Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

SAMSTAG, 31. JULI 2004 
VOLKSI CDHDT ANDREA CLAVADETSCHER BLATTl 
OrUn IIM VOLKSBLATT-INTERVIEW 
16 SPORT IN KÜRZE SC Herisau droht Konkurs EISHOCKEY - Den früheren NLA-Klub Herisau drücken erneut finanzielle Sorgen. Der AG des Erstligisten droht der Konkurs. Sämtliche Zahlungen wurden einstweilen eingestellt. Der SC Herisau spielte 1998 in der höchsten Liga. Im Februar 1999 zog er sich wegen Schulden von über 1,5 Millionen Franken freiwillig aus der NLB zurück, (si) Keine weiteren Dopingfälle bei der Tour de France RAD - Christophe Brandt ist während der abgelaufenen Tour de France als einziger po­ sitiv auf Doping getestet worden. Der Belgier war vor der 3. Etappe ausgeschlossen wor­ den, nachdem bei ihm Methadon gefunden worden war. Der Italiener Stefano Casagran- de und der Slowene Martin Hvastija stiegen aus. weil gegen sie in Italien wegen Dopings ermittelt wird. Der Tscheche Pavel Padmos und Stefano Zanini (It) hatten sich geweigert, die Tour vorzeitig zu verlassen. (si) Jacobsen darf in Athen starten SCHWIMMEN - Mette Jacobsen hat grü­ nes Licht für ihre 5. Teilnahme an den Olympischen Spielen erhalten. Die unter Asthma leidende, 31-jährige Dänin war im Mai während den EM vom Weltverband (FI- NA) verwarnt worden, weil sie vergessen hatte, die Einnahme eines Medikaments zu deklarieren. Der dänische Verband nahm sie dennoch ins Aufgebot für Athen. (si) Marion Jones nicht in Zürich LEICHTATHLETIK - Marion Jones (USA) wird definitiv nicht bei «Weltklasse Zürich» am kommenden Freitag starten. Die Veranstalter entschieden sich, niemanden einzuladen, der in die Balco-AfTäre oder in ein anderes laufendes Dopingverfahren in­ volviert ist. (si) Durnian verteidigt Führung GOLF - Dragon Taki 64, Seiji Ebihara 64, Ken Iwama 66: Die Japaner unter den Golf- profis der europäischen Seniorentour drück­ ten dem 2. Tag des Bad Ragaz PGA Seniors Open mit lauter Spitzenrunden den Stempel auf. Vor der heutigen Schlussrunde führt aber nach wie vor der Engländer Denis Durnian - jetzt noch einen Schlag vor Vorjahressieger Horacio Carbonetti aus Argentinien. (si) (»olf: Bad Ragaz - Resultate 2. Ta g Rad Ragaz SG. PGA Seniors Opcn/europäische Senioren- Tour (190 000 Kuro/Par 70). Stand nach dem 2. Tag: 1. DeniN Durnian (Eng)-130 (62, Plat/rckonl ogaltMcrt/6S>, 2. H*>racio Carbonetti (ArgJ 13! (66/65). 3. Bob Ca;?krmn <E/ig> 133 (65/68). 4. Giuseppe Cali dl) 134 (69/65), Seiji Ebihara (Jap) 134 (7(1/64) und Martin Gray (Scho) 134 (69/65). 
