Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

MONTAG, 22. 
DEZEMBER 2003 VOLKS I IIV11 AMH Fl I M ALE-LIEBESGESCHICHTEN O BLATT 
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U UNSERER LESER 
Q LIEBESGESCHICHTE Reife Liebe Über meine Wangen laufen dickc Tränen hinunter. Ich sitze im Betagtenwohnheim an meinem Essplatz und schaue auf die Tisch­ dekoration: ein Ahomblatt und darauf ein grauer Stein. Erinnerungen werden wach, Er­ innerungen an meine erste grosse Liebe vor 50 Jahren. Ein Junge aus demselben Dorf wie ich. Da wir aber einem verschiedenen Glauben angehörten und die Liebe von unse­ ren Eltern nicht akzeptiert wurde, blieb es ei­ ne heimliche Liebe. Wir trafen uns während 5 Jahren am Rande des Dorfes hinter einer grauen Steinmauer unter einem grossen Ahombaum. Wir lagen nebeneinander mit geschlossenen Augen auf der grünen saftigen Wiese, hielten uns die Hand und Hessen uns von den Sonnenstrahlen wärmen, während wir von einer gemeinsamen Zukunft träum­ ten. Ich liebte den Duft der Wiese. Als ich ei­ nes Tages nur noch alleine da sass, wusste ich, dass es aus war mit unseren geheimen Treffen. Meine grosse Liebe war plötzlich aus dem Dorf verschwunden. Nachforschun­ gen ergaben, dass die Eltern den Jungen weit weg zu Verwandten auf einen Bauemhof schickten. Ich glaube aber, dass er ab und zu wieder im Dorf war, da ich hin und wieder noch Jahre später ein Ahomblatt mit einem grauen Stein darauf vor unserer Haustüre auffand. Die Jahre vergingen, mein Vater starb an einem Unfall, meine Mutter erlitt ei­ nen Hirnschlag. So pflegte ich meine Mutter bis hin zum Tod und vergass dabei mein ei­ genes Leben zu leben. Da ich nun aus unse­ rem Haus raus musste, blieb mir nichts ande­ res übrig, als in das Betagtenwohnheim ein­ zutreten. Mit 75 Jahren, keinen eigenen Kin­ dern, keinem eigenen Leben, keiner grossen Liebe gelange.ich an die Endstation meines Lebens. Gerne laufe ich durch den grossen hauseigenen Garten mit einem grossen Ahombaum und erfreue mich an der Pracht der Rosenblüten - den Duft rieche ich nicht mehr, da ich vor Jahren aufgehört habe an schönen Plätzen die Augen zu schlicssen und mich an den verschiedenen Düfte zu erfreu­ en. Nun sitze ich also an meinem Tisch im Betagtenwohnheim und sehe diese Dekora­ tion auf meinem Platz. Ein Ahomblatt und ein grauer Stein. Ich schaue auf den Platz meiner Nachbarin und sehe dort die übliche Dekoration der Blumen aus dem hauseige- nen Garten. Nur an meinem Platz liegt dieses Blatt mit dem Stein. Die Tränen rollen über meine Wangen. Ich stehe auf und gehe nach draussen in den Rosengarten. Da sehe ich dich sitzen, auf der Holzbank neben dem Ahombaum, um Jahre älter geworden - wie ich. Langsam gehe ich auf dich zu, setze mich neben dich. Unsere Hände berühren sich, drücken fest zu. Wir sitzen da, neben­ einander mit geschlossenen Augen und plötzlich kommt ein Windstoss und bläst mir den Duft der Rosen in die Nase. Gioia Büchel, Ruggcll 
LIEBESGESCHICHTEN-FINALISTEN F £3, 125 s~3 JAHRE VOLKSBLATT Ereignisse der letzten 125 Jahre DURCHGEBRANNT SCHELLENBERG, 11. November 1925 - Letzthin fuhr ein Fuhrwerk der Bierbrauerei Zierfass mit Bierkisten beladen, die Strasse von Gamprin nach Schellcnberg. Beim Gampriner Walde kam ein mit Personen be­ setztes Auto von Schellcnberg her, hielt je­ doch nach Sichtung des Fuhrwerkes an. Das Pferd' scheute jedoch, sprang gegen die Berg­ seite und die offenen Bierkisten fielen vom Wagen, wo dann die gefüllten Raschen über­ einander hinunter rieselten. Ob dem Getöse brannte das Pferd samt Wagen, mit den Rä­ dern nach oben, bis nach Schellcnberg durch. Glücklicherweise waren die Beschädigungen nicht gross. Wenn einerseits der Autoverkehr auf solchen Strassen teilweise gestattet wird, so muss andererseits auch gefordert werden, dass diese dem Zwecke entsprechend herge­ richtet werden. Morgen: Ein gutes Wort- chen für die Nichtautler 
Liebe zwischen gelb und braun Ich habe nicht lange Zeit, meine liebe Sophie. Dies soll mein letzter Wille sein. Ich will dir meine Ge­ schichte erzählen. Die Geschichte von mir und deinem Väter. Zum ersten Mal sah ich ihn an einem Sonntag. Der Himmel war blau und doch deckten einige Wol­ ken das Licht der Sonne zu. Er trug eine braune Uniform. Ich hasse diese Männer, diese Ungeheuer, die uns Schmerzen zufügen, uns die Familien zerreissen, uns, dem Volk des gelben Sternes. Ich hatte schon einen Brief bekommen und war jetzt an der Reihe abgeholt zu werden. Dein Vater klingelte an der Tür. Ich hatte Angst, grosse Angst, doch ich sah keinen Flucht­ weg. Da stand er mit seinen tief­ blauen Augen, seinem goldbrau­ nen Haar und seinem Lächeln, dass schöner war als jeder Sonnen-. Untergang. 
