Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

FREITAG, 26. MÄRZ 2004 VOLKS I BLATT I 
LIECHTENSTEIN MUSEUM FÜRSTLICH 
TE EN DSAIVIMLUNGEN 
9 kommt in Wien zusammen Gesamtkunstwerk aus Architektur, der fürstlichen Galerie, Skulpturen, Möbeln Einen Höhepunkt des Liechtenstein Museums stellt das ab 1704 verwirklichte Deckenfresko des grossen Meisters des römischen Barock, Andrea Pozzo, im Herkulessaal dar. Frische Impulse für die Galerie .Ueschjenstein erfolgten aber erst aus dem Geist einer neuen. Ära mit Fürst Johannes I. von Liechtenstein. Als Kunstliebhaber hatte er es auf die deutsche und holländische Ma 
1 lerei abgesehen. Als Feldmarschall und einer der letzten grossen Rei­ terführer der Militärgeschichte be­ stimmte er in der napoleonischen Zeit die Geschicke Österreichs ak­ tiv mit. Zugleich Hess er im Jahr 1807 den gesamten Kunstbesit.z der. Galerie aus dem Stadtpalast in das Gartenpalais Liechtenstein vor den Toren Wiens bringen. Damit verliessen die Gemälde die fürstliche Lebenssphäre, um für etwa 130 Jahre in einem.Gehäuse Platz zu nehmen, das nur noch der Kunst zu dienen hatte. Der Schritt zum Museum war vollzo­ gen. Aus dem fürstlichen Schmuck einer Residenz hatte sich eine Sammlung von Kunstwerken ent­ wickelt. ; Ohne Moderne Auf die Kunstwissenschaft rich­ tete sein Enkel, Johannes II., die Sammeldirektiven aus, füllte Lü­ cken, holte die italienische Früh­ renaissance nach, verstärkte frühe Deutsche und Niederländer, liess Sekundäres ausscheiden. Konzent­rierten 
sich'die Fürsten von Liech­ tenstein auf die Zeit des 16. bis 19. Jahrhunderts, wurde er aufmerk­ sam auf die Meister der Gotik und Frührenaissance und erweiterte die Sammlung um Gemälde und Skulpturen des 14., 15. und frühen 16. Jahrhunderts. Das Kunstschaf­ fen seiner eigenen Zeit (1840 - 1929) aber stiess bei ihm auf keine Resonanz, womit die Sammlung den Anschluss an die Epoche der Moderne des 19. und 20. Jahrhun­ derts verschlief. Weg aus Nazi-Wien Schmerzliche Verluste erlitt die. Sammlung, als Fürst Franz Josef II. während und nach den politischen und kriegerischen Wirren des Zweiten Weltkriegs wertvolle Ge­ mälde verkaufte - von Frans Hals, Rembrandt oder das Portrait der Ginevra de Benci von Leonar­ do da Vinci, das 1967 für 20 Millionen Franken nach Washington ging und seit dem die gros­ se Attrak­ tion in der National Gallery ist. Ein nicht 
unumstrittener Eingriff auii wirt­ schaftlichen Gründen. , Ii, Eine Familientradition Franz Josef II. war der erste Fürst, der Liechtenstein zu seinem Wohn­ sitz machte. Er holte die Sammlung auf abenteuerlichen Wegen aus dem Nazi-Wien über Zwischendepots in Bergwerken und auf der Bodensee- irisel Mainau nach Vaduz. Seit 1989 Fürst Hans-Adain IJ. regiert, ist der Kunstschatz mit bedeutsamen Neu­ erwerbungen wieder im Wachsen begriffen. So schloss sich 1995 mit der Er- steigerung eines Rembrandt-Gemäl- des bei Sotheby's in London eine 1953 geschlagene Rembrandt-Lü- cke. Rembrandts «Amor» ist einer der schönsten Neuzugänge der 
Fürstlichen Sammlungen seit dem 19. Jahrhundert. Und obwohl Hans- Adam II. viel lieber finanzdenkender Manager-Monarch ist als kunstsinni­ ger Landesvater, pflegt er die Fami­ lientradition der Fürstlichen Samm­ lungen im Auftrag seiner Vorfahren. Barocke Farbenpracht 20 Millionen Euro hat Fürst Hans- Adam II. in das neue Liechtenstein Museum investiert. Die Fresken, Öl­ gemälde und die Stuckausstattung des Gartenpalais Liechtenstein in der Rossau erstrahlen nach ihrer sorgfältigen Reinigung wieder in barocker Farbenpracht, die Fassade wurde in lebendiger historischer Kalktechnik wiederhergestellt. Im Gartenpalais Liechtenstein kommt zusammen, was einst zusammenge­ hörte: Gemälde aus der fürstlichen Galerie, Statuen, Möbel, mit denen einmal Schlösser in Wien und im heutigen Tschechien ausge- stattet waren. „m; Es entstand ein ba­ rockes Gesamt-: kunstwerk, das zugleich mo­ dernes Mu­ seum ist. Private Art Collections, Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien: Alessandro di Mariano Fllipepi, gennant Bottlcelli (1445 - 1510), Madonna mit Kind und zwei Engeln um 1490. 
BIEDERMEIERMALEREI Friedrich von Amerling Bildnis des Bildhauers Bertel Thorvaldsen, 1843. Das Altersbild des dänischen Bildhauers Thorvaldsen (1770 -1844) zeigt den Künstler entspannt mit konzentriertem Ge­ sichtsausdruck' in einem Lehnsessel sit­ zend. Die markanten Falten zwischen den Augen und der schmallippige Mund, der sich kaum ein Lächeln abringen kann, ma­ chen seine wortkarge und zur Melancholie neigende Persönlichkeit präsent. Bildnis der Prinzessin Marie Franziska von Liechtenstein, 1836. Das Porträt zeigt die zweijährige Prinzessin schlafend mit einer Puppe im Arm. In ihrer gelösten, friedlichen Entspanntheit spiegelt sich die Unbeschwertheit ihres kindlichen Wesens. Die fein gemalten Züge mit den roten Backen kontrastieren mit den schwungvoll offenen Pinselstrichen, die die ungeordneten Locken und ihr geknittertes Hcmdchen beschreiben. Amerling wählte einen sehr knappen Bildausschnitt und stei­ gerte durch die Nahsichtigkeit den intimen Charakter des Bildes. Ferdinand Georg Waldmüller Kaiser Franz Josef, 1832. Das Bild zeigt Kaiser Franz Joseph im Alter von zwei Jahren als Grenadier verkleidet. Auf dem Kopf lastet die schwere Bärenfell­ mütze, in der Rechten hält er ein Gewehr und in der Linken die Holzfigur eines unga­ rischen Grenadiers. Eine rot-weiss karierte Fahne, die als Markierungszeichen bei Ma­ növern verwendet wurde, und eine Trommel ergänzen die «militärische Ausstattung». Freundlich lächelnd hantiert das Kind mit den Insignicn späterer Macht. In dem fried­ lichen Ambiente und dem stilllebenhaften Arrangement verliert das kriegerische Spiel­ zeug jeden Bezug zur brutalen RealitÜt.
	        

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