Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

DONNERSTAG, 15. JANUAR 2004 VOLKS I BLATT I 
IM GESPRACH MIT JACQUELINE VOGT BARRICHELLO BLEIBT BEI FERRARI 
21 SPORT IN KÜRZE Barrichello bis 2006 bei Ferrari FORMEL I - Der brasilianische Formel-1- j Pilot Rubens Barrichello verlängerte den. Vertrag mit Ferrari vorzeitig um zwei Sai­ sons bis 2006 und bleibt damit drei weitere Jahre Teamkollege des sechsfachen Welt­ meisters Michael Schumacher. Schumacher und 
die wichtigsten Exponenten von Ferrari wie Teamchef Jean Todt, der technische Di­ rektor Ross Brawn und Chefdesigner Rory Byrne hatten ihre Verträge schon im Juni des vergangenen Jahres bis 2006 verlängert. Wunderkind Wie misst sich mit den US-Tour-Profis GOLF - Erneut fordert eine Profigolferin die männliche Konkurrenz heraus: Das 14- jährige hawaiianische Wunderkind Michelle Wie bestreitet ab Donnerstag das zur US- PGA-Tour zählende, mit 4,8 Millionen Dol­ lar dotierte Hawaiian Open in Honolulu. Michelle Wie versucht es besser zu machen als die Weltranglisten-Erste Annika Sörens- tam (Sil), die letzten Mai im Männerfeld in Förth Worth um vier Schläge den Gut ver- passte. Fünf weitere Festnahmen RAD - Dem Radsport droht eine neue Do­ ping* Affäre grösseren Ausmasses. Gemäss französischen Presseberichten wurden fünf aktuelle oder ehemalige Mitglieder von Co- fidis sowie Familienangehörige der Ver­ dächtigten vorläufig festgenommen. Langlauf-Clubmeisterschaft LANGLAUF - Am Samstag, den 17. Janu­ ar 2004 wird im Steg um 13.30 Uhr zu den Langlauf-Clubmeisterschaften der liechten­ steinischen Skiclubs Balzers, Triesenberg, Vaduz und UWV gestartet. Ebenfalls zum Clubrennen eingeladen sind alle Mädchen und Knaben, welche jeweils am Samstag das Langlauftraining der Skiclubs besuchen. Anmeldungen und Startnummernausgabe sind noch möglich von 12.00 bis 12.45 Uhr im Start-/Zielgelände.. Die Clubs würden sich freuen, möglichst viele Mitglieder an den Meisterschaften begrüssen zu können. Nebst einer Gesamtrangliste erstellt jeder Club seine eigene Clubrangliste. Achtung: Das Kinderlanglauftraining welches sonst jeweils um 10.00 Uhr be­ ginnt, wird aufgrund des Clubrennens auf 11.30 Uhr verschoben, um dazwischen eine lange Wartezeit zu vermeiden. Markus Fuchs bleibt voran REITEN - Obwohl Markus Fuchs infolge seiner starken Bauchmuskel- und Addukto- renzerrung im Dezember keinen einzigen Punkt 
sammelte, verteidigte der St' Galler seine Spitzenposition in der Weltrangliste der Springreiter erfolgreich. Nach 
Schwächeanfall im Spital ALLGEMEIN - Der unter Korruptionsver­ dacht stehende südkoreanische IOC-Vize­ präsident Kim Un-Yong musste nach einem Schwücheanfall ins Spital eingeliefert wer­ den. Der 72-Jährige 
befindet sich immer noch auf der Intensivstation. Andy Ton trainiert Rheintal EISHOCKEY - Der Eishockey-Zweitligist SC Rheintal (6. der 
Gruppe 2) wird per so­ fort vom 41-jährigen Andy Ton gecoacht. Der 92fache Schweizer Internationale aus Uzwil ersetzt den entlassenen Erwin Langer. 
