Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBLATT 
AUSLAND Montag,. 4. Februar 2002 
29 Uneinigkeit an der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik MÜNCHEN: Amerikanische Poli­ tiker machten an der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik am Wochenende abermals deut­ lich, dass der Irak das nächste Ziel im «Anti-Terror-Krieg» sein. könnte. Strittig blieb die Frage des weiteren Vorgehens im Kampf gegen den inter­ nationalen Terrorismus. Insbesondere Scharping und sein russischer Amts­ kollege Sergej Iwanow wandten sich gegen ein Eingreifen im Irak. Scharping sagte, man dürfe nicht «am falschen Ende» mit militärischer Planung beginnen. Allgemein sagte Scharping, ohne die Überwindung der «tiefen Spaltung» zwischen armen und reichen Ländern und der Ressourcen­ verknappung könne globale Sicherheit auf Dauer nicht erreicht werden. Hochrangige amerikanische Politi­ ker machten hingegen keinen Hehl daraus, dass der Irak das nächste -Ziel der USA im «Anti-Terror-Krieg» sein könnte. Weitere Themen, welche an der Kon­ ferenz behandelt wurden, .betrafen vor allem die Frage der Militärbudgets. Der NATO droht nach Auffassung von Ge­ neralsekretär George Robertson die Handlungsunfähigkeit, falls die eu­ ropäischen Partner ihre Militärbudgets nicht erhöhen. Robertson und der 
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VT US-Senator Joseph Liebermann, NATÖ-Generalsekretär George Robertson sowie der deutsche und der russische Verteidigungsminister Rudolf Scharping und Ser- gei Ivattov (von links) fanden'trotz der Ernsthaftigkeit der Konferenz noch Anlass zum Lachen. deutsche Verteidigungsminister Rudolf Scharping forderten die USA an der Münchner Konferenz für Sicherheits­ politik zudem auf, den Europäern bei der Modernisierung Ihrer Araieen zu helfen. Um die Technologielücke in der NATO wieder zu schliessen, müssten die USA zudem Beschränkungen beim 
Export von Rüstungstechnologie ab­ bauen, sagte Robertson. Während die europäischen NATO- Staaten ihre Militärbudgets weitge­ hend stabil halten, plant US-Präsident George W. Bush eine Steigerung der US-Militärausgaben um zwölf Prozent auf 379 Milliarden Dollar. Das ist der 
höchste Zuwachs der US-Verteidi- jgungsausgaben seit 21 Jahren. Wenn die Europäer nicht wollten, dass sich die USA in Richtung Unilate­ ralismus oder Isolation bewegten, müssten sie ihre Fähigkeiten zum Kri­ sen-Management 
ausbauen, sagte Robertson, weiter. Er gebe US-Politi­ kern Recht, die von einer «militäri­ schen Unfähigkeit» der Europäer sprächen. • "Kontroverse Ansichten wurden auch im Zusammenhang mit dem UNQ- Mandat für Kampfeinsätze sichtbar. Der stellvertretende US-Verteidigungs­ minister Paul Wolfowitz wehrte sich dagegen, dass filr Kampfeinsätze UNO-Mandate nötig seien. Daran neh­ me er «grossen Anstoss». Ungeachtet eines Demonstrations- verbotes protestierten am Wochenende rund 7000 Personen überwiegend friedlich gegen die Konferenz. Die Po­ lizei nahm nach eigenen Angaben ins­ gesamt 792 Demonstranten vorüber­ gehend in Gewahrsam, wobei die Mehrzahl am Sonntag bereits wieder auf freiem Fuss war. 3500 Polizisten aus ganz Deutsch­ land hatten die Münchner Innenstadt und die Zufahrtstrasseri der bayeri­ schen Landeshauptstadt kontrolliert. Das Tagungshotel wurde weiträumig abgesperrt und blieb von den Protes­ ten unberührt. Neue Gespräche in Nahost Scharon spricht wieder mit Palästinensern JERUSALEM: Inmitten der seit 16 Monaten andauernden Gewalt zwi­ schen Israelis und Palästinensern hat sich am Wochenende erstmals seit., langer Zeit wieder Gesprächsbereit- schaft auf höchster Ebene angedeu­ tet. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon empfing, wie am Samstag bekannt wurde, am vergan­ genen Mittwoch eine ranghohe palä­ stinensische Delegation in seinem Haus. Der palästinensische Präsident Jassir Arafat verurteilte in einem Beitrag für die «New York Times» Anschläge auf israelische Zivilisten als Terrorismus. «Diese Gruppen repräsentieren nicht das palästinensische Volk und sein le­ gitimes Streben nach Freiheit», schrieb 
Arafat in der US-Zeitung über die At­ tentäter. «Sie sind terroristische Orga­ nisationen.» Kein Grad der Unter­ drückung und Verzweiflung könne je­ mals das Töten unschuldiger Zivilisten rechtfertigen, erklärte Arafat weiter. Er nannte allerdings keine militanten Gruppen beim Namen, deren Aktivitä­ ten zu beenden er entschlossen sei. Von den jüngsten Überfällen und Selbstmordanschlägen wurden einige von den Al-Aksa-Brigaden verübt, die zu Arafats El Fatah gehören. US-Aussenminister Colin Powell be- grüsste die jüngsten Äusserungen Arafats. Es sei gut, dass Arafat den Terrorismus verurteile, sagte Powell dem US-Sender CBS. «Was wir jetzt brauchen, ist Handeln gegen den Ter­ rorismus.» 
