Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

SAMSTAG, 19. JUNI 2004 VOLKS I BLATT I 
INLAND PRAVENTIONSARBEIT OHNE RAUCH? ICH AUCH! 
10 MICHAEL BENVEINIUTI Schweiss treibender Albtraum 20 Tbge ist es mitt­ lerweile Her, seit ich letztmals an ei­ nen) Glimmstän- gel zog. Mir .geht es schon bedeu­ tend weniger schlecht als noch zu Beginn der Ent­ wöhnungskur. Zu behaupten, mir 
r$ tu ginge es gut, wäre allerdings schamlos über­ trieben. Nervosität, Ruhelosigkeit und leich­ te Reizbarkeit habe ich zwar hinter mir ge­ lassen, nun hat sich der kleine Nikotin-Teu- fel, der sich irgendwo in meinem Körper eingenistet hat, aber eine neue Gemeinheit einfallen lassen, mich zu sekkieren. Gestern morgen bin ich schweißgebadet aufge­ wacht. Ich hatte geraucht, zwei Zigaretten, sie hatten mir geschmeckt, vorzüglich. Mein ' Gewissen wird immer schlechter, ich rieche an meinen Fingern - nichts, ich schlucke durch - keinen Geschmack von kaltem Rauch in meinem Mund. Erst langsam reali­ sierte ich, dass ich alles nur geträumt habe,, schüttelte die Schuldgefühle ab, meine Lau­ ne besserte sich. ; Eine grosse Hilfe, aus den Fängen der Ta­ bakindustrie zu entkommen, ist mir meine Frau. 
Aus Solidarität verzichtet auch sie seit geraumer Zeit auf ihr Suchtmittel— SUss- stofif. Was immer sie ass oder trank; diese unnatürlich schmeckende, pickend süsse Flüssigkeit war immer mit von der Partie. Nun nicht mehr. «Weil ich gelesen habe, dass SüssstofF Krebs erregende Substanzen enthalten soll - wie Zigaretten auch», lautet ihre plausible Erklärung. Ich konnte Süss- stoffen zwar noch nie etwas abgewinnen, ei­ ne Äusserung meiner Frau- liess in mir je­ doch den Gedanken reifen, in Zukunft Süss- stoffe zu verwenden, um sodann wieder dar- • auf zu verzichten. Was meine Frau, zu mir gesagt hat, fragen Sie sich? «Ohne Süssstoff schmeckt mein'Kaffee nach Zigaretten.» MARTINA BADERTSCHER Die kriegen mich nicht! Wpw, drei Wo­ chen habe ich jetzt ohne Zigaret­ ten hinter mich gebracht. Drei Wochen - ich bin ganz schön stolz auf mich. So stolz, dass ich mir doch schon fast eine Belohnungs­ zigarette gönnen könnte... Nein, im Ernst, ich hatte in der letzten Woche eigentlich schon gar keine Lust mehr zum Rauchen, vor allem dann nicht, wenn das Wetter schön und sommerlich warm war. Ausserdem fühle ich mich ohne Zigaretten nun eigentlich ganz gut. Einen schweren Stand habe ich als Nicht­ raucherin nach wie vor im Ausgang. In mei­ nen Gehirnwindungen gehört zu einem Gläs­ lein Wein noch immer der Geschmack einer Zigarette. Wenn der Kellner oder die Kellne­ rin das Glas auf den Tisch stellt, folgen für mein Hirn quälende drei bis vier Minuten, meine Nügel bohren sich in die Tischplatte und meine Gedanken kreisen nur noch um ei­ nes: das Zigarettenpäckchen, das vor meinem Nachbarn auf dem Tisch liegt. Ich rette mich meistens mit dem Gedanken: «Die kriegen mich nicht» oder ich denke an meine bevor­ stehenden Ferien!in Ägypten. Schliesslich will ich da ja nicht qualmend am Strand lie­ gen und mich innerlich.teeren und äusserlich braten. Gut, dass meine Kollegin,' mit der ich in die Ferien fliege, auch mit dem Rauchen aufgehört hat. So können wir uns wenigstens gegenseitig motivieren. Bisher konnte ich wie gesagt allen Versu­ chungen widerstehen und es hat sich gelohnt. Deshalb hoffe ich, dass ich auch in Zukunft bei Lustattacken meine Hirnwindungen über­ tölpeln und mich auf etwas Positiveres kon­ zentrieren kann. 