Fehler machen dürfen Jacqueline Vogt über heissen Tee, einen Sack Reis und die Zufriedenheit Jacqueline Vogt: «Ich staune Immer wieder über die Offenheit, Ehrlichkeit und die Unbekümmertheit der Athleten von Special Olymplcs. Sie schämen sich ihrer Gefühle nicht. Sie zeigen ihre Freude genau so, wie sie Tränen nicht verstecken und sie bleiben Immer sich selbst.» BALZERS - «Ich musste 35 Jah­ re alt werden, bis ich sagen konnte: Ich bin mit mir und mei­ nem Tun zufrieden», sagt Jac­ queline Vogt. Was die Balznerin in 
Peru fand und was sie von den Athleten von Special Olym- pics lernt, verriet Jacqueline Vogt im Volksblatt-Gespräch. Cornelia Hüte r Gibt es Momente in der Arbeit mit den Athleten von Special Olympics, in denen Sic an Ihre ei­ gene Karriere zurückdenken? Ja, die gibt es sicherlich. Ich möchte diese Zeit auch überhaupt nicht missen, denn ich habe in jenen Jahren sehr viel gelernt und die Zeit als Skirennläuferin war sicherlich eine Lebensschule für mich. Es hat vor- und nachher nichts gegeben, mit dem ich mich so intensiv be- fasstc, wie mit dem Skirennsport. Ich hoffe, dass die Athleten von Special Olympics heute von diesen Erfah­ rungen profitieren können, denn ich denke, dass ich weiss, wie es ihnen geht, wenn sie mit einer guten Zeit ins Ziel kommen oder wenn es eben nicht nach Wunsch gelaufen ist. Das heisst nicht; dass ich sie vor Enttäu­ schungen schützen kann, denn wenn man traurig ist, hilft es wenig, wenn einem jemand sagt, er hätte das Gleiche auch schon erlebt. Und doch finde ich es ganz wichtig, dass die Athleten wissen, dass Fehler zum Sport gehören, dies nichts Schlimmes oder Falsches ist und sie somit lernen, mit Sieg und Nieder­ lage umzugehen. FEHLER GEHÖREN ZUM SPORT Sie lehren die Athleten, mit Sieg und Niederlage umzugehen. Was lernt Jacqueline Vogt von den Athleten? Sehr viel! Ich staune immer wie­ der über die Offenheit, Ehrlichkeit und die Unbekümmertheit der Ath-, leten von Special Olympics. Sie schämen sich ihrer Gefühle nicht. Sie zeigen ihre Freude genau so, wie sie Tränen nicht verstecken und sie bleiben immer sich selbst. Das tut gut und ist sehr erfrischend,. 
denn dieses Verhalten ist so ganz anders, als wir es uns aus unserer Gesellschaft gewohnt sind. In die­ ser Hinsicht lerne ich sehr viel und bin dafür auch sehr dankbar. Ein­ drücklich ist für mich auch immer wieder, zu sehen, dass sich die Sportler genau gleich hohe Ziele stecken, wie ich das früher gemacht habe. Das Podest ist das Ziel und dafür wird auch hart gearbeitet. Als ich beispielsweise anfangs das Ge­ fühl hatte, dass bei tiefen Tempera­ turen eine Pause mehr nötig wäre, wurde ich sofort eines Besseren be­ lehrt. Lieber noch zwei Trainings- läufc mehr und dafür ein heisser Tee'weniger, war die Antwort. An der Motivation fehlt es den Athle­ ten von Special Olympics nicht. Im Gegenteil. Sie sind sehr daran interessiert, ihre Technik zu verbes­ sern 
und in jedem Training einen Schritt weiter zu kommen. 2 LÄUFE MEHR, EIN TEE WENIGER Woher kommt Ihre Motivation, sich für Special Olympics Liech­ tenstein.einzusetzen? Brigitte Marxer (Nationale Leite­ rin, Anm. der Redaktion) kannte ich von früher und sie fragte mich eines Tages, ob ich das Skitraining übernehmen könnte. Anfangs hatte ich schon einige Bedenken, denn ich komme weder aus einem sozia­ len, noch pädagogischen Beruf und habe keinerlei Ausbildung im Um­ gang mit Menschen mit einer Be­ hinderung. Brigitte versicherte mir aber, dass ich Teil eines Leiter­ teams werden und somit Unterstüt­ zung 
von anderen Trainern haben würde. Dieses Wissen sowie die Freude an der Arbeit mit Menschen und meine Liebe zum Skisport ha­ ben 
bei meiner Entscheidung, mich bei Special Olympics Liechtenstein zu engagieren, viel beigetragen. Irgendwie war es aber auch ganz einfach der richtige Zeitpunkt für mich, denn ich war damals erst kur­ ze Zeit vorher aus Peru zurück ge­ kehrt, wo ich ein Jahr lang gelebt und zu mir selber gefunden hatte. Weshalb sind Sie nach Peru ge­ gangen? 
