Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

MITTWOCH, 29. JANUAR 2003 
VOLKS I 
I Iii I A Iii H PLATTFORM VERFASSUNG BLATT I lIVLnIMI/ NACHRICHTEN 
5 NACHRICHTEN Hängebrücke nach Triesen sorgt für heisse Köpfe SEVELEN - Die Abstimmung vom 9. Februar über eine Hängebrücke über den Rhein sorgt in Sevelen und Wartau für heis­ se Köpfe. Dabei müssten die beiden Wer- denberger Gemeinden an das 2,2-Millionen- Franken-Bauwerk nur je 108 000 Franken zahlen. Die Hängebrücke über den Rhein ist schon seit mehr als zehn Jahren ein Thema. Sie soll die Gemeinden Sevelen 
und Wartau mit Triesen verbinden. Das geplante, laut Experten ästhetisch aussergewöhnlich schö­ ne Bauwerk t 
ist eine 140 Meter lange Holz- und Stahlkonstruktion für Fussgänger und Velofahrer. An die Kosten von 2,2 Mio. Fr. tragen Sponsoren fast 800 000 Franken bei. - Je 400000 Franken wollen der Kanton St. Gallen sowie das Land Liechtenstein und die Gemeinde Triesen zahlen - als Geschenk zum 200-Jahr-Kantonsjubiiäum. ; Den beiden Schweizer Gemeinden blieben somit nur je 108 000 Franken oder 5 Pro- . zent. Doch den SVP-Kreisen in beiden Gemeinden ist auch das zu viel. Gegen den Kreditbeschluss der Gemeinderäte ergriffen sie das Referendum, weshalb es nun am 9. Februar zur Abstimmung kommt. Laut den Kritikern liesse sich mit dem Geld Geschei­ teres anfangen, als «den beiden Gemeinde­ präsidenten ein Denkmal zu setzen». In den letzten Tagen erschienen in der Lokalzei­ tung seitenweise Leserbriefe, die meisten in befürwortendem Sinn. Darin ist vom «freundnachbarlichen Brückenschlag» die Rede. Femer wird auf die traditionell gute Zusammenarbeit mit Liechtenstein und die willkommenen Aufträge für das darbende Baugewerbe hingewiesen. Angesichts der geringen Beträge wird den Kritikern Rap- ^ penspalterei und mangelnde Solidarität vor- • geworfen. Diese kontern mit dem Hinweis auf die «Schuldenberge» in den Gemeinden. Auch befürchten sie, die Brücke diene nur den Triesnern, die nach dem Bau den Erho­ lungsraum auf Schweizer Seite über­ schwemmen würden. sda Gemeinderatswahlen live im TV-Kanal Eschen-Mauren ESCHEN-MAUREN - Die beiden gröss- ten Unterländer Gemeinden Eschen und Mauren strahlen am Sonntag, den 2. Febru­ ar über ihre TV-Kanäle eine Live-Sendung über die Vorsteher- und Gemeinderatswah- len aus. Inhalt der Sendung sind aktuelle Resultate, Interviews mit Vorstehern und v Gemeinderatsmandataren sowie Parteien­ vertretern aus beiden Partnergemeinden. Aber auch die Ergebnisse über die Vorste­ her- und Gemeinderatswahlen aus den ande- ren Gemeinden Liechtensteins werden so rasch als möglich übermittelt. Mit der Vor­ bereitung und Produktion der Sendung ist die Arbeitsgemeinschaft Herbert Oehri AG • und Mediateam AG (Norbert Jansen und Egon Gstöhl) beauftragt worden. Die Sen­ dung wird am Wahlsonntag ab 13.30 Uhr von der Aula der Primarschule Mauren aus- ' gestrahlt. Sie dauert, je nach Auszählungs- ; stand in den Gemeinden, bis ca. 18 Uhr. Die Bevölkerung ist recht herzlich eingeladen, die Produktion der Sendung an Ort und Stel­ le zu verfolgen. (Eing.) Ich bin OK - Du bist OK SCHAAN - Wer bin ich? Wie vertrete ich mich im Kontakt mit anderen Menschen? Wie organisiere ich mein Leben? Viele solcher Fragen beschäftigen uns. Die Transaktions­ analyse ist eine psychologische Betrachtungs­ weise, die darauf eine Antwort gibt, indem sie > Menschen dazu befähigt, ihr eigenes Denken, Fühlen und Handeln besser zu verstehen. Geleitet wird der Kurs von Patricia Matt aus Mauren. Sie ist Transaktionsanalytikerin, Fel- ' denkraislehrerin und Erwachsenenbildnerin. ~ Der Kurs dauert vier Dienstagabende ab dem : 4. Februar, 20.15 Uhr, im Haus Stein-Egerta, - . Schaan. Veranstaltet von der Erwachsenenbil- dung. Mit Voranmeldung. (Ging.) 
