Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2002)

Liechtensteiner VOLKSBUTT 
AUSLAND Montag, 28. Januar 2002 
21 Frau als Selbstmordattentäterin Zwei Tote und über 100 Verletzte in Jerusalem - Arafat verteidigt sich gegen US-Kritik : JERUSALEM: Zum ersten . Mal hat am Sonntag eine Frau einen Selbstmordanschlag in Israel verübt. Bei der Bombenexplosi­ on im Westteil Jerusalems wur­ de nach Angaben der Polizei ne­ ben der Attentäterin ein 81- jähriger Israeli getötet. Mehr als 100 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Der Bombenan­ schlag hat das ohnehin stark belastete politische Klima im Nahen Osten weiter verschlech­ tert. Wie bereits bei ähnlichen Zwi­ schenfällen der jüngsten Zeit gab der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon auch für diesen Anschlag dem palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat die Schuld. Die Regierung erklärte, Arafat fördere den Terroris­ mus und entsende Attentäter nach Je­ rusalem. Israel werde «die terroristi­ sche Infrastruktur weiterhin systema­ tisch einreissen», sagte Scharons Spre­ cher Raanan Gissin und deutete damit mögliche weitere Vergeltungsschläge an. Der Anschlag ereignete sich am Mit­ tag in der belebten Jaffa-Strasse in Westjerusalem. Dort hatte erst in der vergangenen Woche ein palästinensi­ scher Attentäter um sich geschossen und dabei zwei Frauen getötet. Über ein Dutzend Menschen wurden ver­ letzt. Im August tötete ein Selbstmord­ attentäter bei einem Anschlag in der Jaffa-Strasse 15 Menschen. Am Samstagabend war ein Palästi­ nenser an einer israelischen Stras- sensperre im Westfordanland von Sol­ daten erschossen worden. Zudem wur­ de in der Nähe einer jüdischen Sied­ lung ein Israeli angeschossen. Auch aus dem Gazastreifen wurden am Samstag mehrere blutige Zwischenfäl­ le gemeldet. Am Samstag hatten über 2000 Menschen in Ramallah für Ara­ fat demonstriert, der von der US-Re­ gierung am Wochenende scharf kriti-Erstmals 
hat eine palästinensische Selbstmordattentäterin eine Bombe in Israel gezündet. Nach Angaben der Polizei wur­ de neben der Attentäterin ein 81-jähriger Israeli getötet. Mehr als 100 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. siert worden ist. Präsident George W. Bush warf Arafat Förderung des Terro­ rismus vor und drohte mit Sanktionen bis zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit der palästinensischen Regierung, Arafat verteidigte sich am Sonntag gegen die amerikanischen Vorwürfe, indem er den amerikanischen Unab­ hängigkeitskrieg mit dem Befreiungs­ kampf der Palästinenser verglich. An die Bürger der USA gewandt fragte er 
im arabischen Nachrichtensender El Dschasira: «Haben Sie jemals die briti­ sche Besetzung akzeptiert? Hat George Washington nicht zusammen mit sei­ nem Volk bis zur Befreiung der Verei­ nigten Staaten gekämpft?» US-Vizepräsident Dick Cheney warf Arafat am Sonntag In scharfer Form Zusammenarbeit mit Iran und der ra­ dikalislamischen Hisbollah-Miliz vor, um durch diese Quellen an Waffen zu gelangen. 
. In einem Interview mit dem US-Sen- der Fox sagte Cheney, er wisse nicht, ob Arafat zuerst auf Iran zugegangen sei oder umgekehrt. «Wai er getan hat ist folgendes: Er ging zu einer Teri-or- organisation, Hisbollah, und zu einem Staat, der den Terrorismus fördert», sagte Cheney. Angesichts der jüngsten Welle der Gewalt in Nahost «stellt sich die ernste Frage, o.b Herr Arafat tatsächlich Interesse hat, den Friedens- prozess voranzubringen.» Karsai furEinsatze der Schutztruppe in % m». >, ' < • •• ' " "i <•%!;, J., >.* ganzAfghamstan •TIM.. — IM WASHINGTON/KABUL: Der afgha­ nische Regierungschef Hamid Kar­ sai hat sich dafür ausgesprochen, die Einsätze der internationalen Schutztruppe für Afghanistan (ISAF) auszuweiten. Er traf am Sonntag zu Gesprächen mit der US- Regierung in Washington ein. Die Soldaten sollten länger als sechs Monate bleiben und im ganzen Land stationiert werden, sagte er dem US- Nachrichtenmagazin «Newsweek», das heute "Montag erscheinen soll. Nach Angaben der ISAF sind bereits mehr als 2500 Soldaten der Schutz­ truppe auf afghanischem Boden. Delegationen aus allen Teilen Af­ ghanistans hätten ihn gebeten, die Schutztruppe ins ganze Land zu ent­ senden, sagte Karsai. Die Übergangs­ regierung in Kabul sei bereit, zusam­ men mit den 
USA und anderen inter­ nationalen Truppen weiterhin hart gegen Taliban- und El-Kaida-Kämp- fer vorzugehen. Die ISAF unter britischem Kom­ mando soll: bis Mitte Februar eine Stärke von etwa 4500 Soldaten errei­ chen. Der UNO-Beauftragte Francesc Vendrell hatte unlängst erklärt, zur Gewährleistung der Sicherheit in Af­ ghanistan sei die landesweite Statio­ nierung von bis zu 30 000 ausländi­ schen Soldaten erforderlich. . 