Dann spürte ich nur noch einen dumpfen Schlag und alles wurde schwarz. Als ich wie­ der zu mir kam, befand ich mich in einer Dachwohnung. Neben mir sass dieser wunderschöne, myste­ riöse Mann. Ich fragte ihn, was er von mir wolle. Er lächelte nur, stand auf und kam mit Brot zu­ rück. Wieder fragte ich ihn, was er von mir wolle, doch er erwiderte nur mit einem Lächeln. Da wusste ich, dass ich sicher war, sicher vor den Männern in brauner Uniform. Später erzählte er mir, dass er mich schon seit Wochen beobachtet hat­te. 
Irgendwann hatte er bei der Dienststelle erfahren, dass sie mich holen kommen wollten und tat dies selbst. Das nächste halbe 
Jahr war das schönste meines Le­ bens. Dein Vater versorgte mich mit aller Liebe, die er hatte. Er kam immer nach Dienstschluss zu 
mir und brachte etwas zu essen mit. Wir liebten uns jeden Tag mit einer Leidenschaft, so gross wiei dieses Universum. Ich hatte nochj nie zuvor einen Mann gekannt, dei' so leidenschaftlich und zärtlich! war wie er. Vergessen war die gan­ ze Welt. Vergessen die braunen Monster, vor denen ich mich zuvor, so gefürchtet hatte. 4 Monate spä­ ter kamst du zur Welt. Wir haben uns so auf dich gefreut. Dein Vater wollte mit.uns nach Amerika flie­ hen, um uns dort ein neues Leber» . aufzubauen. Doch es kam alles an-' ders. Es geschah an diesem einen Tag, der mir mein Leben zerstörte! und mir alles weg nahm. Dein Va­ ter kam etwas später nach Hause, Er zitterte am ganzen Körper undl dann seine Worte, die mir noch im-: mer meinen Kopf zerschlagen. Ei< sagte: «Sie werden kommen, kom­ men, um uns zu holen.» Die brau­ nen Ungeheuer wussten, wo wu* waren. Wir entschlossen uns dazu* dass dein Vater mit dir nach Ame­ rika geht und ich dann nachkom­ men würde. Wir wollten nicht auf­ fallen. Doch schon eine halbe Stunde, nachdem ihr gegangen wart, hatten sie mich gefunden. Ich habe euch nicht verraten. So habe; ich euch vor diesen Ungeheuern gerettet, wie er mich damals voti ihnen rettete. I Jetzt sitze ich im Zug, im Zug zd meinem Ende, im Zug mit vielen anderen meines Volkes, unsere^ Volkes, dem Volk des gelbeq Sterns. In Liebe, deine Mutterj Tanja Berger, Vadu? Qualität Wir sitzen auf unserer halbwegs einsamen Insel, im feierabendlich entleerten Büro, trinken einen harmlosen Kaffee und sprechen über Belangloses: Verfassung, Little Big One und so. Ich starre auf den Tisch vor mir und stelle mir vor, darauf ausgestreckt zu liegen, er auf mir, ich würde sei­ nen Bauch auf meinem spüren ... «Des ischt a fürchtigs Hemd, gell?», sagt er plötzlich. Wie? Was? Hemd? Mir war nichts auf­ gefallen. «D* Susi und ii hän ammet di gröschta Kräch wägga däm, weil i immer so a unmodisches Züg aa- leg.» Die soll lieber mal froh setn, dass die wenigsten Frauen ahnen, 
wie du drunter aussiehst, denke ich. Heraus bringe ich nur ein dümmliches: «Echt?» Jetzt nix Falsches sagen. Schliesslich will ich neben seiner super-femininen Freundin nicht als modische Ignorantin dastehen. Ich betrachte das Hemd genauer. Die Farbe ist aussergewöhnlich - etwas Undefinierbares zwischen aubergi­ ne und braun. Steht ihm aber ei­ gentlich ganz gut. Der Schnitt da­ gegen - auweh: so cowboymässig, mit geschwungenen Ziernühten an den Schultern ... in rosa. Hilfe. Ich ringe noch um angemessen spöttische Worte, da sagt er auch schon: «Also, dr Schnitt ischt jo tipptopp, cha nia nüüt säga» (ich falle fast vom Stuhl), «aber eni Färb!», und lacht sein jungenhaftes 
