Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2004)

SAMSTAG, 20. MÄRZ 2004 VOLKSI 
IIVII A MD LIECHTENSTEIN BLATT I 
IIMLMIvL/ MUSEUM IN WIEN 
3 «Damit geht auch ein lang gehegter Wunsch meiner Eltern in Erfüllung» S.D. Fürst Hans-Adam II. zur Eröffnung des «Liechtenstein Museum» in Wien und zum Standort Vaduz VADUZ - Anlässlich der Eröffnung des Liechtenstein Museums in Wien werden am nächsten Wo­ chenende 800 Personen aus Liech­ tenstein vor Ort dabei sein. Im Vor­ feld der international bedeutsa­ men Eröffnung hat uns S. D. Lan­ desfürst Hans-Adam II. unter an­ derem gesagt, warum dieses Er­ eignis für ihn mit einem Wermuts- tropfen verbunden ist und was am Standort Vaduz geplant ist. • Martin Frömmel t  . Volksblatt: Durchlaucht, die Fürstin und auch Sie selbst haben sich per­ sönlich mit dem Liechtenstein Mu­ seum direkt in Wien bcfasst. Was be­ deutet die Eröffnung des Museums für die Fürstliche Familie? S. I). Fürst Hans-Adam II.: Die Wiederaufnahme dieser alten Tradi­ tion ist für uns alle in der Familie na­ türlich eine grosse Freude. Der 
Zwei- «Damit geht auch ein lang gehegter Wunsch meiner Eltern in Erfüllung» te Weltkrieg und die Verluste, die das fürstliche Vermögen danach erlitten hat, haben für einen rund 65-jährigen Unterbriich gesorgt. Jetzt können wir uns im Fürstenhaus so ein Museum wieder leisten, und damit geht auch ein lang gehegter Wunsch meiner El­ tern in Erfüllung. Der einzige Wer- mutstroplen ist, dass meine Eltern die Wiedereröffnung des Museums nicht mehr erleben können. Für Wien ist das Museum ein Juwel. Jeder Fürst seit Karl I. hat die Sammlungen auf seine Art geprägt. Wie würden Sie Ihren Beitrag um­ schreiben? Ich habe mich bemüht, jene Löcher wieder zu füllen, die der Zweite Welt­ krieg und die Nachkriegszeit bei den Löcher füllen Sammlungen hinterlassen haben. Da und dort ist es mir sogar gelungen, Stücke zurückzukaufen, die mein Va­ ter verkaufen musste. Sic lehnen die pompöse Zurschau­ stellung der Monarchie ab. Fürsten­ macht nicht zur Schau stellen zu wollen, ist ein sehr unbarocker Zug: Wie verträgt sich diese Haltung mit Ihrer offensichtlichen Vorliebe für die doch sehr repräsentative Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts? Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Meine Vorfahren haben Kunst­ werke gesammelt, weil sie ihnen ge­ fallen haben, und nicht nur solche aus dein 
17. und 18. Jahrhundert. Es ist auch die Architektur eine Kunst, und gerade deshalb ist die Restaurierung eines solchen Palais für mich mit grosser Freude verbunden. Die Ausstellung wird elegant gestal­ tet sein und trotzdem die Fürstliche Pracht zeigen, darunter erstmals auch die Bibliothek Ihrer Vorfah­ ren. Welche Bücher dort fesseln Sie am meisten? Ich hatte nicht die Zeit, mich lange in der Bibliothek aufzuhalten und die einzelnen Bücher zu studieren. Es gibt aber dort prachtvolle Bücher über die Natur, ähnlich dem in Vaduz ausge­stellten 
Codex Liechtenstein, oder auch über Architektur, ein Thema, das meine Vorfahren immer wieder faszi­ niert hat! Das Gartenpalais in der Rossau ist mit seinen. berühmten Decken- fresken und Stuckdekorationen ein Haus wie geschaffen für die Samm­ lungen: Wann und wie haben Sie sich dafür entschieden? Als der österreichische Staat uns da­ hingehend informiert hat, dass er mit den Sammlungen über moderne Kunst aus unserem Palais auszieht, haben wir die verschiedenen 
