Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

SAMSTAG, 12. JUNI 2004 VOLKSI 
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9 WAS JETZT BLÜHT KOPF DER WOCHE Zottiger Klappertopf BALZERS - Am Rheindamm und in trock­ enen Wiesen können wir jetzt den Zottigen Klappertopf nicht übersehen. Seine gelben Blüten sorgen zusammen mit den Blüten des Wiesensalbei (blau), der SkabiosenTFlo- ckenblumen (violett) und der Margeriten (weiss) für die wunderschöne Farbenpracht der Heuwiesen. Der Zottige Klappertopf (Rhinanthus alectorolophus) gehört zur grossen Pflan­ zenfamilie der Braunwurzgewächse (Scro- phulariaceae). Die 15 bis 50 cm hohe wärmeliebende Pflanze ist von der Talsohle bis auf die Alp­ weiden sehr verbreitet. Der Klappertopf ge­ hört zur mittleren Krautschicht von Mager­ wiesen und Halbtrockenrasen und wächst auch an Wegrändern und Getreideäckern, vorwiegend auf lockeren, nährstoffreichen, etwas kalkhaltigen, lehmigen Böden. Die vierkantigen Stängel sind dicht und kurz behaart, die Blätter larizettlich, regel­ mässig gezähnt und sitzend. Die einzelnen Blüten in den Achseln der oberen Stängelblätter bilden ährenförmige Trauben. Die Kelche sind verwachsen, zot­ tig behaart (Name) und bauchig, zur Frucht­ zeit vergrössert. Die Krone der Blütenblätter ist gelb, 18 bis 22 mm lang, zweilippig mit aufwärts gebogener Röhre. Die Oberlippe ist helmförtnig, seitlich abgeflacht und hat vorne einen bis über 2 mm langen blaüvio- letten Zahn. Die Unterlippe ist etwas kürzer als die Oberlippe. Die Früchte sind zweiklappige, linsenför­ mige, blasige Kapseln. Der Name Klapper­ topf bezieht sich auf die reifen Früchte mit den dürren Kapseln, in denen die Samen im Wind klappern. Der Klappertopf ist ein ,Halbschmarotzer. Kleine 
Saugfortsätze dringen im Boden zu den Wasserleitungsbahnen der Wirtswurzeln von verschiedenen Blütenpflanzen vor. Die Pflanzen enthalten den Wirkstoff Au- eubin und sind schwach giftig. Früher kam es gelegentlich zu Vergiftungen, wenn das Brotgetreide mit Klappertopfsamen verun­ reinigt war. , Josef Biedermann Diese Volksblatt-Rubrik wird von Josef Biedermann im Namen der Botanisch-Zoo- logischen GeSeilschaft Liechtenstein-Sar- gans-Werdenberg (BZG) betreut. Kontakt: josef.biedermann @LG-vaduz.li VORTRÄG «Lebenswege: Ehemalige erzählen» VADUZ - Im Rahmen der Veranstaltungs­ reihe des Liechtensteinischen Gymnasiums «Wir laden ein ...» findet am Dienstag, 15. Juni von 13.30 bis 15 Uhr in der Aula des LG Vaduz ein Vortrag von Jerry Hanauer mit dem Titel «Lebenswege: Ehemalige erzäh­ len» statt. Herr Hanauer, Schüler der ersten Stunde am Collegium Marianuni (1937 - 1940), wohnhaft in Seattle, wird den Zuhö­ rern Einblick in seinen Lebensweg geben. Die Familie Hanauer besass vormals die «Dorbena-Bettwarenfabrik», gelegen im Mühleholz in Vaduz. (PD) 
«Es ist das, was es ist» Marc Stoffel über die Wildnis Lapplands und die Cafeteria der Fachhochschule VADUZ - Rudererfolge waren das Ziel gewesen. Dann melde­ te sich Marc Stoffels Rücken. Eigene Computerprogramme folgten, bevor er auf Tourenski und mit Schlitten 330 Kilometer durch Lappland zog. Und sich anschliessend für die Fach- hochschule Liechtenstein ent­ schied, weil die schönste Cafe­ teria in Vaduz ist. Ein Start. • Cornelia Hofe r  • Was haben Sie in der Wildnis Lapplands gefunden, Marc Stof­ fel? «Alles und vielleicht auch nichts. Drei Wochen lang war das Leben so einlach: jeden Morgen aufste­ hen, viel essen, das Zell abbauen, stundenlang laufen, Zelt aufbauen, viel essen, schlafen. Tausend Fra­ gen gingen mir durch den Kopf, tausend Antworten hab ich mir ge­ geben. Und am Schluss ist es ein­ fach das, was es war. Nicht mehr. Und auch nicht weniger.» Ein Mittwoch im Februar war es gewesen, als Marc Stoffel die Vor-' lesungen an der Fachhochschule in Vaduz besuchte. Von dort gings di­ rekt nach Kloten, wo er einen Freund und ehemaligen Rudcrkol- legen traf. Vier Stunden dauerte die Reise. Und dann ging es los, das Abenteuer. Von Kvikkjokk nach Abisko, durch den Sarek-National- park im schwedischen Lappland. 