7. Delroy. Cambridge (Ka) 135 (6K/67), Tommy Horton (Eng) 13516N/67), John Chillas (Scho) 135 (66/69) und Nick Job (Eng) 135(66/69). II. Carl Mavon (Eng) 136 (71/65). Alberto Cruce dt) 136 (69/67). ßiil Lnngmuir (Scho) 136 (70/66). John Mashego (SA) 136 (66/70), Nocl Ratcliffc (Au) 136 (6S/6S), Barry Vivian (Neus) 136 (68/68) und Luis Carbonetti (Arg) 136 (69/67). OLYMPIA Olympisches Dorf eröffnet Zwei Wochen vor dem Beginn der Spiele ist in Athen das olympische Dorf eröffnet wor­ den. Als Erster zog ein Sportler aus Kasachs­ tan ein. Der Komplex wurde von IOC-Vize­ präsident Thomas Bach als das bisher «beste olympische Dorf» bezeichnet. Das Areal, in dem 10 500 Athleten sowie 5500 Begleiter wohnen werden, ist durch Zäune aus Beton und Stahlnetze geschützt Rund 11 000 Helfer kümmern sich um das Wohlbefinden der Athleten, unter ihnen 2000 Köche und 
KUchenhelfer, die täglich 60 000 Gerichte zubereiten werden. Das olympische Dorf verfügt über eine hochmoderne Klinik, ein Internet-Cafd, kirchliche Einrichtungen, Geschäfte, Banken, Restaurants, Kino, Dis- cothek und Bibliothek. Die Gebäude des 350 Millionen 
Euro teuren olympischen Dorfs sollen nach den Spielen als Sozialwohnungen genutzt werden. Mit der Eröffnung des Dorfs hat auch die bisher grösste Aktion des Inter­ nationalen Olympischen Komitees (IOC) ge­ gen Doping begonnen. Alle gemeldeten Sportler können nun «zu jederzeit und an je­ dem Ort ohne Vorwarnung Ziel einer Do­ pingkontrolle sein». (si) 
Eigene Grenzen im Visier Andrea Clavadetscher über die Zahl 24, die Defekthexe und Thermalbäder SCHAAN - 858 Kilometer in 24 Stunden mit dem Rad auf der Bahn in Oeriikon - das ist das Ziel von Andrea Clavadetscher. Heute Mittag um 12 Uhr wird er zu diesem Abenteuer starten und am kommenden Freitag dasselbe auf den Strassen im,luzernischen Schütz versuchen. Im Herbst wird der Vaduzer über die Bü­ cher gehen. Und über einen mög­ lichen Rücktritt nachdenken. * Cornelia Hote r Volksblatt: Was bedeutet Andrea Clavadetscher die Zahl 24? Andrea Clavadetscher: Span­ nung. Neuland. Ungewissheit auch. Ungewissheit darüber, ob Sic am Sonntag um 12 Uhr als neuer Wcltrekordhalter feststehen? Ja, denn man muss eines ganz klar sehen, die 857,362 km von Michael Secrest aus dem Jahre 1996 sind ei­ ne grossartige Marke. Wenn ich den Rekord verbessern kann, dann si­ cherlich nur um Meter. Dafür muss aber am Wochenende alles passen, meine Tagesform, das Wetter und die Defekthexe darf nicht zuschlagen. Wetter und Defekte können Sie nicht beeinflussen, für die Form aber sind Sie selber verantwort­ lich. Das stimmt! Natürlich habe ich meine Saison auf diese zwei Welt­ rekordversuche ausgerichtet und im Gegensatz zu anderen Jahren viel mehr Rennen bestritten und bin da­ für weniger ultralange Trainings­ einheiten gefahren. Zu Beginn die­ ses Monats hohe ich mir zudem den letzten Schliff in einem zehntä­ gigen Trainingslager in Südfrank­ reich, wo ich 2500 Kilometer zu­ rücklegte. Ich habe das Gefühl, al­ les getan zu haben, um gut vorbe­ reitet zu diesem Weltrekordversuch anzutreten. 