Rechtsstaat und Monarchie Mein Standpunkt: Ein Beitrag von Regierungschef Otmar Hasler I. Das «Rechtsstaatsprinzip» gehört zu den Strukturprinzipi­ en der liechtensteinischen Ver­ fassung von 1921. Seine wichtigs­ ten Elemente sind: 1. Verfassungsstaat Die Verfassung ist die ausschliess­ lich oberste Norm im liechtenstei­ nischen Verfassungsstaat. Die Staatsform, die Verankerung der Staatsgewalt, die Staatsorgane und deren Kompetenzen, die Gewalten­ trennung, das Wahlsystem und die politischen Grundrechte sind in der Verfassung geregelt. Der Landesfürst ist kein unbe­ schränkter Machthaber im Staat, sondern ein in der Verfassung ver­ ankertes Staatsorgan mit bestimm­ ten von der Verfassung zugewiese- rren Kompetenzen. Als Oberhaupt des Staates (Art. 7 der Verfassung) ist er durch die Verfassung legiti­ miert (siehe Ausführungen unter Abschnitt III.) 2. Vorrang des Rechts und Legalitätsprinzip In Liechtenstein gibt es kein ungeschriebenes Verfassungsrecht. innerstaatliche Rechtsquellen sind ausschliesslich die vom Parlament oder vom Volk beschlossenen und vom Fürsten sanktionierten Verfas­ sungsgesetze und einfachen Geset­ ze, die Verordnungen der Regie­ rung (die gemäss Art. 92 der Ver­ fassung nur zur Durchführung der Gesetze in dessen Rahmen erlassen werden dürfen) sowie die Notver­ ordnungen. Das liechtensteinische Rechtssystem • ist vom Stufenbau der Rechtsordnung beherrscht. Seit 1921 wurden vom Fürsten auf Antrag des Regierungschefs und mit Billigung des Parlaments- lediglich drei Notverordnungen in Fällen des öffentlichen Notstands bzw. Gesetzgebungsnotstands er­ fassen. - Alle Organe der Exekutive und der Judikative sind bei der Aus­ übung ihrer Amtsgewalt streng an das Gesetz gebunden. Der Landes­ fürst ist bei der Ausübung seiner Kompetenzen als Staatsoberhaupt aufgrund von Art. 2 und Art. 7 der Verfassung sowie kraft seines vor dem versammelten Parlament abgelegten Eides (Art. 13 der Ver­ fassung) an Verfassung und Gesetz gebunden. Er hat keinen unbe­ schränkten persönlichen Ermes­ sensspielraum und kann nicht nach Belieben handeln. Alle seine Hand­ lungen sind dem Allgemeinwohl (Art. 14 der Verfassung) verpflich­ tet und müssen staatspolitisch ver­ tretbar sein. Aufgrund der Bindung des Für­ sten an die Verfassung hat er die verfassungsmässige Kompetenz­ ordnung, die Gewaltentrennung, die in der Verfassung enthaltenen formellen und materiellen Be­ schränkungen der Hoheitsakte (z.B.Art 10 Abs; 2 der Völksinitia­ tive des Fürsten), die Grundrechte sowie die Bestandteil der Verfas­ sung bildenden Rechtsgrundsätze der Rechtsgleichheit, des Willkür­ verbots und der Verhältnismässig­ keit zu respektieren. Die in den vergangenen 81 Jah­ ren erfolgte Nicht-Sanktion von fünf Gesetzesbeschlüssen (von rund 2000 gefassten Gesetzesbe­ schlüssen) beruhte nie auf einer persönlichen Weigerung des Fürs­ ten, sondern geschah jedes Mal 