Vom Mutbeweis zur Sucht Interview mit dem Jugendschutzbeauftragten des Landes zum Thema Rauchen SCHAAN - Vor drei Jahren hat es Thomas List geschafft: Er hat das Rauchen aufgegeben. Nun ist er beim Amt lür Soziale Dienste für den Jugendschutz und somit auch für die Drogen­ prävention zuständig. Ein inter­ view mit dem Don Quichotte im Kampf gegen die Zigarettenau­ tomaten. »Paris Meie r Volksblatt: Die meisten Raucher fangen schon im Jugendalter mit dem Qualmen 
an. Wie ist der ak­ tuelle Rauchpcgel auf Liechten­ steins Schulhöfen? Thomas List: Seriöse Daten über den Tabakkonsum von Kin­ dern und Jugendlichen in Liechten­ stein können wir derzeit nur aus der liechtensteinischen Jugendstudie entnehmen. Diese wurde 1999 vom Amt für Soziale Dienste herausge­ geben und fokussiert die Alters­ gruppe der 12- bis 20-Jährigen. Der Untersuchung zufolge rauchten immerhin schon 5 Prozent der 12- bis 15-Jährigen täglich. Bei den 16- bis. 18-Jährigen waren es 20 Pro­ zent, bei den 18- bis 20-Jährigen bereits 25 Prozent. Ein signifikan­ ter Unterschied zwischen den Ge­ schlechtern geht aus den Daten nicht hervor. Gesamthaft waren rund 15 Prozent der befragten Ju­ gendlichen als Gelegenheitsrau­ cher- oder -raucherinncn einzustu­ fen. Neue Studien im angrenzenden Ausland, lassen aber eine Ver­ schlechterung befürchten. Es wäre eine Überlegung wert, einige Daten der Jugendstudie neu zu erheben, insbesondere was den Konsum von Tabak, Alkohol und sonstigen Dro­ gen angeht. Sic sagten, dass 15 Prozent der befragten Jugcndlichcn als Gele­ genheitsraucher einzustufen sind, was verstehen Sie darun­ ter? Wann gelten diese als süch­ tig? Die Unterscheidung zwischen dem täglichen und dem gelegent­ lichen Tabakkönsum halte ich für wichtig: Gelegentliches Rauchen sollte - sofern es bei den besonde­ ren Gelegenheiten bleibt - nieman­ den beunruhigen, wohingegen der tägliche Griff zu Zigaretten bereits mit Suchtverhalten assoziiert wer­ den muss. Bei mir war es irgend­ wann so, dass nicht mehr der Ge- nuss besonderer Gelegenheiten, 
«Ein Problem sind die Zigarettenautomaten. Diese werden kaum über­ wacht», bemängelt Thomas List, Verantwortlicher für den Jugendschutz. sondern die besondere Suche nach Gelegenheiten im Vordergrund stand. Statt Suche könnte man dann auch Sucht sagen. Das läuft vom Prinzip her beim Tabak genau so ab wie beim Alkohol und anderen Drogen, die im besten Falle Ge­ nussmittel und im schlimmsten Fal­ le eben Suchtmittel sind. Nicht zu vergessen ist die Tatsache der kör­ perlichen Abhängigkeit. Kindern und Jugendlichen fällt es besonders schwer, die Auswirkungen des Rauchens abzuschätzen und den Konsum zu steuern. Dementspre­ chend grösser ist das Risikopoten- zial. Die erste Zigarette schmeckt praktisch niemandem, wie kommt es, dass trotzdem so viele Jugendliebe 
dem Glimmstiingcl verfallen? Für die erste Zigarette tippe ich vor allem auf zwei Motive: zum ei­ nen die natürliche Neugier, etwas Neues auszuprobieren. Zum ande­ ren ist es der Mutbeweis - entwe­ der sich selbst gegenüber, oder als eine Art Initiationsritual für das Da­ zugehören zu einer Gruppe: zur Clique, zu den «Grossen», zu de­ nen die gerne Verbote brechen, und so weiter.' Dazu kommt - so möchte ich je­ denfalls unterstellen - dass Kinder und Jugendliche für die Suggestio­ nen des Marktes und die Methoden 
der Werbeindustrie in besonderer Weise empfänglich sind. Im Zuge der Jugendstudic wurden als die drei häufigsten Motive für das Rauchen genannt: «Die Lust, die Entspannung, der Geschmack.» Immerhin geben 48 Prozent der Be­ troffenen zu, sich das Rauchen nicht abgewöhnen zu können. Wie sollen denn Eltern reagieren, die in der Schultasche ihrer Schützlinge statt dem Etui plötz­ lich ein Päckchen Zigaretten ent­ decken? Eltern sollten nicht gleich in Pa­ nik verfallen. Viel besser ist es, mit dem eigenen Kind altersentspre- .chend über diese Tatsache und das Drumherum zu reden und auf jeden Fall eine gemeinsame Vereinba­ rung daraus abzuleiten. Die Präven­ tion soll dabei im Zentrum stehen. Der Begriff meint nichts anderes als vorbeugen, verhindern - even­ tuell auch: den Schaden gering hal­ ten. 