Wissen werde ich es aber erst am Sonntag um zwölf! Sie könnten mit Doping nachhel­ fen, denn die Ultra Marathon Cycling Association (UMCA) schreibt keine Kontrollen vor. Ja, und genau das bekämpfe ich, denn als ich erstmals von der Re­ kordmarke von Michael Secrest ge­ lesen 
habe, kam bei mir sofort der Gedanke ans Doping auf. denn wie gesagt, dass ist eine grossartige Zahl. Für mich war deshalb von Beginn weg klar, dass bei meinem Versuch die Kontrolle nicht fehlen wird und ich diese selber bezahlen werde. Das bin ich mir selbst schul­ dig und ich hoffe, dass die UMCA die Kontrollen bald in ihr Regel-, werk aufnehmen wird. Sie gelten als einer, der sich mi­ nutiös auf einen Anlass vorberei­ ten kann. Bisher ist es mir dieses Kunst­ stück jedes Mal mehr oder weniger gelungen, das stimmt. Dafür braucht es aber auch Glück und ein Mehrtagesrennen ist natürlich etwas ganz anderes als ein 24-Stunden- Weltrekordversuch. Doch genau dieses Neue und Unbekannte sind es, die mich reizen und motivieren. Stichwort Motivation: neben der Physis muss ja auch die Psyche stimmen. Ja, das Mentale ist natürlich die andere Seite dieses Unternehmens. Ich bin mir bewusst, dass ich am Wochenende irgendwann einmal an meine 
eigenen Grenzen stossen werde. Natürlich hoffe ich, dass dies erst nach 18, 19 Stunden sein wird und nicht bereits nach 6 oder 7. 
Pla­Extremsportler 
Andrea Clavadetscher hat zwei 24-Stunden-Weltrekorde Innerhalb von nur fünf Tagen geplant: «Ich bin mir bewusst, dass ich irgendwann einmal an meine eigenen Grenzen stossen werde.» nen lässt sich dies aber nicht und deshalb muss ich mental bereit sein, körperliche Krisen und Schmerzen auszuhalten und zu überwinden. Ist das der Preis für den Erfolg? (Überlegt). Ich werde immer wieder nach der Definition für den Extremsportler gefragt. Und immer wieder 
betone ich. dass jemand, der 25 Kilogramm Übergewicht hat oder seit Jahren keinen Sport mehr betrieben hat und heute am Stamm­ tisch entscheidet, in zwei Monaten den Boston Marathon zu laufen, auch ein E.xtremsportler ist und ge­ nauso an seine körperlichen und mentalen Grenzen stossen wird, wie ein durchtrainierter Athlet, der auf Grund der grossen Disianz bei­ spielsweise eines Race Across America oder des XXAlps als Ex­ tremsportler bezeichnet wird. Wenn ich etwas anpacke, mache ich es entweder mit ganzem Herzen oder gar nicht Sie haben das Race Across Ame­ rica gewonnen und den XXAlps 2003 auf Platz 2 beendet. Ist An­ drea Clavadetscher langweilig geworden? (Lacht). Langweilig nicht, nein, aber ich bin einerseits ein Mensch, der immer wieder neue Herausfor­ derungen sucht und sich diesen stellt, denn wenn ich etwas anpacke, dann mache ich es entweder mit ganzem Herzen oder gar nicht. Nun gibt es für einen Ausdauerathleten, wie ich es bin, nicht unzählige An­ lässe, wo ich mich präsentieren kann und die Idee des 24-Stunden- Weltrekordes geisterte schon länger in meinem Kopf herum. Weshalb haben Sie gleich zwei Versuche in so kurzer Zeit ange­ kündigt? Das ist eine gute Frage. Ursprüng­ lich wollte ich eigentlich einfach den Versuch auf der Bahn in Oerii­ kon vornehmen und zwar am 1. Au­ gust, damit ich eventuell der Schweiz ein Nationalfeiertagsge­ schenk machen könnte... (lacht). Dann kam plötzlich das Schweizer Fernsehen auf mich zu und fragte, ob ich bei einem möglichen Ab­ bruch oder Misslingen dieses Unter­ nehmens noch einen Ausweichter- min hätte. Und da die Organisatoren des 24-Stunden-Strassenrennens von Schötz schon lange an meinem 
Start interessiert waren, entstand die Idee, fünf Tage später auch den Strassenweltrekord anzugreifen. Ist Andrea Clavadetscher re­ kordhungrig? Als rekordhungrig würde ich mich nicht beschreiben. In diesem Falle aber würde ich von einem be­ sonderen Reiz sprechen, denn'für. dieses Abenteuer habe ich einer­ seits das Training umgestellt und andererseits wird die Frage, ob ein solches Unternehmen physisch und psychisch 
überhaupt machbar sein wird, erst am kommenden Samstag beantwortet werden können. Werden Sie anschliessend die Beine hoch lagern und das Rad in eine Ecke stellen? Nein, noch nicht, denn dann folgt noch das XXAlps-Rennen! Das tönt jelzl wohl total unglaublich, aber ich werde zwischen dem ers­ ten und dem zweiten Wellrekord­ versuch im Thermalbad in Scuol nichts anderes tun, als mich ver­ wöhnen lassen und täglich viel­ leicht ein Stündchen auf dem Rad sitzen. Auch nach dem zweiten An­ griff auf den Weltrekord bis zum XXAlps steht lediglich Erholung auf meinem Programm und diese 'Aussichten beflügeln mich. Nicht trainieren zu müssen, sondern auf­ tanken und die Vorfreude auf den Wettkampf geniessen zu können... Der Kampf gegen die Uhr oder gegen den Mann ist Ihnen somit lieber als stundenlanges Training allein? 