330 Kilometer in 21 Tagen. Einem dreitägigen Schneesturm galt es zu trotzen und überwältigend war die Aussicht vom Kebnekaise, dem höchsten Punkt der Reise. Die Kri­ sen waren nicht zwischenmensch­ licher Art, dafür kennen sich die beiden Freunde zu lang. Und zu gut. Körperliche Strapazen aber waren es, die das endlose Gehen er­ schwerten. Und Marc Stoffel und Auf dem Wasser, im Büro, auf der Schulbank, in der Wildnis - über­ all ist er zu Hause: Marc Stoffel. Thomas Trawnika trotzdem durch die menschenlose, überwältigende Wildnis gehen Hessen. Ist das Gehen der Ruderersatz? «In einem gewissen Sinne sicher, ja. Als ich mich entschieden hatte, aufzuhören, sass ich über ein Jahr lang nicht mehr in einem Boot. Das Aufhören war hart. Das Loch gross und schwarz, in das ich fiel, denn jahrelang war das Rudern etwas ge­ wesen, dem ich alles untergeordnet hatte und worauf mein Dasein fo- . kussiert gewesen war.» Und plötzlich war es weg. 
Marc Stoffel: «Drei Wochen lang war das Leben in der Wildnis von Lapp­ land so einfach: jeden Morgen aufstehen, viel essen, das Zelt ab­ bauen, laufen, das Zelt aufbauen, viel essen, schlafen.» «Ja, plötzlich halte ich das nicht mehr, das für viele unbeschreibli­ che Gefühle und Emotionen verant­ wortlich gewesen war. Ich musste mich neu orientieren. Eihen ande­ ren Weg suchen.» Mehr als ein Jahr lang hatte er schon daran gelitten, an diesen Rückenschmerzen, die kein Arzt, kein Physiotherapeut und auch kein Masseur erklären konnte. Von St. Gallen nach Basel ging die Arztrei­ se. Und von Bern nach Zürich. Alle wussten sie zu gut, was der junge Athlet im Training alles falsch ge­ macht hatte. Eine Trainingspause rieten ihm die einen Götter in Weiss, während die anderen von ei­ nem Alternativtrainingsprogramm sprachen. Geholfen hat weder das eine, noch das andere. Was blieb, waren die Schmerzen. Und die Fra­ ge: Junioren-Weltmeisterschaften oder nicht? I Haben Sie Angst vor Spritzen? «Angst nicht, nein, aber es ist si­ cherlich nichts Angenehmes. Für mich war es die schwierigste Ent­ scheidung bisher: sollte ich auf die Junioren-WM verzichten oder dank einer schmerzstillenden Spritze an den Start gehen? Ich entschied mich dafür.» Das Ringen um den Entscheid war ein langwieriger Prozess gewe­ sen. Zwei Seelen wollten erhört werden. Die eine, die des jungen, hoffnungsvollen Rudertalentes aus Horn, die sich beweisen wollte. Von WM-Medaillen träumte und Olympische Spiele als Fernziel hat­ te. Und dann die andere. Die eines jungen Menschen, der plötzlich der 
eigenen Verletzbarkeit gegenüber­ stand. Und langsam und in ver­ schwommenen Bilde ahnte, was gesund sein bedeutete. Was ist das Leben, Marc Stoffel? «Diese Frage habe ich mir schon oft gestellt. Speziell natürlich nach meinem Rücktritt nach der Junio­ ren-WM. Vor allem deshalb, weil ich in dieser Zeit immer wieder spürte, dass ich als Sportler für das Umfeld nur wichtig war, so lange ich Leistung erbringen konnte. Und das tat weh.» Die Schulterklopfer und Immer- schon-gewusst-habenden waren mit einem Mal verschwunden. Für die Ärzte war er ein Rätsel und sein Trainer konnte ihm die Entschei­ dung nicht