Am Montag will Karsai erstmals mit US-Präsident George W. Bush zu­ sammenkommen. Sie wollen über langfristige Massnahmen zur Sicher­ heit in Afghanistan und über den Wiederaufbau des Landes sprechen. Am Dienstagabend (Ortszeit) wird Karsai als Ehrengast dabei sein, wenn 
Bush im Kongress seinen Bericht zur Lage der Nation abgibt. Der frühere afghanische König Mo­ hammed Sahir Schah will Mitte März in seine Heimat zurückkehren. Die Rückkehr des im italienischen Exil le­ benden ehemaligen Monarchen solle noch vor Beginn des afghanischen Neujahrsfestes am 21. März erfolgen, teilte ein Sohn des Ex-Königs, Mir- wais Sahir, in Rom mit. Sahir Schah soll nach seiner Rückkehr einen Loja Dschirga genannten Rat der afghani­ schen Stammesführer eröffnen. Bei der Bildung der nächsten Re- • gierung in Afghanistan sollen Frauen eine wichtige Rolle spielen. Sie sollen eine angemessene Vertretung in der Grossen Stammesversammlung ha­ ben, die in wenigen-Monaten eine heue Übergangsregierung bestimmen wird. 
Dies vereprach die stellvertre­ tende Vorsitzende des Auswahlkomi­ tees,-Mahbubah Hakokmäl, in einem Interview mit der afghanischen Nachrichtenagentur AIP. Über dertStatus der. 158 gefange- •nen Taliban und El-Kaida-Mitglie- dem im US-Marine-Stützpunkt Gu- antanamo Bay gibt es nach US-Me­ dienberichten Meinungsverschieden­ heiten innerhalb der US-Regierung. Ausse'nminister Colin Powell wolle, dass für die Inhaftierten die Bestim­ mungen der Genfer Konvention zur Behandlung von Kriegsgefangenen gälten. . ' Powell sei aber nach "wie vor der Auffassung, den Inhaftierten formal keinen Kriegsgefangenen-Status zu­ zubilligen. Präsident Bush bezeichnet die Gefangenen als «unrechtmässige Kämpfer». 
Libyen will zahlen Je 4,8 Mio. Euro an Lockerbie-Opfer LONDON: Libyen ist nach einem Be­ richt der britischen Sonntagszeitung «Sunday Times» bereit, für jedes der 270 Opfer des Flugzeugattentats von Lockerbie drei Millionen Pfiund (über 7 Mio. Franken) Entschädigung zu zahlen. Über die Zahlungen an die Verwand­ ten der Opfer sei bei Geheimverhand­ lungen zwischen Vertretern des Regi­ mes von Muammar el Gaddafi und der Regierungen in London und Washing­ ton Einigkeit erzielt worden. Die Gel-der'sollen 
laut «Sunday Times» in etwa zwei Monaten ausgezahlt werden, wenn das gegenwärtige Berufungsver­ fahren des wegen des Attentats verur­ teilten Libyers Abdel Bassit Ali el Me- krahi vor einem schottischen Sonder­ gericht in den Niederlanden abge- ' schlössen ist. Als «Gegenleistung» sollten die ge­ gen Libyen verhängten UNO- Sanktio­ nen aufgehoben werden, schrieb die Zeitung. US- und britische Ölförderfir- men würden dann von Libyen 
«lukra­ tive Verträge» erhalten. Serie von Explosionen in 
• _ y Millionenmetropole Lagos erschüttert LAGOS: Eine Serie, von gewaltigen Explosion hat am Sonntagabend die nigerianische Wirtschaftsmetropole Lagos" erschüttert. Über der grössten Stadt des westafrikanischen Landes stiegen rote; Feuerwolken in den Himmel. Menschen rannten in Panik auf 
die Strasse. Die erste Explosion ereignete sich in der Nähe einer Kaserne: mehr als ein Dutzend weitere folgten. Die Wucht der. Detonationen zerschmetterte die Scheiben in dem mehr als sieben Kilo­ meter entfernten internationalen Fiug- hafen. Die Ursache der Explosionen war zunächst nicht bekannt. Der.Lärm der Detonationen schien aus verschie­ denen Richtungen zu kommen. Ein 
Militärsprecher erklärte, man wisse Von den Explosionen und versuche nun herauszufinden, was dahinter stecke. Alle Flüge zum internationalen Flughafen von Lagos wurden abge­ sagt. Angaben über Opfer lagen • zunächst nicht vor. Nigeria, das über grosse Rohölvorkommen verfügt, ist das bevölkerungsreichste Land Afri­ kas. In Lagos wohnen rund 1,5 Millio­ nen Menschen. Mit; der'Wähl von Prä­ sident Olusegun Obasanjo wurde 1999 eine 15 Jahre dauernde. Periode bruta-^ ler Militärherrschaft beendet. In Nige­ ria herrscht grosse Armut; gefährliche ethnische und religiöse Spannungen spalten die Gesellschaft. Muslims stei­ len etwa 45 Prozent der Bevölkerung, Christen rund 49 Prozent. 
