Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2003)

FREITAG, 14. MÄRZ 2003 VOLKS I 
|IVI| A |\| H LANDESKANAL BLATT I IIVL.MIvLS BOTSCHAFT DES ERBPRINZEN BOTSCHAFT «Wir brauchen stabile Platt­ form der Fürsten-Initiative» VADUZ - Am Schluss der Diskussions­ sendung am Landeskanal richtete Erb­ prinz Alois eine Botschaft an die Stimm­ bürgerinnen und Stimmbürger. Nach­ stehend eine Zusammenfassung seines Aufrufs, der am Donnerstagabend aus­ gestrahlt wurde. Eine Annahme der Verfassungsinitiative des Fürstenhauses bringt einerseits eine wesent­ lich verbesserte Verfassung und anderseits gibt es uns ein stabileres Fundament für eine erfolgreiche Zukunft. Die Verfassung wird verbessert, indem mehrdeutige Verfassungs­ bestimmungen, die in der Vergangenheit Anlass waren zu Konflikten, beseitigt oder eindeutig formuliert werden. Die Verfas­ sung wird aber auch verbessert, indem der Rechtsstaat gestärkt wird, indem der Fürst Rechte abgibt und indem das Richtercrnen- nungsverfahren verbessert wird, die Gerich­ te gestärkt werden. Für die unmittelbare politische Zukunft aber entscheidend ist, dass wir eine stabilere Plattform haben, indem in einer kritischen Phase fiir unser Land Fürstenhaus und Volk gemeinsam die Weichen für die Zukunft erfolgreich stellen können. Niemand baut ein Haus ohne star­ kes Fundament. Die Initiative des Fürsten­ hauses bringt dieses starke Fundament für eine lebenswerte Zukunft für unsere Kinder. Die Initiative des Fürstenhauses ist diese stabile Plattform. Sie ist ein ausgereifter Vorschlag-und ein echter Komproniiss, der über Jahre in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung, mit ausgewiesenen Experten sowie Regierung und Landtag erarbeitet wurde. Er hat die Zustimmung des Fürsten­ hauses, aber auch der Regierung, der Mehr­ heit der Landtagskommission, der Mehrheit des Landtags und - da bin ich mir sicher - der Mehrheit der Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner gefunden. Für unser Land, für unsere Kinder Die Fürsten von Liechtenstein haben sich in den letzten dreihundert Jahren weise für die Interessen und für die Souveränität des Landes eingesetzt. Sie haben zudem erheb­ liche private Mittel dem Land zur Verfü­ gung gestellt. Schenken Sie uns Ihr Vertrau­ en, damit der Fürst, ich und einmal auch mein Sohn uns weiterhin mit voller Kraft für die Zukunft unseres Landes einsetzen können. Stimmen Sie daher der Initiative zu, für unser Land, für unsere Kigder. 
Trennen sich die Wege? Fürst Hans-Adam II. und Erbprinz Alois gestern Abend im Landeskanal VADUZ - Bei der dritten und letzten Diskussionssendung am Landeskanal waren gestern Abend Fürst Hans-Adam II. und Erbprinz Alois zu Gast. Sie ver­ traten die zentralen Anliegen der Fürsten-Initiative und äus­ serten sich zur Zeit nach der Abstimmung vom Wochenende. »Günther Meie r «Schenken Sie uns Ihr Vertrauen, damit der Fürst, ich und einmal auch mein Sohn uns weiterhin mit voller Kraft für die Zukunft unseres Landes einsetzen können», ersuch­ te Erbprinz Alois die Stimmbürge­ rinnen und Stimmbürger in seinem abschliessenden Aufruf und forder­ te alle auf: «Stimmen Sie daher der Initiative zu, für unser Land, für unsere Kinder». Nach 10-jührjgcn Diskussionen, nach jahrelangem Ringen um die Änderung der Ver­ fassung und nach zunehmendem Streit um Machtpositionen .sei es jetzt an der Zeit, hatte Fürst Hans- Adam II. schon gleich zu Beginn der Fernseh-Diskussion erklärt, eine Entscheidung zu treffen, egal wie die" Entscheidung ausfalle. Aber es gehe letztlich um den Wei­ terbestand des Fürstentums. Aber er hoffe, dass das Volk dem Fürsten­ haus das Vertrauen aussprechen werde, damit das Fürstenhaus wei­ terhin den Monarchen in Liechten­ stein stellen könne. Bisher kein Macfttmissbrauch Die Diskussion über die einzelnen zentralen Punkte der Fürsten-Initia­ tive, die unter der Leitung von Betti­ na Walch von den Chefredaktoren Martin Frommelt (Volksblatt) und Günther Fritz (Vaterland) bestritten wurde, erbrachte keine Erkenntnis­ se, die nicht schon in den letzten Wochen ausgiebig der Öffentlichkeit ausgebreitet wurden. Die Positionen über die Rcgierungsentlassung, über die Bestellung der Richter, über das Notverordnungsrecht und über den Staatsgerichtshof sind bekannt und wurden bei der Diskussion erneut von verschiedenen Seiten her 
