 50 sei­ ner Luxusgefährtc in China verkau­ fen und hofft auf eine Verdoppelung im Jahr 2005. Williams-Partner BMW hat heuer auf dem chinesi­ schen Festland, in Hongkong und Taiwan bereits 23,9 Prozent mehr 
an Luxuskarossen verkauft als im gleichen Zeitraum 2003, fast die Hälfte davon wurden in China her­ gestellt. Auch BAR-Motorenpartner Honda sowie Toyota sind in China sehr gut vertreten und Renault, der 44-Prozent-Teilhaber von Nissan, hat längst Joint Ventures laufen. Jaguar-Ausstieg als Warnung Etwas in die Hose gegangen sind die. Marketing-Strategien nur bei Jaguar. Die Namen der ersten 20 Autokäufer sollen beim Grand Prix auf den Formel-1-Boliden von Christian Klien und Mark Webber prangen, Jaguar-Konzernmutter Ford hat aber bekanntlich vergan­ gene Woche den Komplettausstieg für 2005 bekannt gegeben. Was ausgerechnet vor dem Chi- na-GP die Euphorie um künftige Geldquellen etwas dämpfte. Ford ist der drittgrösste Autohersteller Der Countdown läuft Chinesen fehlt noch ein Formel-1-Held SCHANGHAI - Die ersten Fahrer sind gestern in Schanghai ein­ getroffen, am Kurs wird der letzte Feinschliff vorgenommen: China ist bereit für seinen ers­ ten Grand Prix und den Schritt in die erhoffte grosse Formel-1- Zukunft. Bis zu 200 000 Fans werden am Wochenende ent­ lang der Strecke erwartet. Die Formel 1 ist im Reich der Mit­ te angekommen. Doch noch ist in Schanghai nur wenig davon zu spü­ ren, dass Weltmeister Michael Schumacher und seine Kollegen hier bald die Motoren heulen las­ sen. Nur wenige Werbeplakate wei­ sen auf den ersten Grand Prix in China am Sonntag (8 Uhr) vor den Toren der 14-Millionen-Einwoh- ner-Metropole hin. Auf der Auto­ bahn zu der modernen Strecke, die 40 Kilometer von Schanghai ent­ fernt im sumpfigen Niemandsland des Jiading-Distrikts entstand, sind einige Informationstafcln aufge­ stellt. Im staatlichen Fernsehen CCTV laufen die ersten Bilder. Ei­ ne Werbeoffensive ist allerdings auch gar nicht nötig, denn trotz der gemessen am Einkommensniveau sehr hohen Preise zwischen 370 und 3700 Yuan (37 und 370 Euro) wurden 200 000 Tickets abgesetzt. Mit dem Auftritt in der Volksre­ publik hat die Formel l einen 
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Kurs in Schanghai wird noch der letzte Feinschliff vorgenommen. gen weissen Fleck auf der Weltkar­ te getilgt. Schanghai ist der grösste und spektakulärste Austragungsort, die Strecke die modernste und teu­ erste. «Ich halte es für folgerichtig, dass die Formel 1 dort fährt, schliesslich ist es eine Weltmeister­ schaft», meint der siebenfache Champion Schumacher. Supeiiativ des Motorsports Mercedes-Motorsportchef Nor­ bert Haug glaubt, dass der erste China-Grand-Prix gute Chancen hat, «das meistbeachtete Ereignis in der Geschichte des Motorsports zu werden». 
Was den Chinesen noch fehlt, ist ein eigener «Held». Der bekanntes­ te Rennfahrer ist Han Han, der in der Formel BMW Asia fährt. Doch die Popularität des 22-Jährigen hat mehr mit seinen schriftstellerischen als mit seinen fahrerischen Künsten zu tun. In einem viel beachteten Buch hatte er das chinesische Er­ ziehungssystem kritisiert. Doch Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone gibt die Hoffnung nicht auf, eines Tages einen Chinesen in seinem Wanderzirkus zu präsentie­ ren: «Unter 1,3 Milliarden Men­ schen muss es einfach einen geeig­ neten Fahrer geben.» , (id) 
der Weltbund nicht wenige Exper­ ten sehen den Rückzug der US- Amerikaner als deutlichen Warn- schuss für das ganze Business. In der Tat ist die Formel I, die in den 90er Jahren' noch Ausscheidungs- ; rennen veranstalten inusstc, auf zehn Teams geschrumpft. Für 2005 kann man derzeit nur mit sieben Werks- bzw. werks­ unterstützten Teams fix rechnen. Gut möglich, dass Ferrari, McLa­ ren. Williams, BAR, Renault usw. künftig ein drittes Auto einsetzen müssen, denn die Formel 1 muss 20 Fahrzeuge am Start garantieren. «Keine schlechte Idee; Vielleicht ändert sich etwas uus der Not her­ aus zum Besseren. Denn insgesamt hat sich die Formel I vor lauter Po­ litik nach hinten entwickelt und vergessen, dass sie ein Event sein sollte», so die Expertenmeinung von Niki Lauda. (id) COMEBACK Schumacher II will in Schanghai punkten «Voll ausgeruht; aufgetankt und topfit» fühlt sich Ralf Schuma­ cher vor seinem Comeback nach der über drei Monate lan­ gen Zwangspause in dieser Wo­ che in Schanghai. «Ich bin sehr froh, wieder Rennen fahren zu können, und voll motiviert, noch einige Punkte für mein Team zu holen. Das bin ich ein­ fach den Mechanikern und allen Mitarbeitern schuldig, die sich die ganze Saison über für uns alle zerrissen haben», sagte der Williams-BMW-Pilot.. Die lange Pause seit seinem schweren Unfall am. 20. Juni in . Indianapolis hat 'Schumacher gut getan. «Mir ist, als ich jetzt in Silverstone nach drei Mona­ ten wieder in ein Rennauto ge­ stiegen bin, wieder aufgefallen, wie viel Freude mir das alles macht», meinte er. Dbwohl sich Schumacher bei seinem Unfall in den USA zwei, Brustwirbel gebrochen hatte und beinahe im Rollstuhl gelandet wäre, hat er «keine Sekunde» lang an einen Ausstieg' aus der Formel 1 ge­ dacht. «Dazu macht mir die Rennfahrerei einfach ̂viel' zu ; 
v̂el Freute.» Rennsport sei nuh einmal gefährlich. «Aber das ist Dachdecken auch. Für diese Er­ kenntnis habeichallerdings kei­ nen Unfall gebraucht.» (id) t V 6, m
	        

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