Verwendungs- «... und dann habe ich mich sehr schnell entschieden» möglichkeiten für das Gartcnpalais der Rossau untersucht, und dann habe ich mich sehr schnell für die Mu­ seumsvariante entschieden. Ks bestand ja einmal die Idee, ein ei­ genes Fürstliches Museum im Schlossfelsen zwischen Engländer- bau und Landcsmuseum zu realisie­ ren: Ist das Thema eines eigenen Museums in Vaduz nun mit der Wien-Lösung für das Fürstenhaus vom Tisch? Nein, aber in den nächsten Jahren müssen wir uns auf das Museum in Wien konzentrieren. Falls dieses 
er- Ein eigenes Museum in Vaduz wäre denkbar folgreich ist, wäre ein eigenes Mu­ seum in Vaduz denkbar. Gibt es weiterhin Ausstellungen im Kunstmuseum Liechtenstein mit Werken aus der Fürstlichen Samm­ lung? Ja, aber die Einzelheiten liegen noch nicht lest. Da gibt es noch Gc- , spräche zwischen dem Direktor unse­ rer Sammlungen, Dr. Kräftner, und den Verantwortlichen des Kunstmu­ seums Liechtenstein. Beschränken sich allfällige Ausstel­ lungen auf das Kunstmuseum, oder wird hier auch das neu gestaltete Landcsmuseum mit einbezogen? Im Landesmuseum sind jetzt schon Stücke aus unseren Sammlungen aus­ gestellt, so auch der berühmte Codex Liechtenstein. Werden die bekanntesten und wert­ vollsten Werke nur in Wien gezeigt, oder sind Sic diesbezüglich für Va­ duz offen? Ich glaube, das hängt sehr davon ab, welches Konzept beim Kunstmuseum Liechtenstein schliesslich zum Tragen kommt. Ist die Fürstliche Sammlung komplett gesichtet und katalogi­ siert? Wenn ja, darf man da Ein­ blick haben? Wie viele Objekte um- fasst die Sammlung? Die Sammlungen umfassen zwi­ schen 20 000 und 30 000 Objekte, die zum grössten Teil katalogisiert sind, aber natürlich ist das ein ständiges Ar­ beiten. Kunstwerke werden anderen Künstlern zugeteilt, bei Restaurierun­ gen gibt es alle möglichen Entdeckun­ gen, so dass man bei so einer umfang­ reichen Sammlung wahrscheinlich nie 
«Der einzige Wermutstropfen ist, dass meine Eltern die Wiedereröffnung des Museums nicht mehr erleben können»: S. D. Landesfürst Hans-Adam IL von einer abgeschlossenen Arbeit sprechen kann. Natürlich kann man immer nur einen kleinen Teil der Sammlungen der Öffentlichkeit zei­ gen, aber das ist auch bei grossen staatlichen Sammlungen der Fall. Es kommt hinzu, dass man gewisse Teile der 
Sammlungen schon aus 
konserva- Die Sammlung umfasst zwischen 20 000 und 30 000 Objekte torischen Gründen in ihrem ganzen Umfang der Öffentlichkeit nicht zu­ gänglich machen kann. Denken Sie da nur an die 
vielen tausend Aquarelle in den Fürstlichen Sammlungen. Was ist Ihr persönliches Lieblings- werk der Sammlungen? Ich habe kein persönliches Lieb­ lingswerk in den Sammlungen. Die Sammlungen sind sehr gross und es' gibt viele schöne Kunstwerke. Die einzelnen Künstwerke müssen auch in die Umgebung passen, so gibt es z.B. Kunstwerke, die mehr für kleine Räu­ me geschaffen wurden und solche für grosse Räume. So kann z.B. ein Bild oder eine Skulptur in einem Depot in meinen Augen recht unscheinbar wir­ ken, aber in 
der entsprechenden Um­ gebung sehr gut gefallen. 
