Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

FREITAG,31. OKTOBER 2003 
VOLKS I IIVII 
A IVin LAIMDESBÜDGET 2004 BLATT I I IM LAIM U VORTRAG 
4 VORTRAG Zwang zum Fröhlichsein VADUZ - Mit dem Vortrag von Abt Mar­ tin Weilen vom Kloster Einsiedeln er­ möglichte der Frauentreff Vaduz den vie­ len Besuchern, unter ihnen I.D. Fürstin Marie, einen frohgemuten, tiefgläubigen, Menschen 
kennen zu lernen. Er sprach zum Thema: «Hat Depression im Leben eines Christen keinen Platz?» «TheresMat t  '"' v ' • , * «Erlöster milssten- sie mir aussehen!»," so Nietzsche. Diesem Zwang zum Fröhlichseih begegnen wir in unserer Gesellschaft imrtier wieder, betonte Abt Werlen. Niemand dürfe merken, dass in unserer Familie etwas nicht : stimme, dass es mir zur Zeit nicht so gut ge­ he. «Gesundheit» heisse eine neue Religion, ausdrückend: «Hauptsache, man ist gesund». V- 
«Ist das so?» hinterfragte er. Fehlt Men- schen.die eine Behinderung haben, unter De­ pressionen leiden, nicht gesund sind, dem . Tod nahekommen, die'Haüptsache? Mit der Religion «Gesundheit» werde grosser Druck ausgeübt, nicht zuletzt auf Depressive. Licht und Schatten . . «Unter Depressionen Leidende erfahren ei­ nen mächtigen Schatten», betonte der Abt. • Aber Schatten könne nur dort sein, wo auch Licht ist. «Depressive haben "den Sinn für zentrale Werte, kehren diese aber gegen sich selbst», sagte er. Sie haben ein ausgeprägtes Gewissen, das zerfleischende Selbstanklage betreibt; ein ausgesprochenes Pflichtbe- : wusstsein, das vor den anstehenden Aufga- ; ben kapitulieren lässtr ein Schuldbewusst- ,. sein, das das eigene Versagen als lähmend er­ fahren lässt;.ein Verantwortungsbewusstsein, das erschauern lässt und zum Verloreriheits- wahn führen kann. Der Depressive erfahre, dass Menschen das Entscheidende des Lebens i nicht machendes sich nur schenken lassen ; können - schwer erfassbar für unsere «Ma- - cher-Gesellschüft»! Es beinhalte: «Wir müs­ sen nicht alles Mögliche und Unmögliche gemacht haben oder machen, um ein christli- : ches Leben "zu führen». Beten heisse ja im Tiefsten "nicht irgend etwas machen, sondern : . dasein vor Gott mit seinen Freuden, wie mit seinen Depressionen. Sich in Gottes Arme werfen Je schwerer die Depression, desto schwie­ riger das Beten — umso wichtiger die Ver- • trauen und Hingabe lebende Umgebung, die nicht "versucht; einen depressiven Menschen . unter Druck zu setzen: «Du musst nur wol- ' • len!» - «Reiss dich doch ein wenig zusam- • men!» Viele grosse Menschen, wie etwa Sö- : ren Kierkegaard, Romano Guardini hätten l unter Depressionen gelitten, betonte der Re- ferent und ging auf eine grosse Persönlich- ; keit unserer Zeit ein: Dietrich Bonhoeffer, { der mit seiner Erfahrung der Ohnmacht und i der Depression 1944 aus dem Gefängnis r schrieb: «Wer ich auch bin, Du kennst mich, I Dein bin ich, o Gott!» 
«Wir müssen wieder lernen, den Regierungschef Otmar Hasler über die Finanzpolitik und das Budget 2004 VOLKSBLATT Probleme mit der Frühzustellung? Kontaktieren Sie bitte unsere Hotline Tel. +4181/255-55 IQ (Bürozeiten)" Auch für Tagesanzeiger uind NZZ 
VADUZ - Stagnierende oder rückläufige Entwicklung bei den Einnahmen, unverändert grosse Erwartungslfaltung bei den Aus­ gaben - die Vonelchen für die Erstelfung des Budgets 2004 wa­ ren ungünstig. Regierungschef Otmar Hasler nimmt Stellung zu den Eckwerten des staatlichen Voranschlags für 2004. » Martlir frömmelt Volksblatt: Herr Regierungschef, wie schätzen Sie die Lage der Staätsfinanzen ein, nachdem Sie «das Budget 2004 vorgelegt ha­ ben? Otmar Hasler: Das vorgelegte, Budget muss, im wirtschaftlichen Umfeld, in dem sich Liechtenstein aber auch die änderen Staaten be­ finden, betrachtet werden. Gerade die liechtensteinische Wirtschaft ist extrem abhängig von der Nachfrage . aus dem Ausland; Wir sehen, dass die Staatseinnahmen auch in die­ sem Jahr stark rilpkläufig sind, und- dass für nächstes Jahr von einer leichten Erholung auszugehen ist. Nun, zur Lage der Staatsfinan-.. zen. Liechtenstein ist in der glück­ lichen Lage, beträchtliche Reser­ ven zu haben und hat deshalb die •Möglichkeit, das. überdurchschnitt­ liche Ausgabenwachstum der letz­ ten 10 Jahre zu korrigieren, ohne dabei. Sozialabbau betreiben zu müssen. ' Es ist'der Regierung mit dem Budget 2004 gelungen, das 