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1 Mh ttj «Liechtenstein ist und bleibt auch im Lichte der Volksinitiative des Für­ sten eine vollwertige Verfassungsmonarchle, welche die flechtsstaat- lichkeit voll respektiert»: Regierungschef Otmar Hasler. aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken. Eine verfassungsrecht­ liche Prüfung von Gescfzesbe- schlüssen steht auch Staatsober­ häuptern von Republiken * zu. Jüngstes Beispiel war die monate­ lang dauernde Prüfung der Verfas­ sungsmässigkeit des Ausländer­ zuwanderungsgesetzes durch den deutschen Bundespräsidenten. 3. Grundrechte und Grundrechtsschutz Liechtenstein besitzt einen Grundrechtskatalog auf höchstem europäischen und internationalen Niveau. Das Individualbeschwer- derecht an den Staatsgerichtshof wegen Verletzung von Grundrech­ ten ist durchgehend gewährleistet. 4. Gewaltentrennung Die formelle Gewaltentrennung ist in der liechtensteinischen Ver­ fassung konsequent verwirklicht. Danach sind für jede der drei Staatstätigkeiten, nämlich für die Legislative, die Exekutive und die Judikative eigene Organe einge­ richtet (Landtag als gesetzgeben­ des Organ / Regierung als wei­ sungsfreies oberstes Exekutivorgan / 
Gerichte, deren Unabhängigkeit in'der Verfassung garantiert ist). 5. Immunität des Staatsoberhaupts . Die Bestimmung gemäss Art.-7 Abs. 2 der Verfassung, wonach die Person des Landesfürsten geheiligt und unverletzlich ist, 
stellt eine alt­ modische Ausdruckswcise für die Staatsoberhäuptern in Monarchien und Republiken gleichermassen zukommende innerstaatliche Im­ munität dar. Der Text der Volks­ initiative des Landesfürsten hat eine Modernisierung der Gesetzes- sprache zum Gegenstand, beinhal­ tet jedoch keinerlei Änderung des bisherigen materiellen Inhalts von Art. 7 Abs. 2 der Verfassung. Immunität bedeutet, dass die Per­ son des Fürsten politisch, staats­ rechtlich und strafrechtlich nicht verantwortlich gemacht werden 
kann. Das verfassungsrechtliche Gegenstück zur Immunität ist die Begründung der Verantwortlichkeit des Regierungschefs durch die Gegenzeichnung von hoheitlichen Akten des Staatsoberhauptes. 6. Gegenzeichnungsrecht des Regierungschefs Es ist als ein Ang 
e'P ukt des liechtensteinischen Verfassungssys­ tems anzusehen, dass jeder Hoheitsakt des Staatsoberhauptes der Gegenzeichnung des Regie­ rungschefs bedarf (Art 65, 85 und 86 der Verfassung). Im liechtenstei­ nischen Verfassungsstaat hat die Gegenzeichnung eine doppelte Bedeutung. Sie bringt die Billigung des Hoheitsaktes durch den dem Parlament verantwortlichen Regie­ rungschef zum Ausdruck und begründet für den Regierungschef die politische und staatsrechtliche Verantwortlichkeit für den vom Fürsten gesetzten Hoheitsakt. Der Regierungschef hat dabei ein umfassendes formelles und materi­ elles Prüfungsrecht-und kann weder durch' den Fürsten, noch durch jemand anderen zur Gegenzeich­ nung gezwungen werden. Art. 80 Abs. 2 der Volksinitiative des Fürs­ ten schützt den Regierungschef vor einem Erlöschen der Amtsbefugnis infolge 
Verlusts des Vertrauens des Fürsten. Der Regierungschef kann auch von niemandem gehindert werden, von seinem Gegenzeich­ nungsrecht Gebrauch zu machen. Es entspricht dem rechtsstaatlichen Postulat 