S.D. Erbprinz Alois (links zusammen mit S. D. Fürst Hans-Adam II.) erach­ tet die Initiative des Fürstenhauses als stabile Plattform für das Land. betrachtet. Entschieden wandte sich der Fürst gegen die Unterstellung, die Machtbefugnisse des Monar­ chen müssten als Schutz vor Macht­ missbrauch eingegrenzt werden. Das Fürstenhaus Liechtenstein stelle schon seit 300 Jahren den. Fürsten, doch noch nie sei die Macht miss- braucht worden - im Gegenteil, das Fürstenhaus habe das Land in die­ sem Zeitraum mit erheblichen finan­ ziellen Mitteln unterstützt. Übergabe der Regierungsgeschäfte Interessanter deshalb die Aus­ führungen von Fürst und Erbprinz über die Zeit nach der Abstimmung, über die Herausforderungen auf internationaler Ebene für das Land sowie über die Rolle des Europara­ tes. Nicht so grosse Eile'mit der Übergabe der Regierungsgeschäfte an den Erbprinzen, wie das ver­ schiedene Medien in den letzten Tagen verbreiteten, hat das Fürsten­ haus. Fürst Hans-Adam II. aber nannte doch einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren. Es stimme nicht, erklärte er weiter, dass er beabsich­ tigte, schon eine Woche nach der Abstimmung zurückzutreten. Vor grossen Herausforderungen Um die Grüben wieder zuzu­schütten, 
die im Verlaufe des hefti­ gen Abstimmungskampfes aufge­ rissen wurden, kündigte Fürst Hans-Adam II. an, das Fürstenhaus, werde die Hand ausstrecken, damit die Kontrahenten aufeinander zuge­ hen könnten. Eine Zusammenarbeit ist nach seiner Ansicht dringend nötig, denn international stehe das Land vor grossen Herausforderun­ gen. Auf eine Frage von Volksblatt- Chefredaktor Martin Frommelt nach den Auswirkungen auf den Finanzplatz sagte der Fürst, wenn die Fürsten-Initiative abgelehnt werde urid das Fürstenhaus sich aus dem Land zurückziehe, dann würde der Finanzplatz sicher darunter lei­ den. Gerade das Fürstentum und das Fürstenhaus habe zur Stabilität beigetragen, während bei einem . Wegzug des Fürstenhauses ein Ver-" lust an Vertrauen in die politische Stabilität eintreten könne. Gefährlich für Europarat Die Frage nach Reaktionen des Europarates nach einer Annahme der Fürsten-Initiative brachte Vaterland-Chefredaktor Günther Fritz ins Spiel. Erbprinz Alois bemerkte dazu, man miisste eigent­ lich die Frage stellen, wie es wei­ tergehe mit dem Europarat, nicht wie es mit dem Fürstentum gehe. 
Der Europarat wie auch die UNO hätten die Souveränität Liechten­ steins beim Beitritt ausdrücklich anerkannt. Ein Ausschluss Liech­ tensteins aus dem Europarat erach­ tet der Erbprinz als äusserst unwahrscheinlich, vielmehr dürfte der Europarat grosses Interesse daran haben, dass das Thema Liechtenstein möglichst bald vom Tisch verschwinde. Fürst Hans- Adam II. ergänzte dazu, wenn die Venedig-Kommission ihre Kompe­ tenzen auch auf die Alt-Mitglieder des Europarates ausweiten wollte, dann sei dies eine gefährliche Sache: Es würde den Europarat in den Grundfesten erschüttern, wenn er eine demokratische Entschei­ dung in einem seiner Mitgliedslän­ der nicht mehr respektiere. Damit würde der Europarat eines seiner Grundprinzipien aufgeben, was letztlich zur Auflösung des Europa­ rates führen könnte. Bei Ablehnung bleibt nur Rjickzug Sanktioniert der Fürst die «Frie­ densinitiative» im Fall einer Annah­ me durch das Volk? Das Fürsten­ haus würde sich auf den Standpunkt stellen, dass das Volk eine andere Verfassung rtiöchte. Dann müssten sich die Liechtensteiner um eine Alternative bemühen, dann sollte man eine Trennung in Anstand und Würde vorbereiten: «Man könnte zurückschauen auf eine erfolgreiche Zeit von drei Jahrhunderten und sagen, bringen wir das zum Abschluss und ab jetzt trennen sich unsere Wege». Bei einer Ablehnung der Fürsten-Initiative hält Fürst Hans-Adam II. sich selbst und dem Fürstenhaus das Vertrauen entzo­ gen. Dann bleibe nur der Rückzug, denn der Verfassungsstreit würde in diesem Fall weiter gehen. Es wäre verantwortungslos, noch länger zu bleiben, sondern man müsste dem Volk sagen, dass die Gegner eine Alternative aufzeigen sollten. Dem Eintritt in neue Verhandlungen nach der Volksabstimmung erteilte auch Erbprinz Alois eine Absage. ANZHIüL IM J(l 
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