Sicher, ja. Ich muss zugeben, im Frühling, als das Wetter so kalt und nass war, da hatte ich zum ersten Mal in meiner Karriere auch Moti- ' vationspröbleme. Ich musstc mich überwinden, trotzdem aufs Rad zu steigen. Das war nicht einfach, denn genau 
zu jener Zeit waren sehr in­ tensive Trainingseinheiten geplant. Kam hinzu, dass ich ein paar Ren­ nen in den Beinen hatte, bei denen ich bei''der'Verpflegung gesündigt hatte und dafür Missen musste. Krämpfe, Muskelverhärtungen und Verspannungen waren das Resultat. Gab es (iedanken an einen Rück­ tritt? Sicher gab es diese in jener Zeit, schliesslich hin ich im Training manchmal fünf, sechs, manchmal auch acht, neun .Stunden allein mit mir auf dem Rad unterwegs. Da geht dir vieles durch den Kopf. Da machst du dir über allerlei Gedan­ ken. Auch über einen Rücktritt. Macht dieser Gedanke Angst? Nein, Angst macht er nicht, denn ich weiss, dass ich spüren werde, wenn die Zeit zum Aufhören da ist. Ausserdem habe ich einige Projek­ te im Hinterkopf, die ich dann in Angriff nehmen werde und für die mir im Moment einfach noch zu wenig Zeit bleiben. Noch wäre es aber zu früh, darüber zu reden und zudem kann es auch sein, dass ich noch ein Jahr oder zwei anhängen werde. Das entscheide ich im Herbst. Und vielleicht fällt der Ent­ scheid als 24-Siunden-Weltrekord- halter einfacher... (lacht). Andrea Clavadetscher Andrea Clavadetscher, Gewinner des Race Across America 2001, gehört zu den erfolgreichsten Ex­ tremsportlern Europas. 1960 in Schiers GR geboren, begann er 1984 seine Radsportkarriere als Amateur. In seiner zwölfjährigen Karriere wurde er sieben. Mal Liechtensteiner und zwei Mal Schweizer Strassenmeister., Andrea ClutadcLschcr. Persönliche Werte Grösse: 178 cm 
Gewicht: 75 kg Ruhepuls: 32 
Maximalpuls: 178 Facts zur UMCA Die UMCA wurde 1980 gegrün­ det und ist seither das weltweit leitende Organ für Langdistanz- Radrennen. Das Regelwerk der UMCA ist weltweit anerkannt 
und Grundlage für alle Langdis­ tanz-Rekorde. Aktuelle IMCA-Uckordc Offene Botin Michael Secrcst Strosse Darrel Bowlcs Angestrebte Rekorde 
857,362 km l<W6 756,714 km l')9l OfTene Bahn I. August Strasse 7. August 
860,(KM) km in Oeriikon 816,000 km Kumikiiis in Schill/ Zuschauer willkommen Zuschauer sind heute Samstag ab 12 Uhr herzlich willkommen. In­ formationen sind auf   www.clavi.li   zu finden und Andrea Clavadet­ scher ist während des Weltrekord­ versuchs unter der Nummer +423/792 87 01 erreichbar. SF DRS wird die Weltrekordversuche begleiten und auf Radio DRS 3 sind Einschaltungen geplant.
	        

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