Lachen, dass die Schmetterlinge in meinem Bauch hcrumgewirbelt werden wie auf der Achterbahn. Erstaunlich, wie der Abend sich entwickelt: Seine Beziehung ist sonst immer Tabuthema Nr. 1, und jetzt das. «Ha! Erste Risse in der idyllischen Fassade!» wird Anjas telefonische Femdiagnose später lauten. Was ich leider für übertrie­ ben halte. Aber Er fühlt sich mir gegenüber anscheinend nicht gut genug angezogen. Immerhin, oder? «Warum häschs denn eigentlich kauft?», frage ich. Ich verstehe es wirklich nicht. «Es? Es hätt mer mini Mama amol mitbrocht.» Wie bitte? Der Mann ist Ende dreissig! «Und i han immer denkt, ii wär 
überbehüatct», hauche ich ungläu­ big. «Sic hätts halt günschtig irgend-! wo übercho, und do cha sie ebbaj net widerschto, und sie waass jo, djj Sohn leets aa...» ... und dann hat ei! Krach mit der Freundin, denke ichj genial, und schüttle seiner Mutteî im Geist beide Hände. Die rosa Nähte waren wahrscheinlich mal weiss, aber dann hat Super-Susi versucht, es zu heiss zu waschen ..i «Die Dinger hebent no 
ewig»J sagt er in dem Moment, «des iset̂ halt Qualität, säg i dr Susi immcr!»j Wir strahlen und lachen uns an wiq zwei Komplizen. Und irgendwie fühlt sich das viel besser an, als sich auf dem harten Bürotisch her-t umzuwälzen. Stefanie Leibfried, Schaag Der Duft der Heimat Es duftete nach Oregano, als wir das Restaurant betraten. Die brennenden Kerzen, an den Ti­ schen vermittelten unweigerlich ein wohlig warmes Gefühl. Eine Wohltat, zu dieser Jahreszeit. Ich hatte schon viele Pizzas in meinem Leben bestellt. Aber die Art, wie sie mir dieser junge Rö­ mer anpries, übertraf alles Dage­ wesene. Es war nicht die her­ kömmliche Art, welcher man in italienischen Restaurants vielfach begegnet und die Frau besonders schätzt, da ihr sehr schmeichelnd. Auch unterschied sich sein Gruss von jenem seiner 'Kollegen, die sich eines: «Buona sera signo- ra ...» bedienen, um keinen Zwei­ fel an ihrer Herkunft aufkeimen zu lassen. Er sah auch nicht starr in seinen Block, den Kellner be­ kanntlich gleich parat haben bei der Aufnahme der gewünschten Speisen und Getränke - nicht zu­ letzt um bei den Köchen und sich selbst keine Verwirrung zu stiften - in voll besetzten Lokalen. Nein, er hielt keinen Block in Händen, er sagte nicht «Buona sera» - er war kein «feuriger Ita­liener». 
Es waren seine sanften blauen Augen und sein nicht zu lautes: «Guten Abend», die mich in seinen Bann zogen. Unauf­ dringlich und mit der notwendi­ gen Sensibilität und Distanz Hess er mir die freie Wahl, dort Platz zu nehmen, wohin mich mein In­ stinkt trieb. Ich kehrte noch ein ganzes Jahr lang, immer Montagabend, in jene Pizzeria ein, um ihn zu se­ hen, ihm nahe zu sein, wenn auch nur für etwas länger als eine Stunde. Die ganze Woche freute ich mich auf diesen Augenblick. Wir haben es nie Uber jenen Aus­ tausch an Worten und Sätzen hin­ aus gebracht, die eine Begrüs- sung und eine Bestellung in Res­ taurants üblicherweise beinhal­ ten. Es war immer montags, ich bestellte immer die gleiche Pizza und es war immer der gleiche Be­ weggrund, der mich magisch in jenes Lokal hinzog. Ich glaubte zu erkennen, wie noch heller, leuchtender seine Augen funkel­ ten, als ich zur gewohnten Zeit das Lokal betrat. Es war um mich geschehen, jeh liebte diesen Mann. Ich gab mich ihm hin - in meinen Träumen. Er 
zog mich aus, berührte meinen Körper, hielt mich fest in seinen Händen und ich liess mich ins Unendliche fallen. Bis an jenem Montagabend, als ich vor dem Lokal stand und le­sen 
nlusste:. «Das Restaurant bleibt für immer geschlossen; Wir sind zurück in unsere Hei-i mat gezogen. Wir danken unse- 
1 ren Gästen, für ihre Treue.» j Maria-Dolores Löhs, Bregenzj ANZEIGE m geniessen - feiern - tagen ,4!k hote>ls#uim \/ Triesenberg Frohe und gesegnete Weihnacht wünscht Familie Schädler und Mitarbeiter Feine Festtagsmenüs für Gross und Klein am 25. und 26. Dezember ****** Silvestergala 2003 geniessen, tanzen, feiern Am 23. ab 15 Uhr und 24. Dezember geschlossen Fun. Sdi äJo 
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