abnehmen. Zurück blieb seine Familie, ein paar gute Freun­ de und seine Fähigkeit, Computer­ programme zu schreiben. Was ist schwieriger, schnell zu rudern oder gut zu programmie­ ren? «Für mich war am Anfang beides schwierig und dann wurde beides immer einfacher. Das Programmie­ ren war nach meinem Rücktritt mein Ersatz. Ein ganzes Jahr lang arbeitete ich durch. Ohne Ferien und oft auch an den Wochenenden. Es war eine andere Art des Wett­ kampfs, die es mir ermöglichte, mich zu messen. Und mich zu be­ weisen.» Er entwickelte das Programm CDS Output Management, das der automatischen Erfassung und Ana­ lyse sämtlicher Druckkosten eines Unternehmens dient. Der Erfolg 
stellte sich auch hier ein. Vorerst. Und auch die Rückenschmerzen waren verschwunden. Däss er oft müde, schlecht gelaunt und gereizt war, fiel ihm erst später auf. Hat die Cafeteria der Fachhoch­ schule Vaduz die schönste Aus­ sicht? «Ja, das würde ich sofort unter­ schreiben. Irgendwie tönt es wahr­ scheinlich idiotisch und vielleicht ist es das auch, aber sie war mitent­ scheidend, weshalb ich mich für ein Wirtschaftsinformatik-Studium in Vaduz entschloss.» Das Arbeitsjahr hatte Spuren hinterlassen. Der Körper verlangte nach Korrekturen. Nicht zusätz­ licher Stress war die Lösung, aber ein Ausgleich zum Arbeitsalltag. Oder vielleicht auch einfach diese grenzenlose Neugierde eines jun­ gen Menschen. Und das nicht ver- schwindenwollende Gefühl, durch Nichts- oder Nichttun, etwas zu verpassen. Drei, zwei, eins: Start. «Der Kick-off-evcnt zum Start- Projekt am Dienstagabend war ein cooler Moment. Ich war zwar, un­ heimlich nervös, aber dann war es irgendwie doch ein gutes Gefühl, meine eigene Rede halten zu kön­ nen. Unser Ziel ist es, den Unter­ nehmergeist in Studenten zu we­ cken und Jungunternehmer, die ei­ ne Firma gründen wollen, in orga­ nisatorischen und rechtlichen Fra­ gen zu unterstützen.» «Start» ist eine europäische stu­ dentische Organisation, die sich der Förderung des Unternehmertums verschrieben hat. Die mehr als 80 Mitglieder umfassende Gruppe ist seit 1996-aktiv, unter anderem in St. Gallen, Zürich und München. Start Liechtenstein wurde im April dieses Jahres von den drei Fach- hochschul-Studenten initiiert. Zum operativen Team gehören neun wei­ tere Studenten aus den Bereichen Wirtschaftswissenschaften und Ar­ chitektur. Einer davon ist Marc Stoffel. Macht Geld glücklich? «Mehr und mehr spüre ich, dass es für mich selber nicht das Geld ist, das mich im Job motiviert. Ich will etwas tun, das mir gefällt. Freude macht. Mich herausfordert. Ja, ich kann mir gut vorstellen, eine eigene Firma zu gründen. Nicht, weil ich an das grosse Geld glaube. Aber weil ich es liebe, kreativ zu sein. Ideen zu entwickeln und diese auch umzusetzen. Das macht mich glücklich.» Dieses kreative Glück ist es manchmal aber auch, worüber Marc Stoffel stolpert. Neinsagen, fällt ihm schwer. Ausser dieses ei­ ne 
Mal, als Trainer des Ruder- nachw.uchses seines Klubs. Spass hat sie ihm gemacht, die Arbeit mit jungen Athleten, die er mit sei­ ner Begeisterung ansteckte. «Gebt alles und habt Spass», sagte er sei­ nen Sportlern. Er gab alles und hatte Spass, aber dieses «alles» war für ihn zu wenig. Job und Stu­ dium waren auch noch. Und das sind die Momente, in denen er sei­ ne Vielseitigkeit verwünscht. Lie­ ber die Einbahnstrasse nehmen möchte. Und in einer Sackgasse enden, denn dann wäre das Leben einfacher. 
Und jede Antwort rieh- tig. Und vielleicht ist es am Schluss auch einfach das, was es ist. Nicht mehr. Und nicht weniger. / > V 
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