Waffenruhe in Gardes Afghanistan: 61 Tote bei Kämpfen GARDES/AFGHANISTAN: Nach tage­ langen schweren Kämpfen um die af­ ghanische Provinzhauptstadt Gardes haben die Konfliktparteien am Sonn­ tag unter UN-Vermittlung einen vor­ läufigen Waffenstillstand vereinbart. Die Übereinkunft wurde bei einem Treffen internationaler Vermittler mit Vertretern der Gemeindeversammlung (Schura) und des paschtunischen Kriegsheim Batscha Chan in einer Mo­ schee der Stadt erzielt. Bei den Kämp­ fen zwischen diesen beiden Seiten ka­ men in zwei Tagen mindestens 61 Menschen ums Leben. Chan, der das Amt des Gouverneurs der Provinz Paktia beansprucht, sagte vor seinen Gesprächen mit den UN- Vermittlem, er sei zu weiteren Kämp­ fen bereit. Dabei deutete er auf etwa 
200 Soldaten vor der alten Festung von Gardes, wo sich die Truppen der Schura verschanzt halten., Später er­ klärte Chan, er habe der zunächst bis kommenden Freitag befristeten ' Waf­ fenruhe unter Bedingungen zuge­ stimmt. Er werde den Kampf wieder aufnehmen, wenn ein Austausch von Gefangenen und eine Übergabe Gefal­ lener nicht in seinem Sinne erfolge. Die Gespräche mit den UN-Vermittlern sollen am.Montag fortgesetzt werden. Der von der Interimsregierung in Kabul unterstützte Chan wirft Mitglie­ dern der Schura vor, sie seien Sympa­ thisanten der Taliban und von Osama bin Ladens Organisation Ei Kaida. Die Schura beschuldigt ihrerseits Chan, für den USr-Luftangriff auf eine Delegati­ on, der Stadt verantwortlich zu seih. Scharfe Kritik an Handelspolitik der USA und Europas «Reiche Staaten sollen Importbarrieren abbauen» - Proteste gegen Weltwirtschaftsforum in New York NEW YORK: Kritische Stimmen ge­ gen die Handelspolitik der USA und Europas haben am Wochenende das Weltwirtschaftsforum in New York bestimmt. IWF-Direktor Horst Köhler warf den Vereinigten Staaten vor, die heimische Agrar- und Tex­ tilindustrie mit nicht mehr zeit- gemässen Subventionen und Zoll­ barrieren zu schützen. Damit werde es den armen Staaten verwehrt, sich an der Globalisierung des Handels zu beteiligen, sagte Köhler. Unter starkem Beifall, im Kreis der 2700 Manager, Politiker und Wissen­ schaftler forderte Köhler, den Ent- wicklungsländern einen besseren Zu­ gang zu den Weltmärkten zu geben. Auch die Europäische Union müsse einsehen, dass sie sich einem Verzicht . auf Agrarsubventionen nicht länger widersetzen könne. «Wenn wir es wirklich damit ernst meinen, dass die Globalisierung für alle, nützlich ist, dann müssen die fortgeschrittenen Länder erkennen, dass sie nicht so- weitermachen, können wie bisher.» Der peruanische Präsident Alejand- ro Toledo klagte darüber, dass Ameri­ kaner und Europäer von seiner Regie­ rung ständig eine Öffnung des Mark­ tes für. Einfuhren verlangten - sich. 