Armeehelikopter abgeschossen MOSKAU: Beim AbschUss eines russi­ schen. Militärhelikopters in der abtrün­ nigen Republik Tschetschenien sifld mehrere ranghohe Militärs und Poll-; zeikommandanten getötet worden." Unbekannte hätten den Helikopter im Bezirk Scholkowskaja, etwa 40 Kilo­ meter nordöstlich von Grosny,'abge­ schossen, teilten die Behörden in Gros­ ny am Sonntag nach Angaben der Agentur Interfax mit. Unter den Op­ fern seien zwei Generäle des Innenmi­ nisteriums, hiess es. Alle elf Menschen an Bord starben, meldete Itar-Tass. Verbindungen zu Taliban NEU DELHI: Der mutmassliche Draht­ zieher des blutigen Anschlags auf das US-Kulturzentrum im indischen Kal­ kutta hat einem Pressebericht zufolge enge Kontakte mit den Taliban und dem pakistanischen Geheimdienst. Wie die indische Zeitung «Hindustan Times» am Sonntag berichtete, handelt es sich 
bei dem Verdächtigen um den britischen Islamisten Omar Scheich. Dieser halte ° sich zurzeit in einem Gästehaus des pakistanischen Geheim­ dienstes ISI in Islamabad auf. Der Zei­ tung zufolge stiftete er ein Mitglied der indischen Mafia, Farhan Malik alias Aftab Ansari, zu dem Attentat an, bei dem am Dienstag vier Polizis­ ten getötet und -20 weitere Menschen verletzt worden waren. Malik habe sich zu dem Attentat bekannt. Er uri-, terhalte ebenfalls enge Kontakte zum pakistanischen Geheimdienst sowie zu der in Kaschmir kämpfenden mili­ tanten Organisation «Harkat-ul-Dschi- had- Islami». Gedenken an NS-Opfer BERLIN: Bei zahlreichen. Veranstaltun­ gen haben am Sonntag Menschen in ganz Deutschland der Opfer des Natio­ nalsozialismus gedacht. Politiker und andere Prominente warnten vor dem Vergessen. Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrations- und. Vernich­ tungslager Auschwitz von sowjeti­ schen Truppen befreit. Bundespräsi­ dent Roman Herzog erklärte 1996 die­ ses Datum zum Tag des Gedenkens an die NS-Opfer. Im früheren Konzentrationslager ^ Sachsenhausen wurde am Sonntag bei einer Kranzniederlegung an das Schicksal sowjetischer Kriegsgefange­ ner erinnert. 1941/42 hatte die SS dort mehr als 10 000 von ihnen umge­ bracht. Jospin kandidiert PARIS: Frankreichs Regierungschef Lionel Jospin hat seine Bereitschaft: zur Kandidatur bei der Präsident­ schahswahl signalisiert. Er sei «ver­ fügbar für kommende politische Ter­ mine», sagte er am Sonntag auf einer Parteiveranstaltung in Paris. «Die Zeit für die Kampagne ist aber noch nicht gekommen.» Offiziell beginne der Wahlkampf am 5. April, betonte Jos­ pin. Der 64-jährige sozialistische Pre- • mierminister und sein mutmasslicher Hauptgegner, der konservative Präsi­ dent Jacques Chirac, haben ihre Kan­ didatur fllr die Wahl im April und Mai offiziell noch nicht angekündigt. Der Showdown zwischen den beiden Politikern gilt aber allgemein als si­ cher. Bei der Präsidentschaftswahl 1995 hatte der heute 69-jährige Chirac Jospin mit nur 52,6 gegen 47,4 Pro : zent geschlagen.
	        

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