Sic haben einmal gesagt, mit dem 20. Jahrhundert und seiner Kunst nicht viel anfangen zu können: Gibt es zeitgenössische Kunst, die Sie fas­ ziniert? Nein. Sic haben angekündigt, sich nach Ihrem Rückzug aus den Regie­ rungsgeschäften vermehrt der Ver­ waltung des fürstlichen Vermögens widmen zu wollen. Einen nicht un­ wesentlichen Teil dieses Vermögens bildet die Kunstsammlung. Werden Sie sich in der Zeit nach dem kom­ menden August weiterhin mit der Sammlung befassen, oder überlas­ sen Sie deren weitere Entwicklung ganz dem Erbprinzen? Ich werde mich natürlich auch weiterhin mit den Sammlungen befas­ sen. Hat der Direktor des Liechtenstein Museums Einfluss auf die Sammcl- politik oder liegt die Entscheidung über Ankäufe allein in der Hand des Fürsten? Der Direktor des Museums ist ebenfalls für die Sammlungen ver­ antwortlich und hat deshalb grossen Einfluss auf die Sammelpolitik. An den Entscheidungen ist ein Kunstbei­ rat beteiligt, dem u.a. Dr. Baumstark, der ehemalige Direktor unserer Sammlungen, angehört. Ganz we­ sentlich am Entscheidungsprozess 
sind die Fürstin und der Erbprinz be­ teiligt. Wenn ein Bild, das in den 50er-Jah- ren verkauft wurde, in die Samm­ lungen zurückkehrt, was empflnden Sic? Grosse Freude, und etwas stolz bin ich natürlich schon, wenn mir so ein Rückkauf gelingt. Ist das seinerzeitige Versprechen des verstorbenen Fürsten Franz Jo­ sef II., 
die Sammlung einem liech­ tensteinischen Kunstmuseum als Dauerleihgabe zur Verfügung zu stellen, mit der Eröffnung des Liechtenstein Museums in Wien als zurückgenommen zu betrachten? Das Projekt eines liechtensteini­ schen Museums für die Fürstlichen Sammlungen ist in der ersten Hälfte der 80cr-Jahrc an der liechtensteini­ schen Politik gescheitert. Mein Vater und ich haben uns dann mit Alternati­ ven 
auseinander gesetzt, so z.B. mit einem Projekt in Süddeutschland. Nach den schlechten Erfahrungen, die wir gemacht haben, war uns im Fürs­ tenhaus klar, dass wir in Liechtenstein nur dann ein Museum für die Samm­ lungen machen, wenn wir das in Ei- genregic betreiben, so ähnlich wie in Wien. Altes Versprechen ist an der liechtensteinischen Politik gescheitert Was entgegnen Sie jenen kritischen Stimmen, die besagen, dass die Aus­ fuhr von Teilen der Fürstlichen Sammlungen nach Wien ein Anzei­ chen ist, dass das Fürstenhaus auch seinen Lcbensmittelpunkt allmäh­ lich wieder nach Wien verlagern wird? Es hat immer schon kritische Stim­ men gegenüber Fürst und Fürstenhaus gegeben, und die wird es auch in Zu­ kunft geben. Wir haben uns damit ab­ gefunden, 
dass diese Kreise immer wieder Gerüchte ausstreuen, die ein­ fach nicht stimmen. Der grösste Teil der Sammlungen bleibt in 
Liechten- Das Fürstenhaus verlegt seinen Lebensmittel­ punkt nicht nach Wien stein, aber selbst wenn wir die gesam­ ten Sammlungen nach Wien verlagern sollten, 
was aber nie zur Diskussion stand, bedeutet das noch lange nicht, dass das Fürstenhaus auch seinen Le­ bensmittelpunkt nach Wien verlegt. 20 Prozent der Sammlungen und damit die Bilder und Skulpturen der höchsten Qualität sind in Wien. Wird man Sie nun öfter im Liech­ tenstein Museum antreffen? Wir stellen ungefähr 300 Kunst­ objekte in Wien aus, und nachdem es wie erwähnt in den Fürstlichen Samm­ lungen zwischen 20 000 und 30 000 Kunstgegenstände gibt, sind dies nicht 20 Prozent, sondern ein bis zwei Pro­ mille, die in Wien ausgestellt werden. Ich werde aber vermehrt im Liechten­ stein Museum anzutreffen sein, denn wir haben die Verwaltung des Mu­ seums mit unserer Liegenschaftsver­ waltung in Wien zusammengelegt und vom Stadtpalais in der Bankgasse 9 in das Gartcnpalais verlegt.
	        

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