lückenloser Verantwor­ tungspflicht für alle hoheitlichen Akte, dass es keine gegenzeich-, nungsfreien Regierungshandlungen des Fürsten 
gibt. Gegenzeichnungs­ pflichtige Hoheitsakte des Fürsten sind ungültig, wenn die Gegen­ zeichnung des Regierungschefs fehlt. Dies lässt sich unmittelbar aus der dualen Verfassungsstruktur ableiten. 7. Rechtsschutzsystem Alle Entscheidungen und Verfü­ gungen der Regierung unterliegen 
einem Rechtszug an den Verwal­ tungsgerichtshof. Das Recht der Beschwerdeführung ist in Art. 43 der Verfassung als Grundrecht gewährleistet. Die Krönung des liechtensteinischen Rechtsschutz­ systems bildet der Staatsgerichts­ hof, in dessen Zuständigkeit gemäss Art. 104 der Verfassung der Schutz der verfassungsmässig gewährleisteten Rechte und die Normenkontrolle fällt. Er fungiert auch als Kompetenzkonfliktsge- richtshof, als Ministeranklagege­ richtshof und als Wahlgerichtshöf. 8. Verantwortlichkeit der Regierung Die Regierung und die einzelnen Regierungsmitglieder sind .für ihre Amtshandlungen in fünffacher Hinsicht •verantwortlich: • politisch gegenüber Landtag und Fürst • staatsrechtlich gegenüber dem Landtag (Anklage beim Staatsge­ richtshof) • disziplinar gegenüber dem Staatsgerichtshof • trafrechtlich • zivilrechtlich (Regress des Staates im Rahmen der Amtshaf­ tung) 9. Amtshaftung und Entschädi- gungspflicht bei Enteignungen Für alles staatliche Tun und Unterlassen haftet der Staat für den durch seine Organe rechtswidrig verursachten Schaden (Art. 109bis der Verfassung). Für die Enteignung von Vermö­ gen Privater hat der Staat eine Ent­ schädigungspflicht (Art. 35 der Verfassung). IL Das Monarchieprinzip ist in der liechtensteinischen Verfas­ sung dadurch verwirklicht, dass der Landesfürst aufgrund der ver­ fassungsrechtlich anerkannten autonomen Thronfolgerordnung des Hauses Liechtenstein (Art.3 der Verfassung), welcher das Parla­ ment seine Zustimmung gegeben hat, zur Organstellung im Staat berufen ist und durch die Verfas­ sung als Oberhaupt des Staates legitimiert ist. " Die Rechtfertigung für die Ver­ ankerung des «Monarchieprinzips» in der liechtensteinischen Verfas­ sung liegt meiner Überzeugung nach in der Überzeugung der gros­ sen Mehrheit des liechtensteini­ schen Volkes, dass für das Fürsten­ tum Liechtenstein als Kleinstaat eine staatspolitische Notwendig­ keit besteht a) das oberste Staatsamt dem Parteienstreit zu entziehen; b) für Kontinuität in der obersten Staatsführung beim jeweiligen Wechsel der politischen Machtver­ hältnisse zu sorgen; c) in der Person des Landesfürs­ ten einen Repräsentanten zu ha­ ben, der aufgrund seijier Herkunft höchstes Ansehen und eine grosse Ausstrahlungskraft besitzt und für den Staat ein Symbol der Einheit bildet. III. Das Strukturprinzip «Rechtsstaat» wird vom Struk­ turprinzip «Monarchie» nicht beeinträchtigt. Die beiden Struk­ turprinzipien sind miteinander ver­ einbar. Liechtenstein ist und bleibt auch im Lichte der Volksimtiative des Fürsten eine vollwertige Ver­ fassungsmonarchie, welchc die Rechtsstaatlichkeit voll respektiert.
	        

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