Ausga- AÜSGA BENWACHS­ TUM GESTOPPT benwachstum zu stoppen. Das ist für eine langfristige Gesünderhaltung der Staatsfinanzen • entscheidend. Das Budget rechnet in der Gesamt­ rechnung mit einem Ausgabenüber-, schuss von rund 55 Mio. Franken. ' Das Zurückgreifen auf Reserven in Zeiten des starken Rückgangs der Einnahmen ist durchaus zu ver- • antworten, wena gleichzeitig die Weichen richtig gestellt werden. Das hat die Regierung getan. Es ist auch ein klares Signal an die Wirt­ schaft, dass die Regierung die Kor­ rektur des Staatshaushaltes auf der Ausgäbenseite vornimmt und nicht durch Steuererhöhungen . oder durch' unangemessene Kürzungen bei den Investitionen in einer un­ günstigen Konjunkturphase. Die Einnahmen aus Steuern und Abgaben sind laut Budget 2004 stark rückläufig. Trotz Stabilisier rung der Ausgaben wird es zu ei­ nem Abbau der Reserven kom­ men: Muss das nicht mit allen Mitteln verhindert werden? Um einen- genauen Überblick über die Finanzsituation zu bekom­ men, muss man beim vorgelegten Budget für das Jahr 2004 
differen- Ansehnlicher Cash Flow zieren, Die Einnahmen gehen um 51' Mio Fr. zurück, das stimmt. In der laufender! Haushaltrechnung - ehvirtschaften wir dennoch einen ansehnlichen Cash Fjow, der aller­ dings im Vergleich zum Voijahres- budget deutlich abgenommen hat. Das heisst, dass wir immer noch mehr Geld einnehmen als wir für die laufenden Ausgaben benötigen. Wenn wir die hohen 
Abschrei­«Das 
heisst, dass wir immer noch mehr Geld einnehmen als wir für die -laufenden Ausgaben benötigen»; Regierungschef Otmar Hasler zur lau­ fenden Haüshaltsrechnuiig. bungen dazu rechnen, dann resulr tiert ein Überschuss auf der Auf­ wandseite. Die Gcsamtrechnung, wenn wir den laufenden Haushalt und die Investitionen zusammen rechnen, schliesst mit einem Defi­ zit ab,'das aus den . Reserven ge­ deckt werden -muss. Dabei ist zu sa­ ugen, dass Investitionen eine andere Betrachtungsweise verlangen als die Konsumausgaben:' Die Ausga- .ben in der laufenden Haushalts- rech'nung sind Ausgaben, die für die. Personalkosten, Sacliaufwen- dungerrund Beitragsleistungen je­ des Jahr ausgegeben werden, wäh­ lend es sich bei den Investitionen um langfristige Projekte handelt." Wenn nun aber die. gesamten Aufwendungen höher sind als die Einnahmen, dann müssen die Re T serven zur Finanzierung herange­ zogen werden, das ist richtig. Wir haben in den Zeiien, des starken Einnahmenzüwachses (z. B. Ein­ führung der Mehrwertsteuer, 
Vcn- Starker Rückgang der Einnahmen kauf von Landesbankaktien) Reser­ ven geschaffen, damit wir wirt­ schaftlich schwierige Zeiten ohne Verschuldung überstehen können. Die Einnahmen sind stärker zu­ rückgegangen als die Ausgaben. Hätten Sie als Finanzminister nicht darauf achten müssen, dass die Ausgaben-Seite der Entwick­ lung 
auf der Einnahmen-Seite angepasst wird? Grundsätzlich müssen wir mittel- und langfristig die Einnidimen und Ausgaben in einem Gleichgewicht halten. Besser noch, wenn die Ein­ nahmen höher liegen als die Ausga­ ben, dann können Reserven ange­ häuft werden. Kurzfristig über kann es durchaus möglich sein, dass die Einnahmen stärker abnehmen als. die Ausgaben/Vor dieser Situation stehen "wir beim Budget für das kommende Jahr. Die Regierung hat einen Staats­ haushalt angetreten, der durch, im-- mense Ausgabensteigerungen ge­ prägt war. Das heisst, es wurden Leistungen eingeführt bzw. ausge­baut, 