selbst aber gegen Importe aus Peru ab­ schotteten. Der indische Finanzminis­ ter Yashwant Sinha kritisierte auch die Beschränkungen der USA und Europas gegen die Einfuhr von Stahl aus Indien. Auf einer Podiumsdiskussion for­ derten Microsoft-Chef Bill Gates und Rockstar Bono die reichen Länder auf, der 
Dritten Welt vor allem bei Bildung und Gesundheit mehr zu helfen, um Probleme wie Aids zu lösen. US-Fi- nanzminister Paul O'Neill stimmte zu, dass die USA und die anderen wohlha­ benden Länder mehr tun müssten. Ga­tes 
warf den USA vor, zu wenig Ent­ wicklungshilfe zu leisten. Bono kriti­ sierte Armut und Elend von Kindern in armen Ländern als einen «interna­ tionalen Skandal und eine moralische Schande». Die Proteste, von Globalisierungs- gegnern vor dem Waldorf-Astoria- Hotel blieben friedlich. Mehrere tau­ send Demonstranten kritisierten das Weltwirtschaftsforum als «Cocktail- Party für die Reichen». Die Polizei nahm 36 Personen fest. Cyber-Aktivi­ sten 
legten am Freitag zeitweise die Web-Site des Weltwirtschaftsforums 
lahm. Auf der Gegenveranstaltung im bra­ silianischen Porto Alegre klagten Teil­ nehmer des Weltsozialforums am Wo­ chenende die Entwicklung von gen­ manipuliertem, patentgeschütztem Saatgut als Mittel der Ausbeutung von Bauern in der Dritten Welt an. Bauerri- aktivist Wilson Campos erklärte, die in den neuen Saaten eingebauten «Terminaton-Gene bewirkten, dass die Bauern von der Ernte nichts für die nächste Aussaat aufheben könnten, wie es in den meisten Entwicklungs­ ländern Tradition sei. Während die geladenen Gäste den Ausfilhrungen der Experten zuhörten, wurde draussen friedlich demonstriert. 
Iran im Visier der USA WASHINGTON: US-Verteidigungsmi­ nister Donald Rumsfeld hat Iran vor­ geworfen, Taliban- und» El-Kaida- , Kämpfer aus Afghanistan aufgenom­ men zu haben. Daran gebe es für ihn keine Zweifel, sagte Rumsfeld am Sonntag in-einer Sendung des US- Fernsehsenders ABC. Die USA verfüg­ ten ferner über eine Reihe von Berich-: ten, wonach Iran durch die Bewaff­ nung bestimmter Gruppierungen in Afghanistan zur Destabilisierung des Landes beitrage. Die iranische Führung hat Verbindungen zu den Ta­ liban oder dem Terrornetzwerk El Kai-  : da des islamischen Extremistenführers Osama bin Laden zurückgewiesen. Das Verhältnis 
zwischen Iran und dem Nachbarland Afghanistan während der Herrschaft der Taliban war gespannt. Ein Grund dafür war, dass die Taliban bis zum '11. September von Pakistan unterstützt wurden, einem Rivalen Irans in der Region. > • US-Truppen zu Manöver in Kenia WASHINGTON: Mehr als 2000 Marine-, infanteri;te.n der USA nehmen nach Angaben von , Pentagon-Beamten in Kenia an gemeinsamen Manövern mit Truppen des afrikanischen Lances teil. Die 
US-Truppen kämen direkt vom Anti-Terror-Krieg in Afghanistan. Die Übung begann am Sonntag, berichtete die Zeltung «New York. Times». Da? Manöver sei bereits seit einem Jahr ge­ plant und kein Anzeichen für eine be- . vorstehende Mijitäraktion im benach­ barten Somalia, sagten die Beamten. Iii Somalia vermuten die USA Mitglie­ der der El-Kaida-Organisation desTer- roristenfÜhrers'Osama bin Laden.. Tote bei Gefech­ ten in Kaschmir SRINAGAR: Bei mehreren Gefechten- in Kaschmir sind an der Grenze zwi­ schen Pakistan , und Indien nach Poli­ zeiangaben 13 Moslem-Rebellen und. zwei indische Soldaten getötet wor­ den. Die indische Polizei sagte, das pa­ kistanische Militär habe ian verschie­ denen Stellen den islamistischen Ex­ tremisten Feuerschutz gegeben. Beide Länder, die schon zwei Kriege wegen des geteilten Kaschmir geführt haben und heute Atomwaffen besitzen, ha­ ben seit Dezember eine Million Solda­ ten an der Grenze zusammengezogen. Sie machen sich gegenseitig für die Verschärfung der Lage verantwortlich. Kommunalwahlen in Kambodscha PHNOM PENH: Ohne Zwischenfalle sind die ersten Kommunalwahlen in der Geschichte Kambodschas verlau­ fen. Nach Angaben von Wahlbeobach­ tern zeichnete sich nach Auszählung der ersten Stimmzettel ein Sieg der re­ gierenden Volkspartei ab. Die ex-kom­ munistische Volkspartei von Regie­ rungschef Hun Sen körine mit mehr als der Hälfte der Stimmen rechnen. Auch die Opposition habe gut abgeschnitten. Das offizielle Ergebnis sollte frühe­ stens am Dienstag vorliegen. US-Reporter Pearl soll tot sein WASHINGTON: Der in Pakistan ver­ schleppte US-Reporter Daniel Pearl ist nach ÜS-Fernsehberichten tot. Seine Leiche sei in der pakistanischen Ha­ fenstadt Karachi gefunden worden, - berichteten mehrere Fernsehsender am Sonntag unter 
Berufung auf die Polizei in Karachi. Pearl war in der südpakis- tanischen Hafenstadt am 23. Januar zuletzt gesehen worden. Entführt hat ihn die militante Gruppe «Nationale Bewegung für die Wiederherstellung . der Souveränität Pakistans».
	        

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