Das hatte vor allem einen Grund und zwar den, dass ich in einer grossen, privaten Krise steckte. Ge­ nau zu diesem Zeitpunkt lernte 
ich Sr. Rebecca kennen, die in Peru ein Internat für Waisenkinder führt. Ih­ re offene 
und herzliche Persönlich­ keit haben mich von Anfang an' be­ eindruckt und als sie mir anbot, sie in Peru besuchen zu dürfen, nahm ich diese Einladung gerne an. Wir Hessen die Dauer meines Aufent­ haltes für beide Seiten offen und gingen beide keine Verpflichtungen ein. Der Anfang war "sehr schwie­ rig. Ich sprach kein Wort Spanisch, musste alles erfragen und war an­ stelle einer Hilfe vielmehr' eine Bürde für Sr. Rebecca. Wenn sie mich beispielsweise zum Einkau­ fen schickte und ich nicht mit Hän­ den 
und Füssen auf die Lebens­ mittel zeigen konnte, war ich nicht einmal in der Lage, einen Sack Reis nach Hause zu bringen. Erst als ich mit den Kindern auf der Strasse die Sprache lernte, wurde alles einfacher und nach und nach konnte ich im Internat auch meinen Teil zum Alltag beitragen. Durch die mir übertragenen Aufgaben ha­ be ich auch entdeckt, wie viel mir die Arbeit mit Menschen, insbeson­ dere Kinder, bedeutet. NICHT EINMAL EIN SACK REIS Persönliche Krisen sind meist ortsunabhängig und man nimmt sie auch auf Reisen mit. Das stimmt und das war natürlich auch bei mir nicht anders. Meine private Krise war nicht einfach auf­ gelöst, weil ich statt in Liechten­ stein nun in Peru lebte. Ich hatte all das mitgenommen, was mich zu Hause in ein Loch hatte stürzen las­ sen. Der ganz grosse Unterschied aber lag darin, dass aus Sr. Rebecca zwischenzeitlich meine beste Freundin wurde. Und sie war es, die mir immer wieder schonungs­ los aufdeckte, wie ich mich selber belog oder wie ich Dinge nicht wahrhaben wollte. Sie hat nie ein Blatt vor den Mund genommen und , mir auch gesagt, wenn ich sie ent­ täuscht oder wenn ich ihr weh ge­ tan hatte. Immer aber hat sie mir 
auch gesagt, dass sie mich trotzdem liebe und es kein Verbrechen sei, Fehler zu machen. Natürlich kann­ te ich das von zu Hause, von mei­ ner Familie und meinen Freunden, die immer voll hinter mir standen und auch heute hinter mir stehen. Damals aber brauchte ich Abstand. Distanz 
auch. Und die fand ich in Peru. Und es tat gut, zu hören: du darfst Fehler machen. Und ich mag dich trotzdem. UND ICH MAG DICH TROTZDEM Sie haben anfangs gesagt: «Ich finde es ganz wichtig, dass die Athleten wissen, dass Fehler ziim Sport gehören, dies nichts Schlimmes oder Falsches ist und sie somit lernen, mit Sieg und Niederlage umzugehen.» Gilt das für Sie selber also nicht? Früher hat dies mit Sicherheit nicht für mich gegolten. Einerseits tat ich mich sehr, sehr schwer mit Kritik und das war zu Beginn mei­ ner Peruzeit auch nicht viel anders. Sr. Rebecca könnte davon wohl ein Liedchen singen... Andererseits hatte ich mir als Skirennläuferin ganz grosse Ziele gesetzt, das heisst, ich wollte ganz hinauf an die Spitze. Etappenziele gab es für mich aber keine. Zwischenhalte kannte ich nicht. Deshalb war es natürlich jedes Mal eine riesige Enttäuschung, wenn ich meine Re­ sultate begutachtete und schon ziemlich früh sagte ich mir, dass ich es nie ganz nach oben schaffen würde und gab auf. Erst in den letz­ ten Jahren erkannte ich, dass es mir weder im Sport, noch im Beruf oder im Privatleben möglich gewe­ sen war, mit kleinen Schritten zu­ frieden zu sein. Ich musste 35 
Jah- MIT 35 DIE ZUFRIE­ DENHEIT ENTDECKEN re alt werden, bis ich sagen konnte: Ich bin mit mir und meinem 1\in zufrieden, auch wenn es noch Dinge gibt, die ich noch nicht oder vielleicht auch nie realisieren werde. 
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