Dies mit dein richtigen Mix aus Information, Aufklärung, Dia­ log, Kontrolle und - wenn's sein muss - natürlich auch Sanktion. Prävention ist eine Herausforde­ rung für alle, schliesslich auch für den Staat - oder die Politik, wenn Sie so wollen. , Sic haben die Politik angespro­ chen, inwiefern bietet das Gesetz hier Hand? MARTIN RISCH «Rantamplan liegt -immer noch im Soli» Was sind die Auswirkungen eines totalen Nikotinentzuges, fragen Sie sich viel­ leicht? Mama- mia, die sind wirklich umwer­ fend, kann ich Ih­ nen sagen. Den Spruch «Ich fühl mich wie neu ge­ boren» würde ich in diesem Fall nicht anwenden, der untertreibt. Ich fühl mich total an­ ders! Was mein Umfeld denkt, ist mir «hundeworscht». Wie schon im letzten Gebrauchstext vom letz­ ten Samstag geschrieben, beginnt sich vor allem mein Umfeld zu verändern. Oder bin ich es? Wohl eine Frage der Optik und ich gebe es zu, ich 
habe 8 Dioptrien. Nun, «fahrig» umschrieben mich meine Arbeitskollegen letzte Woche, die­ se 
Woche tauften sie mich auf den 
hundslausigen Namen Rantam­ plan. Sie wissen schon, der Hund von Lucky Luke, dem es am wohl- sten ist, wenn er einfach irgendwo herumliegen kann. Ab und an die Ohren spitzt und von fetten Schweinshaxen träumt. Der einen Gang hat, als müsste er jeden Mo­ ment pinkeln und deshalb die Bei­ ne immer einzuknicken drohen. Ok, ich hab mich wohl verändert, doch nicht so zum Schlechten. Ob­wohl, 
ich rede mehr und halt auch etwas lauter, was nicht immer ideal ist. Wenn etwa mein Pultnachbar telefoniert, kann ich schon störend sein. Soll ich mich deswegen unter den Schreibtisch legen wie Ran­ tamplan? Sicher nicht, denn Hunde die bellen, rauchen nicht! Ironisch anzumerken ist: Man nennt mich jetzt nach einem Hund, dessen Besitzer in den älteren Heft­ chen im Stile eines Marlboro Man 
Gesetze sind natürlich auch so et­ was wie Vereinbarungen - im ge­ sellschaftlichen Konsens. Für den Jugendschutz sind es zum Beispiel die Schutzalterbestimmungen im Jugendgesetz. Darin ist festgelegt, ab welchem Alter der Konsum und •die Abgabe von Zigaretten, aber auch Alkohol oder bestimmten Medienprodukten erlaubt ist. Dies muss von den Jugendlichen als Konsumenten genau so eingehalten werden, wie von den Erwachsenen: Wirte, Verkäufer, Aufsichtsperso­ nen, Eltern. Die Einhaltung wird überwacht und Verstösse müssen geahndet werden; sonst haben ja Regeln kei­ nen Sinn - und wenn sie noch so gut gemeint sind. Die Ahndung von Jugcndgesetzübertretungcn ist derzeit mit grossem administrati­ ven Aufwand verbunden. Ich bin fast sicher, dass wir im Zuge der anstehenden Revision des Jugend­ gesetzes bestimmte Abläufe ver­ einfachen können. Minderjährige, die beim Rauchen ertappt werden, sollten nicht gleich angezeigt wer­ den, dafür aber unbürokratisch und vor allein rasch eine möglichst pä­ dagogisch angelegte Reaktion er­ halten. Das kann ein Schreiben sein, eine Einladung zu einem Be- ratungsgespräch im Amt für Sozia­ le Dienste, bis hin zur Vereinba­ rung von gemeinnützigen Leistun­ gen, jeweils natürlich Einbezug der Eltern. So könnte besser diH'eren-, ziert werden, je nach Alter, Schwe­ regrad und individueller Umstän­ de. Wir sind bereits auf einem gu­ ten Weg in diese Rich|ung. Klar ist aber, dass die verantwortlichen Er-, wachsen - 
in puncto Rauchen vor allem Wirte und Verkäufer und Aufsichtspersonen - weniger «pä­ dagogisch» in die Pflicht genom­ men werden müssen. Wie kommt es denn, dass es Ju­ gendlichen trotzdem so leicht ge­ lingt, Zigaretten zu erwerben? Eine konkretes Problem ist da natürlich der freie Zugang für Kin­ der 
und Jugendliche zu Automaten. In diesem Schlupfloch finden auch sehr viele Übertretungen stall. Man muss 
aber in einer Konsumgesell­ schaft zur Kenntnis nehmen, dass sich letztlich jeder irgendwie Zu­ tritt zu einem bestehenden Markt verschaffen kann. Die immerwäh­ rende Herausforderung für den Ju­ gendschutz besteht daher darin, Einsicht zu generieren. nur mit einem Glimmstengel im Mundwinkel durch die brennende Prärie reitet. Der Vorname dieses Reiters klingt wiederum an eine bekannte Zigarettenmarke an, die mit Strike endet. Sie merken, mei­ ne Gedanken kreisen immer noch irgendwie ums Rauchen. Ich kann Ihnen jedoch bestätigen, dass es positve Rauchzeichen sind. Darauf verwette ich meinen von Geheim­ ratsecken zerfressenen Skalp. ANZEIGE NetzWerk Verein für Gesundheitsförderung Telefon +423 399 20 82 www.netzwerk.li Rauchen macht 6FW8ChSGn! Stimmt: Haut, Hirngefässe und Schlagadern altern schneller. ' 
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