.die das Aüsgabenwachstum geradezu zwingend weitcrschrie- ben. Hier setzt die Korrektur der "Regierung an. Es werden weitere Reformen notwendig sein. Doch wäre es unvernünftig und staatspo- litisch fiuch falsch, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Menschen von einem Jahr auf das andere auf' Kosten des Staatshaushaltes mehr zu belasten. Reformen müssen gut durchdacht sein. 'Wenn die Einnahmen an Steuern und Abgaben aufgründ der'schwie- rigen Wirtschaftslage ausbleiben, dann ?pürt das "der Staatshaushalt. von einem Jahr auf das andere. Bei den Ausgaben dauert es länger, bis eine Reduktion herbeigeführt wer­ den kann. Die Reserven aber sind dafür an­ gehäuft worden, damit man solche kurzfristigen Engpässe ausgleichen -kann. Aber kein FinanzministeF greift gerne die Reserven an, son­ dern achtet darauf, ein möglichst- grosses Polster zu haben. Die Re­ gierung hat'das Budget 2004 nicht. einfach aus kurzfristigen Überle­ gungen zusammengestellt, sondern ist nach den spezifischen Grundsät­ zen ihrer Finanzpolitik vorgegan­ gen. Um welche Grundsätze handelt es sich hier? Zuerst einmal gilt der Grundsatz, dass nicht nur auf einer Seite etwas unternommen wird, sondern, dass alle Bereiche auf Effizienz und Kos­ tenverträglichkeit überprüft wer­ den. Gerade in solch schwierigen .Wirtschaftszeiten muss zudem ver­ mehrt darauf geachtet werden, dass sich der Staat auf seine Kernaufga­ ben 
besinnt. Das heisst, Aufgaben, die nicht in den eigentlichen Staats­ bereich der Grundversorgung gehö­ ren, müssen an andere, beispiels-• weise die Wirtschaft, übertragen werden. • Ein anderer Grundsatz betrifft das Ausgabenwaichstüm: Die Re­ gierung hat sich vorgenommen, -nach den hohen, überdurchschnitt­ lichen Steigerungsraten in den letz­ ten zehn Jahren das Ausgaben- ' wachstuni einzuschränken, auf et­ wa 2 bis 2,5 Prozent pro Jahr. Das wird nicht ohne Einschränkungen gehen, ist aber notwendig. Wir 
müssen wieder lernen, den. Gürtel etwas enger zu schnallen. Wird nur die Ausgäbenseite be-' rücksichtigt? Wie steht es mit den Einnahmen? Auch die Einnahmeseite des Budgets wird natürlich berücksich­ tigt. Die finanzpolitischen Grund­ sätze der Regierung betreffen sämt­ liche Bereiche, um sicherzustellen, dass keine falschen Weichenstel- lungen vorgenommen werden. So wie die Ausgabenseite genau analy­ siert wird, um nicht nur Zahlenkor­ rekturen vornehmen zu können, sondern um auch strukturelle Kor­ rekturen einzuleiten, wird die-Ein­ nahmenseite auf strukturelle Män­ gel, überprüft, unter besonderer Be­ rücksichtigung des Verursacher­ prinzips. Die Korrektüren der Auf­ wandseite werden laut den Grund­ sätzen sozialverträglich ausgestal­ tet, das heisst, Beschränkungen werden nur. .nach eingehender Überprüfung auf die 
Verkraftbar- Überprüfungdes Steuerrechtes keit nach sozialen Gesichtspunkten vorgenommen, damit keine unnöti­ gen Härtefälle entstehen. Auf der arideren Seite brauchen wird neue Einnahmen, um den'Wirtschafts­ standort zu stärken'und um notwen-. dige Reformen vornehmen zu kön­ nen. . . 'Zu diesen Massnahmen gehört auch die grundlegende Überprü­ fung des -Stcuerrechtes, um die Be­ lastung 
der Menschen auf die not­ wendigen Abgaben zu beschränken und möglichst optimale Vorausset-. zungen für die Wirtschaft zu schaf­ fen. Es gehört aber auch die! Frage der langfristigen Absicherung der Sozial werke dazu. Noch vor kurzer Zeit machte es den Anschein, als ob genügend Reserven vorhanden wären, um problemlos über die Runden zu kommen. Hat sich.die Lage dra­ matisch verändert? Das wirtschaftliche Umfeld hat sich in den letzten Jahre sicher dra­ matisch verändert,' wobei festzuhal­ ten ist, dass sich die, liechtensteini­ sche Wirtschaft in diesem schwieri­ gen Umfeld gut hält. Ich denke auch, dass Korrekturen des Staatshaushaltes Not tun und es langfristig nicht von Schaden ist« .wenn wir die grundsätzlichen Fra­ gen bezüglich der staatlichen Auf­ gaben und-Leistungen, der Organi­ sation der Staatsverwaltung,, der Aufgabentrennung von Staat und Gemeinden mit entsprechender fi­ nanzieller Ausstattung beider Ebe­ nen und des Ausbaus des Sozialsys­ tems stellen. Dass diese Fragestellungen nun aufkommen, bedeutet für die Re­ gierung eine erhebliche Herausfor­ derung, der sie sich mit Entschlos­ senheit stellt. Sprechen Sie jetzt die wahr­ scheinliche Kritik der Opposition an, die das Budget und die Fi­ nanzpolitik der Regierung zer­ zausen wird?. Zweifellos ist-es eine der Aufga­ ben der Opposition, überall den Finger drauf zu legen, wo es Prob­ leme geben könnte oder wo sich so­ gar Alternativen anbieten. Aber die Opposition muss sich auch an ihren • Vorstellungen und Vorschlägen -zur Finanzpolitik messen las- (Fortsetzung Seite 5)
	        

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